Copyright © 2019 by Andreas M. Riegler
Verlag: Neopubli GmbH, Berlin
Alle Rechte sind dem Autor vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelne Teile.
Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne Genehmigung des Autors reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Druck und Bindung: epubli GmbH, Berlin
Printed in Germany
Inhalt
Titelseite
Impressum 1. Auflage 2019 Copyright © 2019 by Andreas M. Riegler Verlag: Neopubli GmbH, Berlin Alle Rechte sind dem Autor vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelne Teile. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne Genehmigung des Autors reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Druck und Bindung: epubli GmbH, Berlin Printed in Germany
Anfang
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
„Wer das Kleine betrachtet, erkennt, dass das Große, wie man es bisher sah, keinen Sinn ergibt.“
Das Liedchen lässt die Herzen weinen. Im weichen und verzweifelten Ton der Melodie, die durch den vollen Saal hallt und all die vielen Seelen in Staunen versetzt, scheint es, als ob die Engelchen von weit oben herabsehen und dem lieblichen Gesang zuhören. Es wirkt, als ob das Orchester den samtenen Teppich auslegt und dem weichen Mundgesang den Weg zu jedem Ohre weist, während der Moment die Zeit ruhen lässt. Niemals soll es vergehen. Nie mehr sollte jedem dieser Menschen das Gefühl entfliegen, das sie in das Innerste ihrer Seele begleitet und die tiefgründigsten Geheimnisse ihrer selbst sich offenbaren lässt. Keiner hier würde es in diesem Moment wagen, auf die Uhr zu blicken oder auch nur an Zeit zu denken. Die Schwere der Handlung drückt die Herzen ab und die Anordnung der weichen, langen und zart angestoßenen Töne klingt im hohen Saale nach, als würden sie umherfliegen und niemals mehr verstummen wollen. Das runde Scheinwerferlicht leuchtet auf die Sängerin herab, während sie die Luft aus ihrer voluminösen Lunge presst und die Kehle dem bedeutungslosen Hauch von Leben eine Seele schenkt. Nur ihr Wille ist es, der alle nun verzaubert. Nur eine Frau und ihre Stimme, die ihr Herz ausschüttet und all ihre Schmerzen offenbart, als wäre nichts außer ihr, dem Lichtkreis und der tiefen Dunkelheit die Wirklichkeit. Nur das Licht, das sie umgibt, das irgendwann erlöschen wird und die Dunkelheit siegen lässt, scheint ihr beizustehen. Doch singt sie dem Lichtlein ein Lied, eines von Liebe und dem Leid. Das eine scheint dem anderen zu gleichen. Die Töne des Schicksals erklingen, das drohend ankündigt, dass alles Licht erlöschen wird und alle Zeit vergeht, als wolle sie einfach sagen, dass nichts jemals für ewig ist.
Der Dirigent den Taktstock höher schwingt, sein Orchester den letzten Ton angibt und die Frau, die dort so einsam steht, in tausend Augen feurig glänzt. Das Licht, das immer schwächer wird, hüllt die Figur in den Schleier der Dunkelheit ein. Zum letzten Mal holt sie tief Luft und lässt mit aller Kraft die Töne los, die sie tief in die Knie zwingen. Das Schauspiel nimmt ein Ende. Darum weilt sie auf dem schwarzen Boden und wartet ab, bis die Dunkelheit ihren Schleier über ihr verzagtes Bild wirft. Die Blicke sie empor absendet, als ersehnte sie das nahe Ende. Den letzten Ton sie dem Himmel widmet, als ob sie mit den Engeln redete.
Der letzte Akkord des Pianos verstummt. Mit dem letzten Rest an Luft lässt sie den Ton in der Stille ersticken, als würde er in ihr weiterleben. So weich bettet sie den Ton, als würde sie ein Kindlein in der Wolke wiegen.
Dem Publikum der Atem stockt, und die Ruhe sanft den letzten Funken Licht entschlafen lässt, bevor der Beifall laut ertönt.
