Sabine Wallner - Milas Wunschliste ans Universum
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Allerdings wurden aus den „normalen“ Handlangerdiensten mit der Zeit Auftritte in Rollenspielen. Wobei meine Rolle immer eng gefasst war: Ich hatte zu kriechen, zu knien oder Dinge mit meinem Mund oder meiner Zunge sauber zu machen. Sie führte mich mehrmals in der Woche am Hundehalsband durch das Kinderzimmer. Gerne ließ sie mich aus dem Teigschüssel unserer Mutter Himbeersaft trinken, wenn ich mich bei ihr mit „danke, Herrin“ bedankt hatte. Manchmal musste ich mit meiner kleinen rosa Zunge ihre weißen Hallenturn-Schuhe sauber machen, was moderate Unterwerfung war, nachdem die Sneakers lediglich ein wenig nach Fußschweiß rochen und im Grunde staub- und schmutzfrei im Turnbeutel ihr Dasein fristeten. Mit der Zeit kippte darum meine Begeisterung hin zu Ernüchterung und es reifte in mir sehr nachhaltig die Erkenntnis, dass meine zwanzig Minuten Schwesterntanz in keinem Verhältnis standen zu meinem ständigen Bereitschaftsdienst. Es gelang Isa, mich mit Engelszungen noch ein halbes Jahr bei der Stange zu halten. Auch weil sie mich feierlich an den mit Blut besiegelten Vertrag erinnerte und mir unter die Nase hielt. Mit der Zeit wurde aus dem ehemals roten Blutfleck ein schmutzig brauner und als ich meinen dreizehnten Geburtstag feierte, endete die Zusammenarbeit abrupt. Unsere Eltern fanden bis dahin offenbar nichts an Isas Spielen, sofern sie diese überhaupt bemerkten. Als Isa mich aber an meinem Geburtstag in einen großen schwarzen Müllsack steckte, der mir nur eine winzige Öffnung zum Atmen ließ, fanden sie mich so „versorgt“ in Isas Zimmer. Erst dann schritten sie ein und verboten Isa, mich zukünftig „wie Dreck“ zu behandeln. Meine Schwester war beleidigt abgerauscht und hatte sogar den geburtstäglichen Kaffeeklatsch mit Schwarzwälder Kirschtorte und Verwandtschaft versäumt, was als großer Fauxpas in unserer Familie galt. Den schwarzen Müllsack mit zwei Löchern darin, der indirekt Fluchthelfer gewesen war, behielt ich noch lange als Andenken an diese Zeit und daran, dass meine Eltern sich für mich eingesetzt hatten. Wofür ich ihnen sogar heute noch ehrlich dankbar bin.
Lehrstück
Auch wenn Isa rein äußerlich mit nahezu allen Attributen einer Traumfrau gesegnet war, die mir fehlten, lebte sie schon in ihrer frühen Jugend ihre weiche Seite nur widerstrebend aus. Sie hasste die blumigen Kleider, die meine Mutter für uns nähte und trug am liebsten eine dunkle Cordhose, die sie aus der Altkleidersammlung gefischt hatte. Jahrelang schmuggelte sie diese eine Hose im Schulranzen aus dem Haus und zog sich auf dem Schulweg um. So lange, bis eine Lehrerin meine Mutter im Elterngespräch darauf ansprach, ob das arme Mädchen nicht auch einmal einen Rock oder ein Kleid tragen dürfe, statt der immer speckiger werdenden alten Hose, die offensichtlich einem Jungen gehört hatte. Unbeeindruckt davon hielt Isa an diesem Ritual fest und fing darüber hinaus an, ihre blonden Haare in einem strengen Dutt hochzustecken. Als unsere Mutter keinen Einfluss mehr auf sie hatte und sie im Alter von 16 Jahren langsam aus der Cordhose heraus gewachsen war, quetschte sie ihren kerzengraden schlanken Körper in enge Lederkombinationen, die sie am Flohmarkt erstanden und mit Sicherheitsnadeln und langen Ketten veredelt hatte.
