Michel Faucon - Touch only

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Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. Mit diesem Zitat aus «Der kleine Prinz» lockt eine anonyme Internetbekanntschaft den glücklosen Bruno in ein aufregendes erotisches Abenteuer: Sie trifft sich mit ihm ausschließlich in einem völlig abgedunkelten Raum und will kein Wort mit ihm wechseln. Nach anfänglichen Irritationen akzeptiert Bruno die Regeln dieser merkwürdigen Beziehung, muss aber feststellen, dass seine unbekannte Geliebte besitzergreifender ist, als sie vorgibt zu sein. Oder bildet er sich dies nur ein? Seine Freundin Vera, von der er sich zur Probe für ein Jahr getrennt hat, ist überzeugt: Diese Affäre kann nur böse enden. Doch ist sie im fernen New York so viel besser dran? Auch ihre Liebesabenteuer verlaufen längst nicht so, wie die unverbesserliche Romantikerin sie sich vorstellt. Ebenso wenig die ihrer Freundin Lea: Sie muss sich eines Verehrers erwehren, der immer aufdringlicher und schließlich zur Bedrohung wird. Doch so vertrackt die Beziehungskisten des Trios auch sind: Ein Happy End ist nicht in allen Fällen ausgeschlossen … Michel Faucons Romandebüt: Ein ungewöhnlicher Liebesreigen, eigenwillig in Form und Inhalt, hoch erotisch und erfrischend anders.

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ISBN 978-3-8442-5003-9

Umschlagfoto: Jochen Schönfeld

© 2013 by Dr. Feelbook, Mainz

Alle Rechte vorbehalten

www.dr.feelbook.de

dr.feelbook@kabelmail.de

Published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

eins

Von:meretseger

Betreff:gestern

Datum:7. Mai 2011 9:05:11 MESZ

An:sundowner

Hatte ich zu viel versprochen?

Von:sundowner

Betreff: Re.: gestern

Datum:7. Mai 2011 9:09:11 MESZ

An: meretseger

Zu viel? Ich bitte Dich ... Du hattest viel zu wenig versprochen. So sehr Du Dich auch bemüht hast, viel zu versprechen. Doch manchmal werden Worte der Wirklichkeit einfach nicht gerecht. Hast Du eine Ahnung, wie schwer es für mich heute Morgen ist, einen klaren Gedanken zu fassen? Ich bin einfach noch zu überwältigt.

Und, ehrlich gesagt, auch ganz schön ausgepumpt ...

P.S.: Ich hoffe, es ist für Dich Ordnung, dass wir uns jetzt duzen ...

Von:meretseger

Betreff:Re-2: gestern

Datum:7. Mai 2011 9:37:11 MESZ

An: sundowner

Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mich BEMÜHT habe, Ihnen viel zu versprechen. Was das „Du“ angeht: SIE scheinen nicht begriffen zu haben. Schade eigentlich ...

Und was für ein schäbiges Wort. „Ausgepumpt“. Ich kann mich erinnern, in unseren ersten Briefwechseln haben Sie sich mal als Romantiker bezeichnet ...

Ich bin enttäuscht.

Von:sundowner

Betreff:Re-2: gestern

Datum:7. Mai 2011 9:48:11 MESZ

An: meretseger

Sehr geehrte Meretseger,

bitte entschuldigen Sie, wenn ich Sie verärgert habe. Sie haben sich natürlich nicht bemüht, mir etwas zu versprechen. Ihr Versprechen – eigentlich war es ja nicht einmal das, eher eine Einladung, aber Sie haben in Ihrer Eingangspost auch selbst das Wort „versprochen“ gebraucht – kam Ihnen absolut mühelos über die Lippen, beziehungsweise es floss Ihnen absolut mühelos aus den Fingern. Ich bin überzeugt, alles in Ihrem Leben glückt Ihnen so mühelos.

Entschuldigen Sie bitte erst recht meine idiotische Idee, Ihnen das „Du“ anzutragen. Mittlerweile habe ich verstanden: Die Distanz zwischen uns zu belassen, gehört zu den vielen Dingen, die „es“ zwischen uns so interessant, so aufregend, so spannend, so einzigartig, so Ich-weiß-gar-nicht-was-sonst-Noch machen? Habe ich recht? Ich schwöre, ich werde niemals wieder etwas so Törichtes vorschlagen ...

Von:meretseger

Betreff:Re-3: gestern

Datum:7. Mai 2011 10:07:11 MESZ

An: sundowner

Wie devot Ihresgleichen doch immer gleich wird, wenn er seine Felle davonschwimmen sieht. Schämen Sie sich ...

Von:sundowner

Betreff:Re-3: gestern

Datum:7. Mai 2011 10:13:11 MESZ

An: meretseger

Entschuldigen Sie bitte auch meine Unterwürfigkeit. Aber seien Sie bitte nicht so streng mir. Ich bin einfach nur verwirrt nach diesem überwältigenden Erlebnis und möchte nichts falsch machen. Vor allem nichts Falsches schreiben.

Von:sundowner

Betreff:hallo?

Datum:7. Mai 2011 12:05:17 MESZ

An: meretseger

Hallo? Ist da noch jemand?

