Carl Heyd
Papa und die Motorradrocker
Band 1
Papa und die Motorradrocker
published by: epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
Copyright: © 2013 Carl Heyd
ISBN 978-3-8442-5963-6
Imprint Imprint Papa und die Motorradrocker published by: epubli GmbH, Berlin www.epubli.de Copyright: © 2013 Carl Heyd ISBN 978-3-8442-5963-6
Inhaltsverzeichnis
Brief an die Maus
Treffen mit Moreno
Erste Recherchen
Türkische Spezialitäten
Mutter?
Vater?
Die Pasing-Devils
Familienbande
Der Tod eines Senioren
Manni auf der Jagd
Früher war nicht alles Besser
Die Dinge nehmen ihren Lauf
Späte Abrechnung
Das Fräulein Schulz
Tod eines Versicherungsvertreters
Dieser verfluchte Alkohol
Neue Gesetze
Oma und die Schatten der Vergangenheit
Nächtliches Begräbnis
Intermezzo
Papa erklärt die Welt
Mannis Erwachen
Besprechung mit dem Auftraggeber
Graue Haare im Bett ?
Kleine Stärkung und endlich eine Wumme
Dein Freund und Helfer
Gerd-Dieter und sein geliebter Garten
Erinnerungen an eine Kindheit
Oma und ihr Leistungstief
Detektivisches Vorgeplänkel
Gespräch mit dem Biest
Die Metamorphose
Eine Idee zur rechten Zeit
Der alte Mann und die Albträume
Der Wolf 2013
Kehrtwende
Eine kleine Aufmerksamkeit für die Oma
Der Alkohol und seine Konsequenzen
Ein neuer Klient
Endspiel
Der Schlaf der Gerechten
Liebe Maus!
Wir haben uns ja leider aus den Augen verloren. Das fügt mir – da kannst Du Dir absolut sicher sein – unbeschreibliche Schmerzen zu. Doch ich bin nicht gewillt, deshalb länger Trübsal zu blasen. Stattdessen möchte ich endlich damit beginnen, den Kontakt zu Dir wiederaufleben zu lassen.
In diesen turbulenten Zeiten sollte das doch irgendwie möglich sein. Ich kann schließlich mittlerweile mit chinesischen Reisbauern, australischen Bierbrauern und brasilianischen Langzeitstudenten kommunizieren, ohne meine sechzig Quadratmeter große Zwei-Zimmer-Butze (aufgrund guter Kontakte war keine Kaution notwendig!) verlassen zu müssen, dazu reicht schon ein kleines Notebook/Netbook und eine wohlgesinnte Stimmung von Hedy Lamarr, der Schutzpatronin der lokalen Funknetze. Ha, das wusstest Du noch nicht, oder? Doch, in der Tat gilt die legendäre österreichische Schauspielerin als Miterfinderin des WLANs. Das kannst Du gern einmal mit Google überprüfen, Papa erzählt Dir da keinen Blödsinn. Ich binde Dir generell keine Bären auf, auch wenn Deine Mutter da vielleicht anderer Meinung sein sollte. Sie wird mich ja eh als das personifizierte Böse, den Antichristen höchstpersönlich darstellen. Das machen Mamis nach Trennungen zuweilen so, das ist ganz normal, vermutlich sogar statistisch nachweisbar, aber dazu habe ich leider über Google nichts finden können. Schuld sind halt immer die anderen, das sagt auch schon ein altes Sprichwort. Kennst Du das, kleine Maus? Wenn nicht, dann frag doch mal Deine Mutter - und frag sie in dem Zusammenhang bitte auch einmal, ob sie was mit dem Begriff Selbstkritik anfangen kann. Wahrscheinlich wird sie Dich dann aber auch nur dumm und verständnislos anglotzen, um dann gleich wieder – als finale Rettungsmaßnahme in unangenehmen Situationen - ihre geliebte Fernsehzeitschrift vor der früher mal deutlich hübscheren Visage zu platzieren. Aber das ist ja auch im Grunde genommen egal. Papa und Mama werden sich nie wieder verstehen können. Aber wir beide, wir sind doch nach wie vor noch Kumpels, oder? Wir zwei verstehen uns und würden auch nie (und ich betone: nie!!!) auf die Idee kommen, nur noch mithilfe irgendwelcher promovierter Arschlöcher mit abgeschlossenem Jurastudium miteinander zu kommunizieren, oder? Deine Mama sah/sieht das anders, dabei war das nie, aber auch wirklich niemals notwendig. Ich hoffe, das siehst Du auch so ähnlich vernünftig wie ich, kleine Maus. Und Du möchtest bestimmt auch am Leben Deines Papas teilhaben, da bin ich mir ebenfalls sicher. Und genau das kriegen wir auch hin.