Meine Mutter begegnete Isa in dieser Zeit mit einer Mischung aus Ekel und Faszination. Sie schien nicht recht zu wissen, ob sie sich wie viele andere auch der erotischen Ausstrahlung meiner Schwester ergeben oder aus rein mütterlichem Instinkt heraus dagegen ankämpfen sollte. Gefangen zwischen Teekränzchen und Kirchengang, in Konventionen und der klaren Vorstellung davon, wie ihre Töchter zu sein hatten, entschied sie sich gegen Bewunderung und für stumme Ablehnung. Isa schien davon aber gänzlich unbeeindruckt, was wiederum ich beeindruckend fand. Sie war für mich rasend schnell in unerreichbare Sphären vorgedrungen, nachdem sie das Gymnasium abgeschlossen, ein freiwilliges soziales Jahr absolviert und sich für ein Auslandsjahr an der Sorbonne beworben hatte. Natürlich bekam sie das Stipendium und zog mit gerade einmal 19 Jahren mit wehenden Fahnen an einem lauen Sommertag, der nach Flieder und warmer, dampfenden Erde roch, Richtung Frankreich. Es war allen klar, dass sie nicht nur für ein paar Studienjahre, sondern für immer aus dem elterlichen Wohnhaus auszog. Der Abschied war trotzdem oder vielleicht gerade deshalb besonders fröhlich ausgefallen. Vor allem mein Vater, der Isa unter ästhetischen Gesichtspunkten als äußerst störend in seinem Blickfeld empfand, war geradezu euphorisch mit blau-weiß-roten Fähnchen am Gartentor gestanden und hatte ihr ekstatisch „Bon Voyage“ und „vive la France“ nachgerufen. Isa hatte sich zuvor lächelnd aber sehr bestimmt aus der Umarmung meiner Eltern gelöst, mir einen Kuss auf die Wange gedrückt, ihren Koffer genommen und sich ohne noch einmal zurückzuschauen davon gemacht. Für uns, die wir in unserem nichtigen Vorort jenseits der Weltkulturen zurückgeblieben waren, war die Pariser Sorbonne das Kronjuwel der französischen Uni-Landschaft. Für Isa war es ein Biotop unterwürfiger, speichelleckender junger Männer, die nur darauf warteten, Isa in die Welt der sadomasochistischen Spiele einzuführen. Die ersten Monate verbrachte sie nicht im berühmten stuckverzierten Studiersaal, sondern in fensterlosen Bunkerräumen tief unter der Erde, die zum geschmacklosen Neubau aus der früheren Vergangenheit gehörten. Sie schien das regelrecht zu genießen. Wenige Monate nach ihrem Auszug rief ich sie in ihrer Studenten-WG an und hatte eine tiefe, männliche Stimme am Apparat. Ich radebrechte mit meinem Schulfranzösisch etwas, das so ähnlich klang wie: „Est-que je peut parler avec Isa“ und erhielt minutenlang keine Antwort. Der Mann am anderen Ende atmete schwer in den Hörer. Dann war es plötzlich kurz still und gleich darauf hörte ich eine muntere Isa, die „Qui?“ ins Telefon raunte.
Viel später, während meines dreiwöchigen Sprachurlaubes in Paris, bei dem sie mich unter ihre Fittiche genommen hatte, erzählte sie mir von Pierre. Die ersten paar Wochen hatte Pierre noch versucht, die attraktive, kühle Deutsche mit Komplimenten und selbst gekochten französischem Essen um den Finger zu wickeln. Er war nicht unattraktiv und konnte nicht fassen, dass Isa sich völlig uninteressiert zeigte. Je mehr sie ihn ablehnte, umso unterwürfiger wurde Pierre. Und umso interessanter als Objekt für Isa. Sie arbeiteten sich bald zügig durch die Palette adäquater Spielsachen und Techniken. Schließlich landete Isa mit ihrem gut abgerichteten Sklaven in einem kleinen, aber sehr exquisiten Pariser Club und war dort bald angesehenes Mitglied, das gerne auch bei größeren Gruppen-Sessions ihren professionellen Beitrag leiste. Pierre war – kurz bevor er meinen Anruf entgegennehmen musste – von Isa zur Belohnung für einen erfreulichen nachmittäglichen Orgasmus mit einem so genannten Mundknebel ausgestattet worden. Der glückliche, „natur-devote“ Pierre war völlig damit beschäftigt gewesen, seiner Herrin nicht in die Augen zu sehen, den Hörer richtig zu halten und dabei das Atmen nicht zu vergessen. Zu einem späteren Zeitpunkt machte ich meine eigenen Erfahrungen und stellte fest: So ein Mundknebel ist elastisch genug, um die Zähne nicht zu schädigen, aber auch fest genug, um sie nicht mit dem Mund flachdrücken zu können. „Die aus Platinum-Silikon sind sehr widerstandsfähig“, erklärte mir Isa damals fachmännisch. „Auch bei kräftigen Bissen hinterlassen Zähne kaum Spuren im Ball.“ Für Isa war Sadomasochismus keine Modeerscheinung, für sie war es eine Art Region, die es zu pflegen und regelmäßig zu praktizieren galt.