Im Sturm, der ihr gegeben ist, erhebt sie sich im roten Kleid, das ihre zierliche Gestalt verhüllt. Als wäre sie von Leid geprägt, hebt sie die Mundwinkel nur ein wenig an und verabschiedet sich mit leichtem Einknicken, während ihre Füße auf Rosen gebettet sind.
Und während sich der Vorhang schließt und der Beifall schließlich leiser wird, sieht man auf zur großen Loge, von der die Schreie nicht verklingen.
Voll Verzweiflung steht die Gattin des Barons wie angewurzelt da, die Hände vor den Mund gelegt, und fängt in Panik an zu weinen, während sie zagend nach Hilfe schreit.
Dem Baron scheint offenbar nicht wohl zu sein. Das leise Geläster wandert durch die Reihen wie eine Welle der Unruhe und lässt die Blicke ratlos und gierig werden.
Er entschlief den zarten Tönen in die endlos lange Ruhe. Er erlag dem Schmerz in ihrer Stimme und folgte den Tönen in den Himmel. Er entfloh dem Weltlichen und kehrte ein ins Göttliche.
1. In der Ruhe liegt die Kraft
Hastend schreitet der Inspektor über den regenfeuchten Asphalt vor dem prunkvollen Gebäude. Die Treppen eilt er empor zu den mächtigen Säulen des Operngebäudes, die das sandsteinerne Dach über seinem Haupte stützen.
Geduldig dämpft er seine Zigarre aus und tritt durch eine weißgestrichene Bogentür in die große Halle, worin das Publikum ungeduldig wartet.
„Ah, Inspektor! Da sind Sie ja endlich!“
Doch der Inspektor winkt mit der Handfläche ab und schreitet weiter durch die überfüllte Eingangshalle in Richtung der Treppen. Ein paar Stufen tritt er empor, bevor er sich kurz räuspert und den summenden Ton aufgeregter Stimmen übertönt:
„Guten Abend, meine sehr geehrten Damen und Herren!“ Der Lärm mindert sich. Gespannte und gereizte Gesichter sehen lauschend zu ihm hoch.
„Mein Name ist Inspektor Alexander Boureni, ich bin von der örtlichen Polizei. Es tut mir leid, dass Sie so lange warten mussten. Wenn Sie etwas Besonderes gesehen oder bemerkt haben, das mit dem Ableben des Barons in Verbindung stehen könnte, bitte ich Sie, dies einem unserer Beamten mitzuteilen, die sich an den Ausgängen positionieren werden. Sie sind nun entlassen. Vielen Dank!“
„Guten Abend, Herr Inspektor“, begrüßt ihn ein schwarzhaariger Herr mittleren Alters, auf dessen Oberlippe ein dichter Schnauzer sitzt. „Mein Name ist René Bouson, Operndirektor.“
„Herr Direktor, führen Sie mich bitte zum Tatort.“
„Gewissermaßen ist hier doch alles ein Tatort, habe ich nicht Recht, Inspektor?“, entgegnet er seiner Aufforderung mit einem Lächeln, um sein schmales Fachwissen zu vermitteln.
„So folgen Sie mir, Inspektor!“
Die Tür zur Loge steht offen. „Vielen Dank, Monsieur Bouson!“, sagt Inspektor Boureni, während er seine Melone vom Kopf nimmt und die letzten Regentropfen vom dunklen Samt klopft. Doch der Direktor fährt fort: „Zu schade um den Baron! Eine bereichernde Persönlichkeit. Weiß man denn schon, was es war?“ Seine neugierigen Versuchungen, Boureni Informationen zu entlocken, erweisen sich als erfolglos. Also tritt er von seiner Seite mit den Worten: „Naja, Sie wissen, wo Sie mich finden, Inspektor!“
Routiniert tritt Boureni in die Loge und betrachtet den Raum geduldig. „Was haben wir?“, fragt er die Männer in weißen Kitteln, die über den Leichnam gebeugt sind, während er mit konzentriertem Ausdruck die purpurroten Wände mit zart goldenen Verzierungen begutachtet, ohne den Verstorbenen auch nur eines Blickes zu würdigen.
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