Von:bigapple

Betreff:Hi!

Datum:7. Mai 2011 19:05:11 MESZ

An: boe@oettingerundpartner.de

Hi, Brunomaus!

Ich bin’s – Deine Vera! Mit neuem Nick! Passt, oder?

Ich dachte, ich meld mich mal, weil Du es von Dir aus ja sowieso nicht tun wirst. Oder erst an Weihnachten. Also: Ja, ich bin gut angekommen und auch gut aufgenommen worden. Lower Manhattan sieht genauso aus, wie Du es aus dem Vorspann von „Kojak“ kennst, halt ohne WTC.

Nur wirkt es halt völlig anders, wenn man nicht mit Hubschrauber drüberfliegt und von oben in die Häuserschluchten schaut. Wenn Du da unten stehst und an den Fassaden hochblickst, fühlst Du Dich einfach nur mickrig. Dunkel ist es, auch mitten am Tag, verdammt dunkel. Der Himmel öffnet sich Dir nur in länglichen Quadraten zwischen Wolkenkratzerkanten. Und laut ist es, verdammt laut.

Das hört sich jetzt vielleicht nicht sehr gemütlich an, aber das sind nur erste Eindrücke. Keine Angst, ich bereue nichts. Bald werde ich mich nicht mehr klein fühlen in dieser Stadt, das verspreche ich Dir. I wanna be a part of it ...

Ich weiß nur noch nicht, wann ich das sein werde.

Im Moment sind meine Tage in der Bank noch so stressig, dass ich meistens direkt ins Bett falle, wenn ich abends nach Hause komme, meistens so gegen neun. The city that doesn’t sleep kann ich noch nicht in vollen Zügen genießen, noch brauch ich meinen Schlaf. Die Leute in der Bank geben sich wirklich Mühe, mich schnell einzuarbeiten. Ich glaube, sie sind bis jetzt ganz zufrieden mit mir. Die Vorbereitungskurse in Wirtschaftsenglisch waren Gold wert, aber jetzt wird mein Englisch richtig gut, es geht eben nichts über permanenten Gebrauch im Alltag. Ich bin sicher, in einem Jahr spreche ich ohne jeden Akzent, vielleicht ja sogar New Yorker Dialekt. Der soll aber, wie man mittlerweile sagt, im Aussterben begriffen sein, die Jungen sprechen ihn immer weniger.

Fürs Erste haben sie mich in der Wohnung meiner Vorgängerin untergebracht. Ich muss dort aber nicht bleiben. Wenn ich möchte, helfen sie mir was anderes suchen. Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht, ob’s mir hier gefällt, oder zumindest noch nicht. Ist ein Einzimmer-Appartment, immerhin aber fast 40 Quadratmeter, nicht schlecht eigentlich. Und ich kann jeden Morgen zu Fuß zur Arbeit gehen, die anderen sind alle eine Ewigkeit mit der U-Bahn unterwegs. Ich hab mir bis jetzt allerdings lieber was Eigenes gesucht, doch wem erzähl ich das.

Willst du jetzt hören, dass ich Dich vermisse? Ich sag mal so: Wenn’s so wäre, würde ich’s nicht sagen, Du weißt, warum. Weil ich nach wie vor überzeugt bin, dass wir das Richtige tun.

Revidieren möchte ich mich eigentlich nur in einem Punkt: Dass wir uns ein Jahr lang nur schreiben, nicht sehen wollen. Das passt irgendwie nicht mehr ins 21. Jahrhundert, finde ich. Hin und wieder könnten wir schon mal skypen, denke ich. Damit ich sehe, dass Du nicht verlotterst. Oder verfettest. Du kannst doch nicht erwarten, dass ich in der Woche vor unserem Wiedersehen George und Brad von der Bettkante schubse, weil ich niemand anderen als meinen Bruno zurückwill, und dann auf Robbie Coltrane treffe.

Was meinst Du?

Und wie geht’s Dir sonst so? Alle wohlauf?

Von:boe@oettingerundpartner.de

Betreff:Re.: Hi!

Datum:7. Mai 2011 14:02:17 EDT

An: bigapple

Jens und Nike sind wohlauf. Haben sich schon zwei oder drei Mal bei mir gemeldet, seit Du weg bist. Geht mir, ehrlich gesagt, ein wenig auf die Nüsse, haben wohl Angst, dass ich jetzt vereinsame oder mich umbringe oder einer Teufelssekte beitrete. Michaela habe ich unlängst in der Stadt mit ’nem neuen Typen gesehen, so ein Matthew McConaughey-Lookalike, steht bestimmt auf Windsurfen und Zahnseide, könnte also passen. Freddy scheint völlig untergetaucht zu sein. Die anderen haben sich rar gemacht. Aber ich muss die auch nicht sehen, um zu wissen, dass beispielsweise Angie und Herbie immer noch zusammen sind, obwohl jeder über den anderen herzieht, sobald einer dem anderen den Rücken zudreht. Mama besuche ich nach wie vor jeden Sonntag im Heim, die letzten beiden Male hat sie mich gar nicht mehr erkannt.

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