Das Seil wurde bereits heruntergeworfen. Noch immer kämpfte er jedoch um sein jämmerliches Leben. Es ging um alles! Meinen Kopf hin und her bewegend, riss ich seine Wunde klaffend weit auf. In einer Fontäne sprudelte der Lebenssaft aus der Halsader heraus und nahm ihm alle Kraft.
Die erste Auseinandersetzung war knapp gewonnen. Das menschliche Blut schmeckte besser, als ich je geglaubt hatte. Das Getränk war bitter, doch es wärmte mich noch mehr und spendete mir große Kraft.
Um die Häscher oben nicht misstrauisch zu machen, beschmierte ich meinen nackten Körper rasch mit Schmutz und tarnte so das frische Blut. Dann band ich das Seil eilig um meine nackten Beine und ruckte an der Schnur.
Die Rotgardisten zogen die nächste vermeintliche Tote rasch hoch. Die offenen Wunden begannen zu schmerzen, doch ich unterdrückte jede Äußerung. Niemand schöpfte bis jetzt Verdacht. Die Männer schmissen mich achtlos auf die Erde und entfernten das Seil. Der brodelnde Hass in mir forderte ihr Blut ein. Ich musste mich gedulden und zuerst retten. Zum Glück kam in dem Moment eine Einheit fliehender Rotgardisten herbeigerannt und zog die Aufmerksamkeit der Männer auf sich.
„Haut schnell ab!“, schrieen sie.
„Die Weißen brechen durch die Front und sind hinter uns her!“
„Verflucht!“, schrie einer der Männer, die mich hochgezogen hatten.
„Wir müssen uns beeilen!“
Sie ließen das Seil abermals hinunter. Doch niemand nahm es.
„Was ist da unten los? Melde dich, Sergej, du Schwachkopf! Machst du mit den Toten rum?“
Keine Antwort kam zurück.
Die Männer wurden aufgeregt und schauten in die Grube, konnten jedoch nichts sehen.
„Einer muss runter und nachsehen, was dort los ist!“, befahl ihr Kommandant.
Ich nutzte diese Aufregung, da keiner zu mir schaute, um mich in die nahen Büsche wegzurollen und zu fliehen. Das Gewehrfeuer peitschte inzwischen sehr nahe und Granaten explodierten in einiger Entfernung. Schreie und Gebrüll gingen hin und her. Chaos machte sich breit.
„Sergej, was ist los?“, riefen die nervösen Rotgardisten immer wieder frustriert in den Schlund der Dunkelheit. Sie ahnten, dass etwas nicht stimmte.
„Ich glaube das einfach nicht! Geht denn heute alles schief?“ Jurowski war außer Rand und Band.
Sie ließen einen weiteren Mann zum Nachsehen hinunter. Ich kroch eilig in die Richtung der Gefechte, kam aber nicht weit. Das Gewehrfeuer war zu heftig. In einer Mulde versteckte ich meinen geschundenen Körper unter Erde und Laub. Durch das gute Gehör konnte ich noch immer das entfernte Gespräch verfolgen.
Der im Loch angekommene Mordscherge schrie entsetzt herauf.
„Jemand hat Sergej den ganzen Hals zerfetzt! Vielleicht lebt ein Bär hier unten!“
Ängstliches Schweigen breitete sich aus.
Den Männern war die Entwicklung nicht geheuer.
„Mach schnell, bind einfach eine weitere Leiche fest und pass gut auf!“, befahl sein Anführer.
Sie zogen wieder jemanden aus meiner Familie hoch.
„Wo ist die Dritte?“, hörte ich die Männer verdutzt rufen.
„Das ist Hexerei!“, rief einer. „Mir war schon die ganze Zeit komisch zumute.“
Sie machten aus Angst vor Jurowski trotzdem weiter. Neue Geschosse pfiffen durch die Luft, ebenso explodierten weitere Granaten. Die Front brach auf, immer mehr Rotgardisten flohen.
„Weg hier! Schnell, uns bleibt keine Zeit! Die anderen beiden müssen wir später holen!“
Sie zogen ihren Mann aus der Grube heraus. Eilig fuhren sie davon. Ich war für den Moment entkommen, doch längst noch nicht in Sicherheit.
Die Gefechte fanden in unmittelbarer Nähe statt. Soldaten huschten durch den Wald und das Gebüsch. Ich konnte kaum sehen, da das Morgenlicht in meine Augen stach.
Wie sollte ich mich verhalten, wenn ich auf die Unsrigen traf? Was würden sie zu einer vollkommen nackten Person sagen?
Vorerst musste ich abwarten und meine Situation durchdenken. Es gab so viele Fragen.
Doch meine Rache würde ich nie vergessen.
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