Sie betreten das Zimmer mit den dunklen Holzdielen und den grell-bunten Tapeten. In der Mitte steht ein großes Himmelbett, auf dem eine blau-rote Steppdecke liegt. An der Wand befindet sich eine Anrichte mit einem großen Spiegel, Schmink- und Schreibtisch in einem, daneben steht ein mit Schnitzwerk verzierter Holzschrank. Neben dem Bett auf dem Fußboden liegt sein Koffer, sorgfältig abgeschlossen wie immer, wenn er das Hotelzimmer verlässt. Die Tür zum Balkon ist geöffnet. Dort steht noch der Stuhl mit dem langweiligen Buch. Sie löst sich von seinem Arm und schaut sich, halb neugierig, halb wissend um. Geht um das Bett herum zu der Anrichte und betrachtet sich eine Weile sehr aufmerksam im Spiegel. Schließlich legt sie das Handtäschchen auf das Bett, zieht die Handschuhe aus, legt sie sorgfältig daneben, nimmt danach den Hut ab und legt auch den auf das Bett. Zum ersten Mal sieht er die beiden neckischen, kurzen Pferdeschwänzchen, die ihm einen Tick zu jung für eine Frau ihres Alters vorkommen, die ihr aber ein gewisses unschuldiges Aussehen verleihen. Nun setzt sie sich selbst auf das Bett, nimmt das Handtäschchen, öffnet es, kramt darin und zieht einen Lippenstift heraus. Sehr sorgfältig fährt sie die Konturen ihres kleinen Mundes nach. Sie verreibt die grellrote Farbe, indem sie die Lippen mehrfach hin und her bewegt und aufeinander presst. Zum Schluss holt sie noch ein Döschen aus dem Täschchen und trägt mit einem winzigen Wattebausch Rouge auf die Wangen. Auch das Rouge ist von kräftiger Farbe und sie sieht nun aus wie eine Konkubine aus einer Pekingoper.
Er ist die ganze Zeit neben der Tür stehen geblieben und hat interessiert ihre Verschönerungsarbeit verfolgt. Nun, da sie fertig ist, aufsteht und sich ihm zu wendet, erwartet er, dass sie anfangen möge sich auszuziehen, sich auf das Bett zu legen oder auf ihn zuzukommen. Doch was nun folgt, erstaunt und irritiert ihn erneut, denn sie fordert ihn mit einer unmissverständlichen Handbewegung auf, seine Hose auszuziehen. Er schaut sie ungläubig an, obwohl ihm natürlich klar ist, dass Gong Li nicht nur wegen des Schminktischs auf sein Zimmer gekommen ist. Aber die direkte Art und Weise wie diese so simpel, so ländlich und unbedarft wirkende Frau die Initiative ergreift, wie sie ihre Vorstellung von dem Tête-à-Tête durchsetzt, ja ihn regelrecht instrumentalisiert, verwundet ihn. Sie, eine Chinesin, die in Sachen Sex doch eher als zurückhaltend und phantasielos gelten, weiß ganz genau, was sie will. Sie wiederholt ihre Aufforderung und unterstreicht sie mit ihrem asiatisch bestätigenden Nicken. Er zögert, öffnet aber dann den Gürtel und lässt die Hose zu Boden fallen. Dann steigt er, etwas umständlich die Füße schüttelnd aus dem Hosenknäuel. Sie lächelt ihn an und macht mit der rechten Hand, zwei, drei kreisende Bewegungen. Mach weiter, na los doch. Er fasst sich an die Unterhose, dann fällt ihm aber ein, dass er ja noch seine Schuhe, seine Socken und sein Hemd anhat. Er bückt sich, nestelt an den Schuhbändern, zieht einen Schuh aus, dann den Socken, dann den anderen Schuh und den anderen Socken. Zwischendurch schaut er von unten, aus einer komischen, lächerlich wirkenden gebückten Haltung auf die ruhige, selbstsichere Frau, die neben dem Spiegel steht, abwartend, fordernd, lächelnd.
Nachdem er sich wieder aufgerichtet hat, befördert er Schuhe, Socken und Hose mit ein paar Tritten in eine Ecke des Zimmers und knöpft sich dann das Hemd auf, langsam, provozierend, wie bei einem Striptease. Er lässt es zu Boden gleiten und schickt es den anderen Kleidungsstücken nach. Nun trennt ihn nur noch die Unterhose von der natürlichsten aller Erscheinungen, nur sie schützt ihn noch. Aber wovor eigentlich? Vor ihren abschätzenden Blicken, weil er, wie sie deutlich sehen würde, noch nicht bereit ist oder vielleicht auch gar nicht bereit werden würde? Er ist verunsichert und ungeduldig und sagt ihr, sie solle nun auch anfangen, sich auszuziehen, wohl wissend, dass sie seine Worte nicht verstehen, aber ihren Sinn durchaus begreifen könne. Wieder nickt sie, wieder dieses stereotype Nicken, bewegt sich aber trotzdem nicht. Sie schaut unverwandt auf seine Unterhose. Schließlich streift er sie ab und steht nun nackt da, mit leicht erigiertem Penis, in der Rolle des Untertans, der darauf wartet, die Gunst einer Domina gnädig in Empfang nehmen zu dürfen.
