Schwarze Schuh sind aber besser,
Da darf man doch auf der Straße
Gehn und springen nach Gefallen,
Auf den Wiesen und im Walde.
Aber da mit meinen Schuhen
Darf ich morgens nicht im Garten
Anders, als im Wege gehen,
Weil sie sonst vom Thau verderben.
Ich möcht' lieber schwarze Schuhe!
B e s e n s t i e l c h e n .
Nein, ich nicht, ich lieber rothe.
R o s e l i n d e zieht die rothen Schuhe aus.
Da!
(Sie gibt sie hin und springt in den Strümpfen
herum).
So ist es noch viel besser,
Ohne Schuh, in bloßen Strümpfen.
B e s e n s t i e l c h e n
betrachtet die rothen Schuhe mit Vergnügen.
R o s e l i n d e .
Nun, so zieh sie an, sie sind dir
Groß genug.
B e s e n s t i e l c h e n .
Ach, nein! ich darf nicht!
Deine Schwestern werden schelten.
R o s e l i n d e .
Nein! ach, nein!
(Sie bückt sich, hilft Besenstielchen die rothen
Schuhe anziehen, und sich zieht sie die schwarzen
Schuhe an.)
Wie angemessen,
Passen sie dir ja am Fuße.
Sieh, jetzt hast du rothe Schuhe.
B e s e n s t i e l c h e n .
Dürft' ich sie nur auch behalten!
R o s e l i n d e .
Ei, du sollst sie ja behalten.
B e s e n s t i e l c h e n .
Deine Schwestern –
R o s e l i n d e .
Ach, das thut nichts.
Aber wart', zu rothen Schuhen
Steht nicht gut dein braunes Kleidchen.
(Sie fängt an, ihr Oberkleid auszuziehen.)
Komm, ich geb dir auch mein Kleidchen,
Und du mußt mir deines geben.
B e s e n s t i e l c h e n fängt an sich auszuziehen.
Ach, das schöne weiße Kleidchen!
– Aber –
R o s e l i n d e .
Was denn?
B e s e n s t i e l c h e n .
Deine Schwestern!
R o s e l i n d e .
Ach, die werden mir nicht zanken,
Hab' ja noch gar viele Kleider.
So! – Gib mir nun auch die Mütze;
Da hast du mein Bändernetzchen.
(Sie zieht es ab, und setzt es ihr auf.)
Ei, wie steht dir das so niedlich.
(Sie ziehn sich gegenseitig vollends an.)
R o s e l i n d e .
Sieh, jetzt bist du Roselinde,
Und ich bin das Besenstielchen.
– Wart, wir wollen 'mal so spielen,
Ich wär du, und käm jetzt zu dir.
(Sie geht zur Thüre hinaus, klopft an, und kommt
wieder herein.)
Guten Morgen, Roselinde?
B e s e n s t i e l c h e n .
Guten Morgen, Besenstielchen.
(Sie lachen beide).
R o s e l i n d e .
Ist dein Vater noch nicht kommen
Aus dem reichen Morgenlande?
B e s e n s t i e l c h e n .
Weiß nicht, liebes Besenstielchen.
R o s e l i n d e halb still, verweisend.
Ach, das war ja dumm! du wirst doch
Wissen, ob dein Vater hier ist?
(verbessernd:)
Nein, er ist noch nicht gekommen!
Sieh, so hätt'st du sagen sollen.
B e s e n s t i e l c h e n .
Frag mich wieder, will's dann sagen.
R o s e l i n d e .
Ist dein Vater noch nicht kommen?
B e s e n s t i e l c h e n .
Nein, er ist noch nicht gekommen.
(Man hört vor der Thüre Schira's Stimme.)
R o s e l i n d e freudig.
Ach, da kommt er, Besenstielchen!
Draußen hör' ich seine Stimme.
Freu dich! freu dich! ja, das ist er!
B e s e n s t i e l c h e n .
Könnt ich nur hinaus noch kommen.
Kann ich mich denn nicht verstecken?
(Sie versteckt sich hinter die Tische.)
S c h i r a kommt mit H i r l a n d e und A s t r a l l e .
R o s e l i n d e dem Vater entgegen.
Bist du kommen, lieber Vater?
Bist du endlich wieder kommen?
(Sie springt an ihm hinauf, und küßt ihn.)
Bist so lange ausgeblieben.
S c h i r a .
Ei, was ist das, Roselinde?
Bist du's denn?
R o s e l i n d e steht beschämt.
