Ralf Johannes Radlanski - Die Männerfreundschaft mit meinem Pferd Poseidon

Wir sind auf den Wegen zwischen den Weiden geritten, Poseidon und ich, und Miriam und Cornelius. Auf dem Dressurplatz hat mir Poseidon auch noch gezeigt, welche Dressurübungen er beherrscht – da sind einige aus der M-Klasse{2} dabei gewesen. Er ging so schön travers und er machte ganz leicht Galoppwechsel.

Es war ein sehr sonniger Sommertag und wir haben die Reitstunde beendet, bevor es in der Sonne zu anstrengend für alle wurde. Poseidon stellte sich hinter mich und hatte seinen Kopf auf meiner linken Schulter abgelegt. Er zeigte deutlich, dass er mich mochte.

Da fragte mich Miriam, ob ich ihn geschenkt haben möchte. Ich war sehr überrascht – warum bekomme ich ein Pferd geschenkt?

Sie hat mir erklärt, dass sie als junge erwachsene Frau nun auch mal eine zeitlang ins Ausland gehen möchte und es muss für Poseidon gesorgt werden. Der Unterhalt eines Pferdes ist sehr zeit- und kostenaufwendig und da sie weiß, wie sehr ich Pferde mag und da sie nun gesehen hatte, wie gut ich mit Poseidon umgehe und wie sehr er sich auf mich eingestellt hat, ist sie nun überzeugt, dass es gut wäre, wenn ich mich ab jetzt um Poseidon kümmern würde.

Mit diesem Angebot hatte nicht gerechnet, aber es zeigte sich schnell, dass es eigentlich eine kluge Idee war: Ein Pferd – jedenfalls nicht Poseidon – kann man nicht so einfach verkaufen oder weggeben. Wenn ich ab jetzt für ihn sorge, also für die Kosten im Stall aufkomme und ihn regelmäßig reite, kann Miriam ihn, wann immer sie will, natürlich auch weiterhin reiten. So hat jeder etwas davon und Poseidon geht es weiterhin gut.

Wenn man ein Pferd neu bekommt, ist es erstmal ratsam, einige Stunden Unterricht zu nehmen. Es gibt so viele Dinge, die ein neutraler Reitlehrer von unten viel besser sehen und beurteilen kann, als wenn man selbst als Reiter auf dem Pferd sitzt.

Vor dem Unterricht muss man sich und vor allem das Pferd erstmal warmreiten. Bei uns auf dem Gestüt ist eine riesengroße Reithalle vorhanden. Damit man es sich vorstellen kann: Die Halle ist eingerahmt von fünfzig Pferdeställen, also 25 auf jeder langen Seite. Da kann man auch mal Schwung aufnehmen um im Galopp diagonal durch die Halle rasen, nicht nur enge Zirkel, auf denen man sowieso nicht so richtig ins Tempo kommt.

Poseidon ist ein Pferd, das zu Beginn aber nicht vor Temperament sprüht. Er ist eher bedächtig. Das dient ja auch der Sicherheit. Die ersten Runden im Schritt zum Warmreiten sind wirklich langsam, gelebte Zeitlupe. Nach einer halben Stunde Schritttempo, das ist nötig, damit die Gelenke Zeit haben, genug Schmiere in den Gelenkspalten abzusondern, kann man auch schon mal antraben.

Das hat er auf die dafür richtige Hilfe hin auch sofort gemacht. Nur eben, wieder in Zeitlupe. Wie kann man nur so langsam traben? Nach einigen Runden Trab habe ich ihn dann auch mal um Galopp gebeten. Das hat er auch gemacht, aber wieder kam mir das so langsam vor.

Als die Reitlehrerin Heike rein kam, hörte ich sie irgendetwas sagen, wie dass das ja schon ganz gut klappt mit uns beiden und flott zur Sache geht. Na ja, mein Blick ging nach oben, wohl eher als eine Geste der Hilflosigkeit, weil es ja doch so nur Zeitlupe war. Aber da sah ich die Deckenbalken über uns vorbeiflitzen. Poseidon war objektiv, gemessen an den Deckenbalken, doch ziemlich schnell unterwegs. Erst da wurde mir klar, wie groß er ist und zu welcher Schrittlänge er fähig ist. Bisher hatte ich deutlich kleinere Pferde geritten – und zu Poseidon war das nun ein riesengroßer Unterschied.

Da hatte ich nun ein sehr großes Pferd mit ausgreifendem, großem ruhigen Schritt, wirklich richtig gut!

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