1. Gagarin Abgespaced 2 - neue phantastische Kurzgeschichten von Thomas Frick
2. Cal
3. Degenovskis Bestes
4. Reiseziel Paradies
5. Mortimer
6. Eine Raumfahrt die ist lustig
7. Flucht ist eine warme Farbe
8. Unterwegs mit Strahlemann
9. Leseprobe
Impressum neobooks
Abgespaced 2
- neue phantastische
Kurzgeschichten von Thomas Frick
Dank
Der Autor dankt allen Personen, die mit Rat, Korrekturen, Ideen und Initiativen zu Entstehung und Verbesserung dieser Geschichten beigetragen haben, insbesondere Wibke Thiele, Uwe Anton, Klaus N. Frick, Michael Marcus Thurner, Leo Lukas, Olaf Brill, Ulf Fildebrandt, Jennifer Christina Michaelis, Olaf Kutzmutz, Andreas Prodehl und Stefan Zwanzger sowie vielen andern, die hier nicht genannt wurden.
Das Buch
Abgedreht, spannend und phantastisch sind die Geschichten von Thomas Frick. Seine Palette reicht von den Helden der Raumfahrtgeschichte, über Abenteuer auf fernen Welten, bis zu dystopischen Verwerfungen der Gegenwart. Was wäre, wenn ...
Juri Gagarin war nicht allein im All.
Indien als neue Weltraummacht.
Böses Erwachen im 24. Jahrhundert.
Ein Raumschiff im Marmeladenglas.
Der Auserwählte im Stimmbruch.
Prinz Windong Prtsch will sich nicht paaren.
Deutschland im Bürgerkrieg.
Tschernobyl sehen und sterben.
Der Autor
Thomas Frick, * 7. August 1962 in Rostock, ist ein preisgekrönter deutscher Regisseur und Autor. Er absolvierte die Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam und unterrichtet Dramaturgie, Drehbuch, und Regie an verschiedenen Orten und Institutionen, auf vier Kontinenten. Frick engagiert sich für Nachhaltigkeit und Jugendbildung. Er arbeitet nach wie vor als Krankenpfleger in einer anthroposophischen Einrichtung. Frick gab 2011 mit der Reiseerzählung »Die perfekte Insel« sein Debüt als Autor. Sie gewann den P.M.-Leserpreis. Thomas Frick ist Absolvent der MASTERSCHOOL DREHBUCH. Mehr Informationen: www.thomasfrick.de
Verschiedene Romanstoffe sind in Vorbereitung.
Unter dem Pseudonym Tomb de Freak veröffentlichte Thomas Frick bereits »Abgespaced«, eine erste Sammlung von Sciencefiction- und Horrorgeschichten. Der bekannte Schriftsteller Wolfgang Holbein ermutigte ihn, sie künftig unter eigenem Namen, Thomas Frick, erscheinen zu lassen. Sie sind in jeder Buchhandlung und im Internet bestellbar.
Inhalt
Gagarin .................................................
Cal .........................................................
Degenovskis Bestes ..............................
Reiseziel Paradies .................................
Mortimer .................................................
Eine Raumfahrt die ist lustig ..................
Flucht ist eine warme Farbe ..................
Unterwegs mit Strahlemann ..................
Leseprobe .............................................
»Da oben war noch jemand«, sagte Juri, als wir endlich unter vier Augen waren. Dann schwieg er, und ich hielt den Atem an. Es war der Abend des zwölften April 1961 und nur Stunden her, dass wir den ersten Kosmonauten der Geschichte der Raumfahrt lebend auf einer Wiese in der Nähe der Stadt Engels geborgen hatten. In der Datscha am Ufer der Wolga, in die wir ihn brachten, wimmelte es von Bonzen. Die halbe Parteiführung war um Gagarin herum, in Erwartung des Ruhms, der auf sie alle abfärben würde, jetzt, da er ein Held war und man ihn bereits mit Christopher Kolumbus und Charles Lindberg verglich. Im Fall seines Todes hätten wir den Start geheim gehalten, sogar vor seiner Familie. Noch vor Stunden berechneten wir die Chance für sein Überleben auf 47 Prozent. Vier von sieben Testraketen waren explodiert. Juri wusste es und vertraute mir, Sergej Pawlowitsch Koroljow, sein Leben an.
