H i r l a n d e .
Was ist in dem großen Packe?
S c h i r a .
Das sind feine Wollenzeuge,
Die ich in dem Türkenlande
Zum Verkaufe mitgenommen.
A s t r a l l e .
Hast du denn auch Straußenfedern?
S c h i r a .
Straußenfedern? Ei, ja freilich!
Daran läßt sich viel gewinnen.
A s t r a l l e .
Willst du nicht ein Paar mir schenken?
Sie sind gar zu schön zum Kopfschmuck.
S c h i r a .
Ja, sobald ich sie nur finde,
Leg ich dir davon bei Seite.
H i r l a n d e .
Vater, gibst du mir denn keine?
S c h i r a .
Ja, auch du sollst welche haben,
Und auch meine Roselinde.
A s t r a l l e .
Ach, was kann denn d i e mit machen?
Lieber gib uns mehr. Die Kleine
Braucht noch keine hohen Federn.
R o s e l i n d e kommt eilig.
Vater! Vater! Besenstielchen –
Eben kommt's daher gefahren!
Freu dich! 's ist ihm nichts geschehen,
's ist auch nicht gefressen worden.
S c h i r a , A s t r a l l e und H i r l a n d e .
Besenstielchen?
R o s e l i n d e .
Ei, ja freilich!
Guckt durch's Fenster da hinüber.
Eben ist es ausgestiegen. –
Das ist aber schnell gefahren.
(Sie sehen zum Fenster hinaus.)
S a m i kommt traurig.
Herr, es kommt von Mordi's Dienern
Eben einer nach dem Hause.
S c h i r a .
Ha, was wird mir das bedeuten?
R o s e l i n d e .
Freust du dich denn nicht von Herzen?
Ach mein liebes Besenstielchen!
Ach, ich muß nur gleich hinüber.
(Sie springt hinaus.)
E i n D i e n e r M o r d i ' s .
Er ist sehr reich gekleidet. In der Hand trägt er
einen kleinen Zauberspiegel, den er, indem er vor
Schira tritt, demselben vorhält.
S c h i r a erbleicht.
O, mein gutes Roselindchen,
Mußt du doch das Opfer werden?
A s t r a l l e sieht auch hinein.
H i r l a n d e .
Ei, was sieht man in dem Spiegel?
M o r d i ' s D i e n e r mit S a m i ab.
A s t r a l l e gleichgültig.
Ach, die kleine Roselinde
Muß nun hin zu Mordi's Garten.
(zu S c h i r a , der weinend die Hände ringt.)
Schäm dich, Vater, so zu weinen,
Wird ihr nicht gleich was geschehen.
H i r l a n d e
die indeß zum Fenster hinausgesehen.
Eben wird sie fortgefahren.
S c h i r a .
Fortgefahren? Roselinde?
(Er reißt das Fenster auf, und ruft:)
Roselinde! – Roselinde! –
Roselinde! –
A s t r a l l e .
Was die Pferde
Schnell hinflogen, wie die Pfeile.
H i r l a n d e .
Möcht' wohl selbst einmal so fahren.
S c h i r a .
Aber nicht nach Mordi's Garten.
– O, ihr, meine lieben Töchter!
Roselinde ist verloren!
Ihr verliert die beste Schwester,
Ich die beste, frömmste Tochter!
A s t r a l l e .
Es geschieht ihr recht gerade!
Warum läuft sie denn auch immer
Auf der Gasse, wie ein Bettler?
Ich hab's ihr gar oft verwiesen.
Ist sie deine frömmste Tochter,
Warum will sie denn nicht folgen,
Wenn Verständige ihr rathen.
S c h i r a .
Ja, sie war mein frömmstes Mädchen,
Hat mich mehr, als ihr, geliebet.
H i r l a n d e .
Ei, du hast sie ja auch immer
Ueberall uns vorgezogen,
Hast ihr manchmal was gegeben,
Was wir selber noch entbehrten,
Und wir sind denn doch die ält'sten.
S c h i r a .
Schweig, o schweig, ich weiß zu wohl nur,
Ihr verkaufet eure Liebe,
Liebet darum nur den Vater,
Weil er Putz und Schmuck euch schenkte;
Aber meine Roselinde
Hätte mich geehrt, geliebet,
Wenn ich auch in Bettlerkleider,
Nur in Lumpen sie gekleidet.
A s t r a l l e .
O, du brauchst u n s nicht zu schelten.
Hast dirs selbst ja zuzuschreiben,
Daß das Herzblatt nun dahin ist.
