1 ...7 8 9 11 12 13 ...37 Bald kam die reizende Hausfrau mit einem glänzenden Bleitablett, auf dem aus einem Topf der gewärmte Ungarwein duftend dampfte.
Pan Andreas sprang auf Alexandra zu:
»Ach! Jetzt sind deine beiden Hände beschäftigt, kannst dich gar nicht wehren. Er bog sich über das Tablett, um sie zu küssen; sie aber warf ihr blondes Köpfchen weit zurück.
»Lassen Sie doch! – Ich lasse sonst das Tablett fallen!«
»Bei Gott! Beim Anblick einer solchen Schönheit kann man leicht den Verstand verlieren!«
»Sie sind schon längst von Sinnen. – Setzen Sie sich lieber hin.«
Er setzte sich gehorsam; sie schenkte ihm Wein ein.
»Nun erzählen Sie, wie Sie in Upita die Schuldigen gerichtet haben!«
»In Upita? – Wie Salomo.«
»Gott sei Dank! Ich möchte, daß alle in dieser Gegend Sie als einen gerechten Mann preisen. – Wie verlief es also?«
Kmicic tat mehrere Züge, seufzte und begann. »Es war so: Der Bürgermeister sagte zu den Soldaten: Ihr seid Freiwillige, ihr habt nichts zu fordern. – Quartier werden wir euch gewähren, aber Proviant gibt's nur, wenn wir sehen, daß ihr uns dafür bezahlen könnt.«
»War er im Rechte oder nicht?«
»Dem Gesetze nach war er im Recht, aber die Soldaten hatten Säbel im Gürtel, und nach alter Sitte ist der im Rechte, der einen Säbel hat. Und so begann eine Rauferei. Die armen Soldaten steckten vor Schreck ein paar Scheunen an und beruhigten einige Bürger.«
»Beruhigten einige Bürger?«
»Nun, wenn jemand einen Säbelhieb über den Kopf kriegt, so muß er sich wider Willen beruhigen.«
»Aber mein Gott, das ist doch Mord!«
»Die Soldaten kamen und klagten mir, sie stürben Hungers; der Bürgermeister kam und klagte, die Soldaten fordern Fleisch und Met, und das könne die arme Bevölkerung nicht liefern.«
»Gott wird Sie segnen,« unterbrach ihn Alexandra, »wenn Sie Gerechtigkeit walten ließen.«
»Meine Königin,« sagte er in kläglichem Tone, »mein Schatz, zürne mir nicht.« – –
»Nun, was haben Sie getan?« fragte Alexandra unruhig.
»Ich ließ dem Bürgermeister und den mit ihm erschienenen drei Stadtvertretern je hundert Peitschenhiebe verabfolgen,« sprudelte Pan Andreas in einem Atem hervor.
Alexandra sagte nichts, sie senkte den Kopf und versank in Schweigen.
»Reiße mir den Kopf ab, aber zürne mir nicht! Ich habe noch nicht alles gebeichtet.«
»Noch nicht alles!« stöhnte die Panna.
»Sie hatten nach Poniewiez um Hilfe geschickt. Es kamen hundert Narren mit ihren Offizieren. Die Soldaten habe ich ein wenig eingeschüchtert – und die Offiziere, – die ließ ich, – um Gottes willen, zürne mir nur nicht! – nackt durch den Schnee über die Grenze peitschen.«
Panna Billewicz hob den Kopf, ihre Augen brannten vor Zorn, das Gesicht bedeckte eine flammende Röte.
»Sie besitzen weder Schamgefühl noch ein Gewissen! Ihre Handlungen sind eines Wegelagerers, aber keines Ritters würdig. Ich schäme mich, daß auf Sie, dessen Ruf mir teuer ist, schon nach so kurzer Zeit der ganze Adel mit Fingern weist!«
»Der Adel? Zehn seiner Hütten kann ein Hund bewachen und hat noch nicht 'mal was Rechtes zu tun.«
»Aber die Namen dieser Armen sind rein, kein Makel haftet an ihnen. Die Gerichte werden nur Sie hier verfolgen.«
»Ich dächte, in unserer Republik ist jeder, der einen Säbel hat, und der imstande ist, eine Bande Halunken um sich zu sammeln – sein eigener Pan. Was kann man mir tun? Wen brauch' ich zu fürchten?«
»Wenn Sie niemanden fürchten, so wissen Sie, daß ich doch Gottes Zorn fürchte, – Gottes Zorn und die Tränen der Unglücklichen und die Ungerechtigkeit! Schimpf und Schande will ich mit Ihnen nicht teilen; wenn ich auch nur ein schwaches Weib bin, so ist mir die Ehre meines Namens teuerer als manchem, der sich ein Ritter nennt.«
»Ich beschwöre dich bei Gott, drohe nicht so schrecklich. – Du kennst mich noch nicht!«
»O, ich glaube auch, mein Großvater kannte Sie auch nicht! Sie denken wohl, ich weiß nicht, daß Sie in Lubicz die Bilder meiner Ahnen zerschossen haben, und daß Sie die Mädchen dort entehrten? Wenn Sie meinen, daß ich dies alles geduldig ertragen werde, so kennen Sie mich nicht. – Ich verlange, daß Sie ein ehrenhafter Mann sein sollen.«
Kmicic schämte sich anscheinend selbst seiner Lubiczer Abenteuer, er senkte den Kopf.
