Hi folks, did you like the show?
Mark erriet meine Gedanken. Von der anderen Seite könne man nicht durchs Glas sehen, erklärte er mir, als er wieder sprechen konnte.
Und? War das detailliert und glaubwürdig genug?
Von: boe@oettingerundpartner.de
Betreff:Re-3: Achtung, Geständnis!
Datum:12. Mai 2011 08:45:16 EDT
An: bigapple
Du hast Dich gleich am ersten Abend flachlegen lassen? Tz, tz, tz ...
Von:bigapple
Betreff:Re-3: Achtung, Geständnis!
Datum:10. Mai 2012 14:48:25 MESZ
An: boe@oettingerundpartner.de
Muss ich darauf antworten? Okay, aber nur, um zu verhindern, dass jetzt noch mehr blöde Kommentare in der Art kommen ...
Irgendwo hast Du natürlich recht: „Niemals am ersten Abend“ - das war und ist ein Grundprinzip, zu dem ich immer gestanden habe und noch stehe. Insofern war das untypisch für mich, zugegeben. Warum ich es dennoch getan habe?
Das heißt: Eigentlich müsste es ja heißen, „getan haben könnte“, denn so ganz hinterfragt man seine Handlungen in so einer Situation ja nicht, man entscheidet eher aus dem Bauch heraus, wie Du vielleicht nachvollziehen kannst. Also ist man gezwungen, hinterher zu analysieren, was einen dazu getrieben haben könnte, es so spontan zu treiben. Ich weiß: Grässliches Wortspiel, ’tschuldigung.
„Notgeil“ war ich jedenfalls ganz bestimmt nicht. Es kann aber schon sein, dass ich mich hinreißen ließ, weil ich es einfach endlich tun wollte: den ersten Schritt in die Freiheit gehen. Nicht noch länger drüber reden oder auch nur nachdenken.
Du verstehst? Jedenfalls bist jetzt Du dran. Ich werde mich jetzt ein wenig hinaus in die Stadt stürzen, irgendwann muss mich ihr Charme doch einfangen. Maybe I’m taking a Greyhound, on the Hudson River Line, I’m in a New York state of mind ...
Und wenn ich heute Abend heimkomme, will ich Dein „Geständnis“ in der Mailbox finden. Mittlerweile hoffe ich sogar inständig für Dich, dass auch Du eines abzulegen hast, bis jetzt hast Du’s ja nur so nebulös angedeutet ...
Alles andere wär nun irgendwie unfair, findest Du nicht?
Und bitte schön detailliert, Du weißt ja, es sind die Einzelheiten, die eine Geschichte glaubwürdig machen.
zwei
Von:boe@oettingerundpartner.de
Betreff:Re-4: Achtung, Geständnis!
Datum:15. Mai 2011 20:04:16 EDT
An: bigapple
Sorry, dass ich Dich einen ganzen Tag lang warten ließ. Ich musste mir erst noch einmal in Ruhe überlegen, ob ich Dir das wirklich antun soll. Aber Du willst es ja anscheinend nicht anders. Dann wollen wir mal.
Ja.
Ja, ich hab’s getan.
Nicht nur das, was Du denkst, beziehungsweise unbedingt wissen willst, sondern auch etwas, von dem Du wohl niemals gedacht hast, dass ich es jemals tun würde. Schließlich habe ich mich immer lustig gemacht über die, die so etwas tun.
Ich habe versucht, Frauen im Internet kennenzulernen. In einem dieser Flirtforen. Lovefinder. Blöder Name, ich weiß, aber glaub mir, es gibt welche, die heißen noch viel dämlicher. Ich hab mir ein Profil dort angelegt und rumgeflirtet, als wäre ich der Mailer-Daemon persönlich.
Und jetzt kann ich mir Dein Grinsen vorstellen. Aber wie.
Ich könnte nun sagen, ich wollte mir nur selbst einmal bewiesen, wie unsinnig das ist, dieses Matchen und Chatten in der Anonymität, in der ewigen Gesichtslosigkeit – denn was sind die merkwürdigen Fotos, die man da angeblich von sich einstellt, schon wert. Entweder zeigt sich frau in ihrer Maienblüte, die lange vorbei ist, oder so vorteilhaft ausgeleuchtet, wie frau sich in der Realität niemals präsentieren könnte, oder sie hat sich in Photoshop aufpoliert oder lediglich ein Bild von der Person eingestellt, die sie gerne wäre.
