Das war gar viel, was er auf der Reise zur Stadt abgemacht hatte; heiß war es auch und er war müde. Ein Schnaps und ein Imbiß that ihm Noth; bald befand er sich im Wirthshause. Er wollte eben hineingehen, als der Hausknecht heraustrat, sie begegneten sich daher in der Thüre. Der Knecht trug einen gefüllten Sack.
»Was hast Du denn in dem Sacke?« fragte der Bauer.
»Verkrüppelte Aepfel!« antwortete der Knecht, »einen ganzen Sack voll, genug für die Schweine.«
»Das ist doch eine zu große Verschwendung. Den Anblick gönnte ich meiner Alten daheim. Voriges Jahr trug der alte Baum am Torfstall nur einen einzigen Apfel; der wurde aufgehoben und stand auf dem Schranke, bis er ganz verdarb und zerfiel. »Das ist doch immerhin Wohlstand,« sagte meine Alte, »hier könnte sie aber erst Wohlstand sehen, einen ganzen Sack voll! Ja, den Anblick gönnte ich ihr!«
»Was würdet Ihr für den Sack voll geben?« fragte der Knecht.
»Was ich gebe? Ich gebe mein Huhn in den Tausch,« und er gab das Huhn in den Tausch, bekam die Aepfel und trat mit diesen in die Gaststube. Den Sack lehnte er behutsam an den Ofen, er selbst trat an den Schenktisch. Aber im Ofen war eingeheizt, das bedachte er nicht. – Es waren viele Gäste anwesend: Pferdehändler, Ochsentreiber und zwei Engländer, und die Engländer waren so reich, daß ihre Taschen von Goldstücken strotzten und fast platzten, – und wetten thun sie, das sollst Du erfahren.
»Susss! Susss!« – »Was war denn das am Ofen?« – Die Aepfel begannen zu braten.
»Was ist denn das?«
»Ja, wissen Se,« sagte unser Bauersmann; – und nun erzählte er die ganze Geschichte von dem Pferde, das er gegen eine Kuh vertauscht und so weiter herunter bis zu den Aepfeln.
»Na, da wird Dich Deine Alte derb knuffen, wenn Du nach Hause kommst, da setzt es was!« sagten die Engländer.
»Was? Knuffen?« sagte der Alte, »küssen wird sie mich und sagen: Wie's der Alte macht, ist's immer recht.« »Wollen wir wetten?« sagten die Engländer, »gemünztes Gold tonnenweise? Hundert Pfund macht ein Schiffspfund!«
»Ein Scheffel genügt schon,« entgegnete der Bauer, »ich kann nur den Scheffel mit Aepfeln dagegen setzen, und mich selbst und meine alte Frau dazu, das, dächte ich, wäre doch auch gehäuftes Maas!«
»Topp! Angenommen!« und die Wette war gemacht. –
Der Wagen des Wirths fuhr vor, die Engländer und der Bauersmann stiegen ein; vorwärts ging es und bald hielten sie vor dem Häuschen des Bauers an.
»Guten Abend, Alte!«
»Guten Abend, Alter!«
»Der Tausch wäre gemacht!«
»Ja, Du verstehst schon Deine Sache!« sagte die Frau, ihn umarmend, und beachtete weder den Sack, noch die fremden Gäste.
»Ich habe eine Kuh für das Pferd ertauscht.«
»Gott sei Lob! Die schöne Milch, die wir nun haben werden, und Butter und Käse auf dem Tische! Das war ein herrlicher Tausch!«
»Ja! aber die Kuh tauschte ich wieder gegen ein Schaaf um.«
»Ach, das ist um so besser!« erwiderte die Frau, »Du denkst immer an Alles; für ein Schaaf haben wir Grasweide genug; Schaafmilch und Schaafkäse und wollene Strümpfe und wollene Jacken! Das giebt die Kuh nicht, sie verliert ja die Haare! Wie Du doch Alles bedenkst!«
»Aber das Schaaf habe ich wieder gegen eine Gans vertauscht!«
»Also dieses Jahr werden wir wirklich Gänsebraten haben, mein lieber Alter? Du denkst immer daran mir eine Freude zu machen. Wie herrlich ist das! Die Gans kann man an einer Leine gehen und sie noch fetter werden lassen, bevor wir sie braten!«
»Aber die Gans habe ich gegen ein Huhn vertauscht!« sagte der Mann.