Vor dem Start umarmte ich ihn als Letzter und erinnerte ihn an die Pistole, die er an Bord hatte. Nicht, um sich außerirdische Besucher vom Hals zu halten, wie Juri scherzte. Sie diente offiziell der Abwehr wilder Tiere, falls er nach einer Notlandung auf sich allein gestellt sein sollte. In Wirklichkeit war sie die Option für den Fall, dass wir den Kosmonauten nicht zurückholen konnten. Juri war Offizier und kannte das Risiko.
Während des Fluges beobachtete ich sein zittriges Fernsehbild und die Monitore mit den Lebensfunktionen, solange er im Bereich sowjetischer Empfangsstationen flog. Nach der Landung war ich als Erster der Bergungsmannschaft bei ihm. Von nun an würde er unter ständiger Beobachtung leben. Als Chefkonstrukteur seines Raumschiffs standen mir ein paar Minuten mit ihm zu.
Die Wolga glitzerte im Licht der Sterne. Unsere Atemwolken verloren sich in der Nacht, und ich sah, dass Juri weinte. »Ich war nicht allein«, flüsterte er und sah mich mit einem Seitenblick an, als wolle er sich vergewissern, dass ich, sein einziger Vertrauter, noch da war. Vorsichtig legte ich meinen Arm um seine Schultern und schwieg. Bis ich seine Worte endgültig verstand, würden fünf Jahre vergehen. Es war die Zeitspanne bis zu meinem eigenen Tod.
Nach einer Weile räusperte er sich und begann zu erzählen. Die Phase des Starts übersprang er, die enormen Belastungen der Gravitation, das Abtrennen der Stufen. Details, über die er schon in den Befragungen und Untersuchungen gesprochen hatte. Er litt unter Sehstörungen und Bewusstlosigkeit. Als er zehn Minuten nach dem Start in der Schwerelosigkeit erwachte, war das Erste, was er sah, unser blauer Planet. Er stellte die Funkverbindung zum Kontrollzentrum her und schilderte uns den Anblick der Wolken, schaute auf Gebirgszüge, Inseln und Küstenstriche. Niemand vor ihm hatte die Erde so sehen dürfen. Niemand vor ihm war jemals so einsam gewesen.
Schon Tage vor dem Start wuchs in mir der Verdacht, dass er, den wir alle als den geselligsten Menschen der Welt wahrnahmen, sich hinter seinem Lächeln versteckte. Vielleicht ahnte er, dass der Ruhm des Ersten im All ihn so weit vom Rest der Menschheit abrücken würde, dass er schließlich allein dastand. Ich schwor mir als sein Freund, dass ich das nicht zulassen würde. Aber vielleicht hatte dieser Prozess sich bereits an jenem Nachmittag in der Datscha vollzogen. Was immer er mit der Andeutung meinte, hatte mit seiner Angst zu tun.
»Ich blickte hinab auf unser sowjetisches Vaterland und konnte keine Menschen erkennen, nur eine Oberfläche.« Ich nickte nur, denn ich verstand.
Der Genosse Tupolew holte mich 1944 aus Stalins Lagern, nach sechs Jahren Haft, weil die Heimat Ingenieure in der Rüstung brauchte. Ich entwarf die R-7, Chruschtschows Triumph im Kalten Krieg, die erste Interkontinentalrakete der Welt. Während Wernher von Braun sich in Amerika noch wunderte, entwickelte mein Kollektiv den Sputnik und brachte ihn ins All. Das Nobelpreiskomitee fragte nach dem Konstrukteur. Aber der Generalsekretär antwortete, es sei die Arbeit des gesamten sowjetischen Volkes gewesen. Nicht einmal in meiner Heimat kannte jemand meinen Namen, und so würde es bleiben. Der Wettlauf um die Eroberung des Weltraums fand zwischen einem ehemaligen Nazi und einem entlassenen Gulag-Sträfling statt. Kein Wunder, dass die Parteiführung mich versteckte. Mir war es einerlei, solange ich arbeiten konnte und nicht erschossen wurde. Ich baute Juris Raumschiff, entwarf seinen Druckanzug, brachte ihn in eine Umlaufbahn und zurück. An wen sonst konnte er sich mit seinen Zweifeln wenden? Der Bauernsohn und Eisengießer, das Ebenbild eines Komsomolzen, der Vorzeige-Kommunist und Oberleutnant, wusste nicht viel von meiner Vergangenheit. Ich selbst ahnte nicht, dass er als Sohn eines in Gefangenschaft geratenen Soldaten den Lebenslauf fälschen musste, um eine Lehrstelle zu bekommen. Dass wir einander erkannten, war Intuition. Deshalb vertraute er sich mir an:
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