Sie scheint jedoch mit dem halbgaren Anblick, der sich ihr bietet, zufrieden zu sein, denn sie klatscht beifällig in die Hände und beginnt endlich selbst aktiv zu werden. Und wieder geschieht etwas, was er nicht erwartet hatte und was ihn in großes Erstaunen versetzt. Als sie nämlich anfängt, langsam die rote Bluse aufzuknöpfen und ihr ebenfalls roter BH und ihre üppigen Brüste zum Vorschein kommen, ist dieser BH vorne offen. Die Brüste werden durch ihn hochgehoben und vorgereckt und die aufgerichteten, rosa Brustwarzen sind frei sichtbar auf ihn gerichtet. Der Anblick dieser Brüste, mehr aber noch der des seltsamen, erotischen Kleidungsstücks, das absolut nicht hierher, in die tiefste chinesische Provinz passen will, versetzt ihn auf einen Schlag in eine erotisierte Stimmung, die ihn bisher noch nicht erreicht hatte. Er ist geil geworden, richtig geil und will sie haben, diese seltsam raffinierte Bäuerin. Er will, dass sie sich auf das Bett legt, dass er ihr den Rock abstreift, den Slip herunterzieht, dass sie die Beine breitmacht, damit er in sie eindringen kann, immer wieder eindringen kann. Aber als er keuchend und mit glasigen Augen einen Schritt auf sie zumacht, bedeutet sie ihm mit einer erneuten Handbewegung, stehen zu bleiben. Sie dreht sich nun um, bis sie ihm den Rücken zuwendet, fasst mit einer Hand nach dem Schrank, bückt sich langsam, bis ihr Rücken waagrecht ist und ihr Hinterteil sich ihm provozierend entgegenstreckt. Und dann fängt sie an, Stückchen für Stückchen, den gelben Rock mit der freien Hand hochzuraffen, bis die nackten Hinterbacken sichtbar sind und der Rock auf ihrem Rücken liegt. Sie hat unter dem Rock nichts an, nichts zum Abstreifen, nichts zum Ausziehen. Ihr blanker Hintern ist rund und fest und prall und sie beginnt ihn langsam, wollüstig zu kreisen, einladend, provozierend, erregend, sexuell. Er starrt auf diese rotierende Versuchung, seine Erregung wächst und er kann sich kaum noch beherrschen. So rasch er kann, humpelt er um das Bett herum, um sie endlich, endlich zu begrapschen, zu betasten, zu streicheln. Er presst seinen nun steil aufgerichteten Penis an den kreisenden Hintern, sucht ihn zwischen die Backen zu drängen, fasst mit beiden Händen nach ihren Brüsten und beginnt sie zu drücken und zu kneten. Sie stöhnt, schaut starr auf den Schrank, weicht aber mit ihren rotierenden Beckenbewegungen seinem Drängen aus und verhindert, dass er in sie eindringt. Denn noch ist sie nicht bereit und bietet ihm, der schnell und ungeduldig zum Höhepunkt kommen will, eine weitere überraschende Variante ihres raffinierten Liebesspiels an. Sie richtet sich aus ihrer gebückten Haltung auf, lässt den Schrank los und ergreift seine beiden Hände, die immer noch ihre Brüste durchwalken, und zerrte ihn, der wie ein Straßenköter auf ihr hängt, zur Balkontür. Sie zerrte ihn an diesem hellen Sonntagnachmittag ins Freie, auf den einsehbaren Balkon und beugt sich über die Brüstung. Nun ist sie auch hoch erregt, ihr Kopf wackelt ekstatisch vor und zurück, ihre Brüste wippen, sie stößt kleine, halblaute Schreie aus, aber ihr Hintern ist ganz ruhig geworden, hat aufgehört zu kreisen, sie ist für ihn bereit. Schnaufend und stöhnend umfasst er mit beiden Händen ihre Hüften. Doch bevor sein Penis sein Ziel sucht und schließlich auch findet, wandert sein Blick auf ihren Nacken, auf die ekstatisch wippenden Pferdeschwänzchen, dann auf den Hof, auf den roten Stern und schließlich auf das weite Tal. Er sieht die eilenden Schatten der Wolken und in seine heiße Erregung mischt sich eine tiefe Ruhe. Er dringt in sie ein und seine Ekstase entlädt sich in einigen wenigen, heftigen Stößen. Beide sind endlich an ihrem Ziel.
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