»Ein Huhn! Das war ein guter Tausch!« entgegnete die Frau. »Das Huhn legt Eier, die brütet es aus, wir kriegen Küchlein, wir kriegen nun einen ganzen Hühnerhof! Ei, den habe ich mir erst recht gewünscht!«
»Ja! aber das Huhn gab ich wieder für einen Sack voll verkrüppelter Aepfel hin!«
»Was? Nein jetzt muß ich Dich erst recht küssen!« versetzte die Frau. »Mein liebes, gutes Männchen! Ich werde Dir etwas erzählen. Siehst Du, als Du kaum fort warst heute Morgen, dachte ich darüber nach, wie ich Dir heut Abend einen recht guten Bissen machen könnte. Speckeierkuchen mit Schnittlauch, dachte ich dann. Die Eier hatte ich, den Speck auch der Schnittlauch fehlte mir nur. So ging ich denn hinüber zu Schulmeisters, die haben Schnittlauch, das weiß ich, aber die Schulmeistersfrau ist geizig, so süß sie auch thut. Ich bat sie, mir eine Handvoll Schnittlauch zu leihen. »»Leihen?«« gab sie zur Antwort. »»Nichts, gar nichts wächst in unserm Garten, nicht einmal ein verkrüppelter Apfel: nicht einmal einen solchen kann ich Ihr leihen, liebe Frau!«« Jetzt kann ich aber ihr zehn, ja einen ganzen Sack voll leihen. Das freut mich zu sehr, das ist zum Todtlachen!« – Und dabei küßte sie ihn, daß es schmatzte.
»Das gefällt mir!« riefen die Engländer wie aus Einem Munde. »Immer bergabwärts und immer lustig. Das ist schon das Geld werth!«
Und nun zahlten sie ein Schiffspfund Goldmünzen an den Bauersmann, der nicht geknufft, sondern geküßt wurde.
Ja, das lohnt sich immer, wenn die Frau es einsieht und es auch immer sagt, daß der Mann der Klügste und sein Thun das Richtige ist.
»Seht, das ist meine Geschichte. Ich habe sie schon als Kind gehört und jetzt hast Du sie auch gehört und weißt jetzt, daß »wie's der Alte macht, ist's immer recht!«
Zwölf mit der Post.
Es war eine schneidende Kälte, sternenheller Himmel, kein Lüftchen regte sich.
»Bums!« da wurde ein alter Topf an die Hausthüre des Nachbars geworfen. »Puff, paff!« dort knallte die Büchse; man begrüßte das neue Jahr. Es war Neujahrsnacht! Jetzt schlug die Thurmuhr Zwölf!
»Trateratra!« Die Post kam angefahren. Der große Postwagen hielt vor dem Stadtthore an. Er brachte zwölf Personen mit, alle Plätze waren besetzt.
»Hurrah! Hurrah hoch!« sangen die Leute in den Häusern der Stadt, wo die Neujahrsnacht gefeiert wurde und man sich beim Schlage Zwölf mit dem gefüllten Glase erhob, um das neue Jahr leben zu lassen.
»Prost Neujahr!« hieß es, »ein schönes Weib! viel Geld! keinen Aerger und Verdruß!«
Das wünschte man sich gegenseitig, und darauf stieß man mit den Gläsern an, daß es klang und sang – und vor dem Stadtthore hielt der Postwagen mit den fremden Gästen, den zwölf Reisenden.
Und wer waren diese Fremden? Jeder von ihnen führte seinen Reisepaß und sein Gepäck bei sich; ja sie brachten sogar Geschenke für mich und Dich und alle Menschen des Städtchens mit. Wer waren sie, was wollten sie und was brachten sie?
»Guten Morgen!« riefen sie der Schildwache am Eingänge des Stadtthores zu.
»Guten Morgen!« antwortete diese, denn die Uhr hatte ja Zwölf geschlagen.
»Ihr Name? Ihr Stand?« fragte die Schildwache den von ihnen, der zuerst aus dem Wagen stieg.
»Sehen Sie selbst im Passe nach,« antwortete der Mann. »Ich bin ich!« Und es war auch ein ganzer Kerl, angethan mit Bärenpelz und Pelzstiefeln. »Ich bin der Mann, in Den sehr viele Leute ihre Hoffnung setzen. Komm' morgen zu mir; ich gebe Dir ein Neujahrsgeschenk! Ich werfe Groschen und Thaler unter die Leute, ja ich gebe auch Bälle, volle einunddreißig Bälle, mehr Nächte kann ich aber nicht daraufgehen lassen. Meine Schiffe sind eingefroren, aber in meinem Comptoir ist es warm und gemüthlich. Ich bin Kaufmann, heiße Januar und führe nur Rechnungen bei mir.«
Nun stieg der Zweite aus, der war ein Bruder Lustig; er war Schauspieldirector, Director der Maskenbälle und aller Vergnügungen, die man sich nur denken kann. Sein Gepäck bestand aus einer großen Tonne.
»Aus der Tonne,« sagte er, »wollen wir zur Fastnachtszeit die Katze herausjagen. Ich werde Euch schon Vergnügen bereiten und mir auch; alle Tage lustig! Ich habe nicht gerade lange zu leben; von der ganzen Familie die kürzeste Zeit; ich werde nämlich nur achtundzwanzig Tage alt. Beisweilen schalten sie mir zwar noch einen Tag ein – aber das kümmert mich wenig, Hurrah!«
Читать дальше