»Wer hat dir das erzählt?« fragte er leise.
»Der ganze Landadel der Umgegend spricht davon.«
»Diesen Bauerlümmeln, diesen Verrätern werde ich ihren Dienst heimzahlen! – Wir waren damals alle im Rausch; Soldaten können sich nicht immer beherrschen. – Mägde habe ich aber nicht hereingeschleppt.«
»Ich weiß wohl, diese schamlosen Bösewichte stiften Sie zu all diesen Gemeinheiten an.«
»Es sind keine Bösewichter, – es sind meine Offiziere.«
»Nun denn, ich habe Ihre Offiziere aus meinem Hause gewiesen.«
Zum größten Erstaunen Alexandras brach Kmicic bei dieser Mitteilung durchaus nicht in Zorn aus, sondern seine Stimmung verbesserte sich sichtlich.
»Bei Gott! Du besitzest eine Ritterseele! Und sie gingen ruhig fort wie Schafe? Und warum? Weil sie mich fürchten.«
Pan Andreas sah Alexandra selbstgefällig an. Diese aber verlor bei dieser wenig angebrachten Selbstgefälligkeit ganz die Geduld.
»Sie müssen zwischen mir und ihnen wählen,« sagte sie fest und nachdrücklich, »anders geht es nicht.«
»Wozu soll ich wählen, wenn ich dich und sie haben kann?« sagte Kmicic nachlässig, fast heiter. »Hier in Wodokty können Sie tun, was Sie wollen. Wenn aber niemand von meinen Offizieren Sie persönlich verletzt hat, warum soll ich sie wegjagen? Das können Sie nicht verstehen, daß der Dienst unter einer Fahne und das gemeinsame Kämpfen ein festeres Band sind als Verwandtschaft. Sie müssen aber wissen, daß diese Räuber wohl tausendmal mir das Leben gerettet haben, daß das Gesetz sie verfolgt, und ich ihnen eine Zufluchtsstätte gewähre.«
Sie preßte krampfhaft ihre Finger zusammen. Alles, was sie ihm von der öffentlichen Meinung, von der Notwendigkeit, gesetzter zu werden, redete, glitt an ihm ab wie Erbsen von einer Wand. Das nichtgeweckte Gewissen dieses Soldaten konnte ihre Empörung über jede Ungerechtigkeit, über jeden scheußlichen Streich nicht verstehen. Mit welchen Worten konnte sie auf sein verhärtetes Gemüt einwirken?
»Gottes Wille geschehe!« sagte sie schließlich. – »Wenn Sie sich von mir lossagen, so gehen Sie ruhig Ihres Weges, Gott wird mich beschützen!«
»Ich mich von Ihnen lossagen?« rief Kmicic in größtem Staunen.
»Ja, – wenn nicht durch Worte, so durch Taten. Wenn Sie sich nicht von mir lossagen, so sage ich mich von Ihnen los. – Ich werde nicht das Weib eines Mannes, an dem menschliche Tränen und menschliches Blut haften, eines Mannes, den man einen Mörder, – einen Verräter nennt.«
»Was für ein Verräter? – Machen Sie mich nicht toll, daß ich nicht etwas tue, was ich nachher selbst bedaure. Möge der Donner mich erschlagen, wenn ich ein Verräter bin! Ich, der ich für das Vaterland gekämpft habe, als alle die anderen die Hände sinken ließen.«
»Sie wollen ein Verteidiger des Vaterlandes sein! Sie, der Sie dasselbe tun, was der Feind tut! Sie bedrücken es, Sie martern seine Söhne, Sie treten menschliche und göttliche Gesetze mit Füßen. Nein, und sollte mein Herz auch brechen, ich will keinen solchen Mann, – ich will nicht!«
»Sprechen Sie nicht so, sonst komme ich von Sinnen! Engel, kommt her, rettet mich! Folgen Sie mir nicht in Gutem, so werde ich Sie mit Gewalt nehmen, wenn Sie auch sämtliche Habenichtse der Gegend, selbst die Fürsten Radziwill, den lieben Gott und alle Teufel mit ihren Hörnern zum Beschützer haben sollten. – Selbst wenn ich meine Seele dem Teufel verschreiben müßte!«
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