Ein heimeliges Feuerchen im Kamin – gelebte Wohlfühlgesellschaft /Wohlstandsgesellschaft. Kein echt erfahrbares Leid erreichend und öffentlich legitimiert kann er seine Höherstellung bekunden und ist eigentlich doch nur ein armer Mops ist, dem der Spiegel seiner Gesellschaft vorgehalten wird.
Ich, Möpschen Adelheid, kann mich sooo gut in Menschen einfühlen, darf doch auch ich mich nicht in feuchten Gebieten tummeln und auf Matschwiesen wälzen, mich meiner Schublade gemäß – nur heimlichen fantasiereichen Gedanken über ein aufregendes Leben hingeben.
Das Menschenleben könnte viel Erfüllung bieten, gelänge die Aufmerksamkeit über die eigene begrenzte Sichtweise hinweg.
Wurde ich, Möpschen Adelheid, doch just auf unangenehmste Weise mit diesem Thema konfrontiert, als Frauchen die Nachricht über den Hinfortgang einer sehr geschätzten, lieben Nachbarin ereilte.
Diese äußerst lebenslustige und umtriebige sowie sehr gut situierte Dame war plötzlich und unerwartet nach dem Genuss eines edlen Tröpfchens zuviel verschieden.
Frauchen und ich konnten als unmittelbare Nachbarn nun die in aller Eile herbeistürzende Verwandtschaft und deren Beerdigungsüberlegungen haut- bzw. türnah miterleben und im Laufe der folgenden Tage musste insbesondere ich, Adelheid der Mops, mein Menschenbild über die Trauer von Angehörigen eines gerade Verstorbenen gründlich revidieren.
Die zur Schau gestellte Betroffenheit der Verwandtschaft über den Abgang der sooo geliebten Tante mit ansehen zu müssen und auch noch Frauchens ehrlich gemeinten Beileidsbekundungen diesen gierigen Leuten gegenüber zuzusehen, war grauenhaft.
Kaum war der mit mitleidsvollem Blick aufwartende Bestatter aus der Tür, wurden die ersten Versuche unternommen, beim Verteilen der Vermögenswerte der lieben Heimgegangenen den jeweiligen Ansprüchen von Nichten und Neffen gerecht zu werden.
Da unsere lebensfrohe Nachbarin auf den Tod nicht an ihren so frühen Tod ( sie wäre im Herbst gerade mal 98 Menschen Jahre geworden) geglaubt hätte, hatte sie natürlich testamentarisch nichts geregelt und somit den wildesten Verteilungsspekulationen Tür und Tor geöffnet.
Letztendlich wurde untereinander gestritten, verteilt, begehrt, verramscht, was das Zeug hergab, bis alle doch recht angetan von der Befriedigung ihrer Ansprüche waren.
Der Tag der Beerdigung kam und tränenüberströmt, jedoch nur insoweit, als dass teuer aufgelegte Make-up nicht zu sehr litt, fanden sich die Verwandten auf dem Friedhof ein.
Blumen und Kränze waren unverwünscht gewesen; es wurde um eine Geldspende gebeten, deren Zweckdienlichkeit unklar blieb.
Hier nun waren sie alle versammelt, in vermeintlich tiefer Trauer und doch mit von erkennbarer Vorfreude auf reiche Erbmöglichkeiten geprägten Gesichtern.
Die sparsam ausgerichtete Beerdigung in einem anonymen Grab erfolgend (es hätte ja eh keiner Zeit – heutzutage – sich langfristig um die Gestaltung und Pflege einer Grabstätte zu kümmern, also verständlich) wurde rasch und mit wenig tiefer Betroffenheit, nicht zuletzt auch entschuldigt durch das kalte und regnerische Aprilwetter, in das nahe gelegene Restaurant verlegt, um dann doch noch, oh´ Wunder, einen ausgiebigen Leichenschmaus zu begehen.
Ich machte mir schon ernsthafte Gedanken, wie denn nur meine zwangsläufig ja auch mal anstehende Beerdigung organisiert würde, obwohl ich bin Mops! Und wart ihr Menschen schon mal auf einem Tierfriedhof? Da brauche ich für mich wohl nicht vorzusorgen….
Paul:
Ja, ich Paul, bin nun der neue Mops von nebenan. Zunächst war ich ja völlig unglücklich über den Umzug von Herrchen. Alles ist so neu hier und diese fremden Gerüche. Doch dann traf ich D i c h. Beim Gassi gehen mit deinem Frauchen lernte ich Dich kennen und ich entbrannte in sengender Liebe.