Deshalb war es auch wenig verwunderlich, dass sie mich gleich am Morgen, an dem ich in Paris angekommen war, damit konfrontierte. Sie schloss die Tür zur Wohnküche hinter mir ab, lehnte sich mit verschränkten Armen an die Wand und sagte streng zu mir: „Pass auf Mila: Es gibt zwei Möglichkeiten, wie wir hier in den nächsten Wochen zusammenleben. Entweder, du integrierst dich in meinen Alltag und verhältst dich still. Dann zeig ich dir meine Welt und du wirst eine Menge dazu lernen. Oder du sitzt deine die ganze Zeit hier in meinem WG-Zimmer oder in deiner Sprachschule ab und fährst nach Hause, ohne auch nur ein Fitzelchen von Paris gesehen zu haben“. Es war klar, für welche Variante ich mich entschied. Und so zwängte ich mich schon an meinem ersten Abend in Frankreich mit Hilfe von Isa in einen hautengen Latexanzug. Sie stülpte mir eine eben solche Maske über den Kopf, die mich stark an meinen Müllsack aus Kindertagen erinnerte und legte mir ein glitzerndes Halsband um meinen schmalen Nacken. Ihre Anweisungen waren präzise: „Du sagst keinen Ton. Der einzige Weg, wie du dich fortbewegst, ist der auf Knien. Du schaust niemandem ins Gesicht. Und alles, was dir andere Herren oder Herrinnen befehlen, machst du ohne Widerworte. Wenn du nicht gehorchst, kann ich dich nicht vor einer Bestrafung beschützen“. Lange bevor Mr. Grey seiner Holden Krawatten um den Hals band, führte mich meine Schwester wie ihr Hündchen durch ihren Club. Die anerkennenden Blicke, die man ihr für ihr neues Accessoire zuwarf, konnte ich nur aus dem Augenwinkel erahnen. Isa stellte mich gleich am Anfang auf die Probe und befahl mir, aus einem silbernen Napf abgestandenes Wasser zu trinken, aus dem bestimmt schon etliche Sklaven vor mir trinken mussten. Kurz nachdem ich meine Zunge wieder aus dem Wasser zog, ohne wirklich etwas getrunken zu haben, urinierte einer der „Herren“ mit einem kräftigen Strahl in die Schüssel. Der angesichts seiner starken Ausbuchtung zwischen den Beinen eindeutig als männlich zu identifizierendem Sklaven, welcher nach mir an den Napf kam, hatte nach meinem Empfinden also deutlich weniger Glück gehabt, als ich. An sich verlief der Abend problemlos. Mir war klar, was Isa von mir erwartete. Dafür bekam ich einen Einblick in eine Welt, die mir bis dahin völlig verschlossen gewesen war. Ich sah mehr nackte Hintern, gepiercte Brüste und erigierte Penisse als ich mir in meiner naiven Kleinmädchen-Realität je hätte ausdenken können. Eine sehr dicke Frau hielt mir ihre sauber rasierte Vulva vor die Nase und befahl mir, wie mir Isa übersetze, diese zu beschnuppern wie ein Hund. Ich roch so gut wie nichts durch meine Maske und hatte auch überhaupt keine Lust darauf, meine latexbenetzte Nase in irgendjemandes Organe zu stecken. Aber im Endeffekt schien es der Übergewichtigen nur darum zu gehen, Befehle zu bellen und obwohl ich den ihren nicht ansatzweise erfüllt hatte, entging ich einer Strafe wegen Ungehorsams. Das war an diesem Abend mein erklärtes Ziel, alles andere war absolut nebensächlich. Mein voyeuristisches Interesse war gering, außer dem vorsichtigen Begutachten unzähliger frei gelegter Genitalien hielt ich mich zurück und überließ Isa den aktiven Part. Kurz war ich erschrocken, als Isa mich an einem anderen Herrn auslieh, mir einen Mundknebel überzog – damit ich mich nicht verplappern konnte - und meine Hundeleine übergab. Aber dieser Herr war bereits zu betrunken um erkennen zu können, dass ich ganz und gar ungeübt in meiner „Sub-Rolle“ war und ordnete lediglich lallend in schlechtem Deutsch an, dass ich „in das goldene Pissbecken zu strullen ´abe“. Ich hob also mein Bein und tat so, als würde ich mich erleichtern. Mein Herr, der gar nicht richtig hingesehen hatte, war zufrieden. Und beschäftigte sich den Rest der Zeit mehr damit, nicht vom Stuhl zu fallen, als mit mir. Nach rund drei Stunden verabschiedete Isa sich von ihrem Kreis und zog mich an meiner Leine hinter sich her. Sie erlaubt mir, im Entre aufzustehen und meine schmerzenden Knie zu massieren, mich zu strecken und einen Schluck Rosé aus ihrem Glas zu trinken. Dann verfrachtete mich meine Schwester mit einem selbstzufriedenen Lächeln in ihr kleines Auto. Ich durfte auf dem Beifahrersitz sitzen und musste mich nicht, wie bei der Hinfahrt, auf die Rückbank trollen. „Ich bin sehr zufrieden mit dir, Mila. Mit ein wenig Übung gibst du eine brillante Sklavin ab. Du hast so etwas an dir, das inspiriert Menschen mit natürlicher Dominanz. Darauf kannst du sehr stolz sein.“
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