Aber ich will ehrlich sein: Auch wenn ich übers Internetflirten bislang immer nur abgelästert habe – natürlich hoffte auch ich kleine, dumme, naive, verlorene und vor allem geile Seele auf ein erotisches Abenteuer, auf die eine attraktive Frau, die den Weg über die Anonymität im Internet geht, obwohl sie nur einmal über die Straße gehen müsste, um ein Heer von Verehrern um sich zu scharen. Ich hoffte auf den Sechser im Lotto.
Warum hätte ich mich auch nicht darauf einlassen sollen? Mit Worten und behaupteten Identitäten zu spielen, ist für mich doch kein Problem. Vor allem ist es zunächst einmal total ungefährlich, schließlich kann man selbst bestimmen, wie lange man im Schatten bleibt, sich in der Anonymität versteckt, ehe man sich zu einem Date verabredet. Wozu es im Übrigen seltener kommt, als viele glauben, die noch nie im Internet geflirtet haben.
Außerdem, und jetzt wirst Du wieder grinsen, ist es auch für mich nicht mehr so ganz einfach, draußen in der freien Wildbahn jemanden kennenzulernen. Jünger werde ich schließlich nicht, und nach fünf Jahren mit Dir bin ich ein wenig aus der Übung, was Flirten in Kneipen und Cafés angeht. Und einfach eine der frisch getrennten Seelen anzubaggern, die bei uns ihren nächsten Single-Zwischenstopp sucht, verbiete ich mir, aber das habe ich Dir ja schon erklärt – und das übrigens nicht im Suff.
Zunächst sah ich meine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Viele, die sich im Netz rumtreiben, hat das Leben zwischen Mikrowelle und PC so wunderlich gemacht, dass ihnen die Internetflirterei längst genug ist, dass sie sich mit dem Gedankenaustausch, manchmal auch ein wenig Dirty Talk sowie dem Spiel mit den Möglichkeiten bereits zufriedengeben und gar nicht mehr daran denken, mit ihrem „Flirt“ physisch in Kontakt zu treten. Andere suchen so verzweifelt nach der großen Beziehungsendlösung, dass sie etwaige Interessenten schon von vorneherein abschrecken. Wenn man sich tatsächlich mit ihnen verabredet, muss man fürchten, beim Abschiedskuss an der Haustür chloroformiert, ins Haus gezerrt und im Keller angekettet zu werden.
Wieder andere – wahrscheinlich die wenigen wirklich attraktiven Jungs und Mädels, die im Netz unterwegs sind, oder auch nur die, die sich dafür halten – sind so arrogant, dass sie zwischen ihren Kandidaten wählen wollen wie zwischen fettarmen Joghurts im Supermarkt. Denen muss man erst mal aussagekräftige Fotos von sich schicken, ihnen versichern, dass diese auch aktuell sind und dass vor allem die Angaben zum eigenen Körpergewicht der Wahrheit entsprechen, sie wollen aber auch charmant und kultiviert unterhalten werden, das heißt, Du musst ihnen geistreiche, humorvolle und dennoch tiefgründige Mails schreiben, während sie nur uninspirierte Oneliner zustande bringen. Denn angeblich sind sie ja nicht nur auf Äußerlichkeiten fixiert, diese Top-Frauen. Vor allem aber muss man ständig und regelmäßig in ihrer Mailbox präsent sein, damit sie sehen, dass du es auch ernst meinst, und du darfst niemals den Eindruck erwecken, dass du zeitgleich auch andere im Forum beflirtest, das geht natürlich gar nicht. Und irgendwann brechen sie den Kontakt dann einfach so ab, antworten einfach nicht mehr auf das Gesülze, das du in ihre Mailbox geseiert hast.
Nachdem ich diese Erfahrungen gesammelt hatte, überlegte ich eigentlich schon, mich von dieser freudlosen Flirterei wieder zu verabschieden. Doch dann wurde ich doch einmal positiv überrascht, als ich mich abends einloggte: Jemand hatte mich angeschrieben. Das kommt eher selten vor, dass die Damen den ersten Schritt machen, mir war es bis dahin noch gar nicht passiert. Denn so hip diese Internetflirterinnen auch sein wollen, in dieser Beziehung funktionieren sie erzkonservativ: Er hat die Initiative zu ergreifen.
Sie sprach mich auf eine Antwort an, die ich in meinem Profil gegeben hatte. Zu Deinem Verständnis: Im Profil befindet sich ein Fragenkatalog, an dessen mehr oder weniger geistreichen Antworten andere erkennen sollen, ob du interessant für sie bist. „Worüber lachen Sie am liebsten?“, heißt es da unter anderem.
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