Vergessen, das ungewohnte, neue Zuhause. Mein Herz ist entflammt.
Und jetzt, wo wir fast täglich zusammen spazieren gehen (ich glaube, Herrchen hat sich in dein Frauchen verliebt) bin ich so glücklich, in Deiner Nähe zu sein.
Auch ich habe mich glaube ich, in dich verliebt und kann jeden neuen Morgen kaum abwarten, um dich zu sehen.
Da es Herrchen kaum anders ergeht, habe ich ja zum Glück die Gelegenheit, Dir ständig zu begegnen. Durch deine Freundlichkeit mir gegenüber erhoffe ich zu erahnen, dass du meinen Avancen nicht abgeneigt gegenüberstehst und ich versuche mit allen Mitteln, dich für mich zu begeistern und zeige mich Dir von meiner besten Seite.
Ach, was wäre das für ein perfektes Glück, wenn wir zusammenleben könnten und ich mit Dir zusammen das edle Fellbettchen teilen dürfte.
Jedes Mal, wenn ich Dich sehe, bin ich ganz schwindlig vor Glück und tue mein Möglichstes, um Dir zu gefallen und natürlich auch Deinem Frauchen, denn viel ihrer Sympathie für mich, schwappt ja auch hoffentlich auf mein Herrchen über und damit ist schon die „halbe Miete“ gewonnen. Glückselig taumle ich neben Dir her…..
Adelheid:
Ist doch ein neuer Nachbar bei uns vorstellig geworden. Er ist auch Besitzer eines attraktiven Hündchens, so wie ich eines bin.
Frauchen findet das Herrchen von Paul wohl ganz interessant, ich finde beide völlig arrogant.
Dieses ständig Herumgeschleime von Paul um mich und von dessen Herrchen um mein Frauchen ist fürchterlich. Aber ich bin natürlich zu gut erzogen, als dass ich ihn verbelle.
Ich hoffe nur, meine Dame lässt sich nicht von diesem Typen einwickeln.
Ich für meinen Teil will Frauchen nämlich nicht mit diesem Herrchen teilen und dazu noch mein Bettchen mit einem anderen Möpschen! Die uneingeschränkte Aufmerksamkeit, die mir „Muttilein“ zuteil werden lässt, möchte ich nicht missen.
Wenn dieses aufdringliche Getue nicht aufhört, muss ich mir wirklich etwas einfallen lassen, damit sich Frauchen wieder ganz auf mich konzentriert und bemerkt, dass nur ICH ihre Glückserfüllung bin.
Ostern ist wie Weihnachten
Seit Tagen spürte ich schon eine gewisse Unruhe in Frauchens Gebaren.
Wieder wurde das Haus dekoriert, diesmal aber nicht mit sternen- u. engelförmigen Objekten, sondern es erstrahlte in einem bunten Wirrwarr aus Häschen und Ostereiern, eine exquisite Zusammenstellung farblich passender Accessoires, erstanden in ungeheuer elitäreren Dekoboutiquen.
Aha, Ostern also diesmal.
Früh am Ostermorgen wurde nicht ich beachtet, - wie es mir eigentlich gebührt- sondern Frauchen sauste aufgescheucht im Garten umher, beladen mit großen Körben voller bunter Eier, Süßigkeiten und hübsch verpackter –natürlich aus meiner Sicht– wieder völlig überflüssiger Geschenke.
Ich trollte vernachlässigt umher, bis die voller Vorfreude aufgekratzte Verwandtschaft eintrudelte.
Niederschmetternd war nur, dass plötzlich und völlig unvorhersehbar ein heftiger Schneesturm losbrach, der Frauchens ganze Mühe des aufwendigen Versteckens der unzähligen Geldvernichtungsartikel vereitelte.
Unter dem schnell einsetzenden Schneegestöber war die gesamte Geschenke-Pracht verschwunden.
Trotzdem tollte Groß und Klein im Garten umher, wobei Stöckelschühchen, von Starfrisören kreierte Haar-Prachten und Designerkleidchen großen Leiden ausgesetzt waren.
„Komm doch mal zu Muttilein“, säuselte Frauchen und so wurde auch ich angetrieben, bei der Suche zu helfen und hetzte -meiner Statur gemäß- schnaufend und prustend durchs Gelände.
Mein Köpfchen schaute kaum mehr aus den Schneemassen heraus und ich war höchst erzürnt. Dieses Unterfangen, ein kompletter Unsinn in meinen Augen.
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