H i r l a n d e .
Um Himmelswillen!
Wie ist das denn zugegangen?
A s t r a l l e .
Hätt' ich doch darauf geschworen,
Du seist Nachbars Besenstielchen
Drüben aus dem kleinen Häuschen!
S c h i r a .
Wie kamst du zu diesem Kleide?
R o s e l i n d e .
Ach, ich spielte mit dem Mädchen,
Tauschte mit ihm meine Kleider. –
So hab' ich doch auch ein Kleidchen,
Drin ich auf dem Gras darf purzeln,
Und mit andern Kindern spielen.
H i r l a n d e .
Siehst du, Vater! solche Streiche
Macht sie immerfort. Wir haben
Recht viel mit ihr ausgestanden,
Seit allein wir bei ihr waren.
Und auf uns will sie nicht hören.
A s t r a l l e .
Ist so groß und noch so kindisch.
S c h i r a .
Schweigt, o schweigt, ich weiß es lange,
Daß ihr sie auch gern zur Puppe
Putzen möchtet, wie euch selber.
Immer noch das alte Liedchen?
Gleich zum Willkomm nichts als Klagen?
–Und besonders heute müsset
Ihr sie mir nicht schelten. Komm nur!
Komm, mein Roselindchen, komm denn?
(Da R o s e l i n d e zu ihm kommt, hebt er sie in die
Höhe, drückt sie an sein Herz, seufzt schwer, und
die Thränen fallen ihm aus den Augen. Darauf stellt
er sie wieder nieder, und spricht zu ihren
Schwestern.)
Seht, ihr wißt ja nicht, wie lange
Ihr die Schwester bei euch habet.
Eh' vielleicht, als ihr es glaubet,
Wird sie von uns scheiden müssen.
Armes, armes Roselindchen!
(Er drückt sie noch einmal heftig und im Schmerz an
sich; dann eilt er, seine Thränen verbergend, ab.)
R o s e l i n d e sieht ihm weinend nach.
H i r l a n d e .
Ei, was fehlt denn nur dem Vater?
A s t r a l l e gleichgültig.
Was wirds seyn? er ist halt traurig.
Ich mag auch nicht immer lachen.
Aergert mich nur, daß er's grade
Heut zum Willkomm so gewesen.
Jetzt, wer weiß es, noch wie lange
Zeit es dauert, bis wir endlich
Kriegen, was er uns versprochen.
Und ich bin so ungeduldig,
Kann es beinah nicht erwarten.
H i r l a n d e .
Ach, vielleicht hat er es gar nicht.
R o s e l i n d e folgt dem Vater nach.
Ich muß sehen, was ihm fehlet.
(ab.)
L u g a r und G u r a n kommen.
L u g a r .
Hier, ihr Jungfraun, sind vom Vater
Die versprochenen Geschenke.
Hier die reichen Ohrgehänge.
A s t r a l l e nimmt sie ihm schnell ab.
L u g a r .
Hier die Diamantenringe.
H i r l a n d e nimmt sie, steckt sie an.
Ach, wie herrlich!
A s t r a l l e , ihre Ohrringe betrachtend.
Ach, wie kostbar!
G u r a n .
Und für Roselinde hab' ich
Hier ein Röslein in der Dose.
A s t r a l l e zeigt nach der Thüre.
Roselinde ist da drinnen.
H i r l a n d e .
Sag dem Vater nur einstweilen
Unsern Dank.
A s t r a l l e .
Wir kämen selber
Gleich, bei ihm uns zu bedanken.
H i r l a n d e .
Sag, wir wollten die Geschenke
Hier nur erst noch anprobiren,
Und im Schmucke dann uns zeigen.
(L u g a r und G u r a n ab.)
H i r l a n d e .
Sieh die Ringe! sieh die Ringe!
Just für jeden Finger einen,
Und sie passen, wie gegossen.
B e s e n s t i e l c h e n
guckt neugierig hervor, versteckt sich aber sogleich
wieder.
A s t r a l l e .
Aber diese Ohrgehänge!
Sieh, wie bunt, in Farben spielend!
Rothe, blaue, grüne Lichter!
Wie die Diamanten blitzen!
(Sie zieht sie vor dem Spiegel an.)
Und wie leicht sie angehn, sieh doch!
H i r l a n d e .
Ach, jetzt sind wir gar zu glücklich!
Alles, was wir uns nur wünschten,
Haben wir jetzt, Alles, Alles!
A s t r a l l e .
Roselinde war recht kindisch,
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