Ich werde Dir nämlich in regelmäßigen Abständen von meinen aufregenden Abenteuern berichten, die mich zum Teil über den ganzen Erdball führen. Dein Papa hat es zu tun mit skrupellosen Geiselgangstern, blutgierigen Zombies, sexgeilen Spätaussiedlern, abartigen Serienkillern und pädophilen Vampiren. Da ist jede Menge Spannung und Aufregung garantiert.
Und ich bin mir verdammt sicher, dass Du nach der Lektüre meiner Abenteuer nicht (mehr) der Meinung sein wirst, dass Dein Vater ein „großkotziger Vollprolet“ oder „ständig besoffenes oder bekifftes James-Dean-Double“ ist (O-Ton Deiner Mutter). Vielleicht wirst Du Deinen Papa auch dann noch als etwas schwierig empfinden – okay, das kann passieren, ich polarisiere halt schon ein wenig. Aber in einem kannst Du Dir absolut sicher sein: Dein Papa liebt Dich über alles! Ich liebe Dich mehr als mein Feierabendbier, mehr als meine Heimatstadt und sogar mehr als meinen Fußballverein.
Doch selbst konntest Du bisher noch keine Liebe zu mir entwickeln, und dafür habe ich auch volles Verständnis. Ich kann jetzt auch nicht erwarten, dass sich daran von heute auf morgen etwas ändern wird, doch vielleicht bekommen wir es ja hin, dass Du zumindest etwas Verständnis für Deinen Vater entwickelst, und daraus kann dann später mal Sympathie werden – und noch später dann vielleicht sogar echte und tief gehende Tochter-Vater-Liebe, das hoffe ich zumindest sehr.
Doch im Moment sollten wir uns zunächst auf den ersten Schritt konzentrieren.
Wer ist Dein Papa – jenseits aller Anschuldigungen und Polemik vonseiten Deiner Mutter – wirklich? Beginnen möchte ich mit der Geschichte, die – zumindest aus meiner persönlichen Erinnerung heraus – der Startschuss zum Aufbruch in eine neue Welt war. Auf einmal war vieles anders und nur wenig besser. Unsere Realität wurde durch eine neue Form der Realität ersetzt, mit der wir nicht nur gewisse Anlaufschwierigkeiten hatten, sondern bis heute noch keine echte Freundschaft schließen konnten. Für mich begann das Ende der alten Welt ganz harmlos mit einem heißen Latte macchiato in einem Münchener Straßencafé …
„Ihr Latte macchiato, der Herr …“ Schwungvoll stellte der flinke Kellner das Tablett mit dem heißen Glas auf den Aluminiumtisch, an dem ich noch allein saß. Für zehn Uhr hatte ich mich mit einem Klienten verabredet, der mir ein lukratives Honorar einzubringen versprach. Fast andächtig hatte meine Sekretärin dessen Namen geflüstert, nachdem sie den Termin ausgemacht hatte: Peter Moreno … Peter Moreno, der Name sagte mir natürlich sofort etwas, der war schließlich fast täglich in der heimischen Lokalpresse präsent, und das zumeist mit wenig originellen Absichtserklärungen der Sorte: „Die U-Bahn muss sicherer werden!“, oder: „Die Freibäder müssen unseren Bürgern erhalten bleiben!“
Originell war der Typ wahrlich nicht, und seine Partei schon lange nicht mehr. Die war einst mit dem Anspruch gestartet, eine Alternative zum sonstigen Politikzirkus darzustellen, doch davon war nicht mehr allzu viel übrig. Und auch optisch war Moreno nicht mehr von den Vertretern der anderen Parteien zu unterscheiden: Er näherte sich meinem Tisch mit gepflegtem Kurzhaarschnitt, perfekt sitzendem grauen Sakko und der Gewissheit, gleich den vielleicht besten Privatdetektiv der Stadt konsultieren zu dürfen.
„Sind Sie Papa?“, fragte er, mich interessiert musternd. Ich nickte ihm zu und wies mit einer kurzen Handbewegung auf den freien Stuhl an meinem Tisch. Mit sichtlichem Unwohlsein nahm Peter Moreno Platz.
Читать дальше