H i r l a n d e .
Komm, Astralle, wollen gehen;
Er ist wieder ungeduldig.
(Sie gehen ab, und werfen die Thüre zu.)
S c h i r a .
Was? und das sind meine Kinder?
Also lieben sie den Vater
Und die gute, fromme Schwester?
Roselinde, Roselinde!
Was magst du erlitten haben
Von dem Haß der eiteln Schwestern,
Seit ich ferne war vom Hause?
– O, du fromme Roselinde!
Mit dir ist mein Glück verloren,
Mit dir jede Lebensfreude.
Trüb und trüber wird mein Leben.
Einem Zauber preiß gegeben,
Häuft sich mir von Tag zu Tage
Neuer Schmerz und neue Plage,
Bis die stille Todesnacht
Mir so Klag' als Thräne stillt
Und mir Rosalindens Bild
In den Himmelsgärten mild
Wieder einst entgegen lacht.
Dritter Akt.
Erste Scene.
(Mordi's Schloß.)
In Roselindens Zimmer. Roselinde hat sich eben
angekleidet; das graue Kätzchen hat ihr geholfen
und ist eben mit der Aufräumung des Zimmers
fertig.
R o s e l i n d e .
So, nun geh nur, Misekätzchen,
Keine Hilfe brauch' ich weiter.
M i s e k ä t z c h e n .
Miau! miau!
R o s e l i n d e lachend.
Ja, miau! miau! was heißt denn
Das Miau, lieb Misekätzchen?
Ich versteh nicht Katzensprache.
M i s e k ä t z c h e n sich an ihren Arm
schmeichelnd.
Miau! miau!
R o s e l i n d e .
's ist schon gut, geh nur hinunter.
Bring zum Frühstück Obst und Kuchen.
Du sollst auch vom Kuchen haben.
M i s e k ä t z c h e n abgehend.
Miau!
R o s e l i n d e .
Wenn das gute Miesekätzchen
Nur wie Menschen reden könnte.
Ach, wie wäre das so herrlich!
Dann wär's ganz so klug, wie Menschen. –
Ach, schon bin ich bald vier Jahre
Ganz entfernt von allen Menschen.
Hier ist zwar wie Menschen Alles
Klug, Herr Mordi und die Thiere,
Und was ich nur wünschen könnte,
Alles, alles hab ich reichlich.
Und Herr Mordi ist so freundlich,
Aber gar zu, gar zu garstig.
Fürchterlich ist er mir gar nicht,
Aber, ach, ihn nur zu sehen,
Eckelt mir schon oft gewaltig,
Und ihn gar dann anzurühren
Wäre mir nun ganz unmöglich.
Und doch bittet er oft kindisch,
Daß ich ihn doch streicheln möchte.
Heiß ich ihn dann von mir gehen,
Dann entfernt er sich gehorsam.
Aber immer will mir's scheinen
Seine Augen würden trübe,
Als wenn Thränen kommen wollten,
Und ich fühle oft dann Mitleid,
Ordentlich, als wär's mein Bruder.
Wär er nur nicht gar so garstig,
Würd' ich ihn einmal doch streicheln,
Denn ich bin ihm gut von Herzen,
Wie ich gut war meinem Vater.
– – Meinem Vater! – ach, der Arme!
Wie's ihm gehn mag? wüßt ich das nur!
Wie er sich gegrämt mag haben?
Wüßt' er nur, daß ich noch lebe,
Daß es mir so gut ergangen!
– – O, wie schön wars doch zu Hause!
Und wie mag es jetzt dort gehen? –
Ach, vielleicht ist er gestorben
Gar vor Gram um meinetwillen.
Lieber Vater! – Armer Vater!
(Sie weint.)
M o r d i bringt ein Körbchen mit Obst.
Guten Morgen, Roselinde!
Sieh, da hab ich Pomeranzen
Und noch andre süße Früchte
In dem Garten dir gebrochen.
– – Wie? du weinst? was ist dir, Liebe?
R o s e l i n d e schweigt und weint.
M o r d i .
Ist dir was zu Leid geschehen?
R o s e l i n d e .
Nein!
M o r d i .
Was ist der Thränen Ursach?
R o s e l i n d e .
Ach! ich denk an meinen Vater, –
Könnt' ich sehn nur, daß er lebet.
M o r d i ruft.
Holla! Diener!
E i n P u d e l h u n d kommt.
M o r d i .
Bring mir eilig
Meinen Spiegel doch herüber.
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