1 ...6 7 8 10 11 12 ...19 Und so fragte ich sie:
"Wo sind denn die Heiligen des Himmels? Ist denn niemand mehr außer euch da? Muss ich wahrhaftig mit euch zusammen leben?"
Sie bestätigten es mir und sagten, ich müsste doch noch Verschiedenes wieder gut machen, genau wie sie. Ich müsste jetzt einmal versuchen, harmonisch mit ihnen zusammen zu leben. Ich erwiderte, dass ich nichts anderes gewohnt sei, als harmonisch zu leben. Es fiel mir aber auf, dass sie mich jetzt halb abweisend, halb fragend ansahen, und dann blickten sie sich wieder an. Nun fragte ich sie, ob man denn hier im Himmelreich nicht beten würde, ob es nicht notwendiger sei, im Himmelreich zu beten, denn ich könnte mir nicht vorstellen, dass es im Himmelreich notwendig sei zu arbeiten. Ich gab meiner Enttäuschung darüber Ausdruck, dass man nicht gleich zuerst mit mir gebetet hätte. Sie schauten einander nur an, und dann erhob sich der Bruder, der mich empfangen und begrüßt hatte, und sprach:
„Freilich, wir beten auch. Wir müssen aber hier beten und arbeiten. Nun forderte ich sie auf, sie möchten sich zum Gebete erheben, und sie kamen auch meiner Bitte nach und standen mit mir auf zum Gebet, denn wir saßen vorher zusammen. Ich hatte das Gebet gesprochen, wie ich es zu Lebzeiten gewohnt war. Dann bat ich sie niederzuknien, und sie taten es auch. Es entging mir aber nicht, welche Blicke sie untereinander austauschten. Als ich mich erhob, erhoben sich auch die anderen und sagten, es wäre nun Zeit, zu arbeiten. Ich sollte mitkommen und man würde mich dann in die Arbeit einführen. Ich wollte und konnte es aber nicht verstehen, dass man im Himmel arbeiten sollte. Ich war überzeugt, dass sie sich alle falsch verhielten, und ich erwiderte, dass ich sie nicht zur Arbeit begleiten werde, sondern hier im Hause bleibe und bete. Ich würde auch für sie beten, dass Gott ihnen ihre Sünden vergebe. Aber wieder sah ich, wie sie sich nur fragend ansahen. Das wollte ich nicht verstehen, denn ich war der Auffassung, dass man im Himmel vorwiegend bete. Denn mein Wunsch war, so schnell wie möglich zu den Heiligen des Himmels zu kommen. Dafür schien mir nur das Gebet der richtige Weg zu sein.
Und nun fing ich erneut an zu beten, bis die anderen wieder von der Arbeit zurückkehrten. Dann forderte ich sie wieder auf, mit mir zu beten. Sie aber weigerten sich, und sagten, dass sie nur bereit wären zu beten, wenn ein hoher Geist, ein Engelwesen zu ihnen käme und sie zum Gebet aufforderte. Denn hier in der Gotteswelt müsse das Leben selbst einem Gebet gleichkommen. Man belehrte mich also, dass die Nächstenliebe, das Wohlwollen und Verständnis hier so viel wie ein Gebet sei. Mir wollte das nicht in den Kopf gehen, und ich wollte es auch nicht verstehen. Nun sagten sie, ich könnte allein beten, wie ich es gewohnt sei, sie aber würden tun, was ihnen beliebe. Da fing ich an zu räsonieren und sagte ihnen, dass sie selbst schuld wären, dass sie noch nicht bei den Heiligen des Himmels wären, weil sie es unterließen zu beten.
Nun forderten sie mich auf, ich möchte doch dieses Haus um des Friedens willen verlassen. Ich könnte außerhalb des Hauses genau so beten, und dabei würde ich ihren Frieden nicht mehr stören. Sie seien daran gewöhnt, in Frieden zusammen zu leben, und niemand von der Geisterwelt hätte sich bis jetzt daran gestört, noch seien sie je getadelt worden.
Nun, da sie mich aufgefordert hatten, das Haus zu verlassen, wollte ich nicht länger bleiben. Denn ich betrachtete die anderen als ungehorsame und ungläubige Geschwister. Sie wollten nicht einmal im Himmelreich beten. Darüber gab ich mein Entsetzen zum Ausdruck.
So verließ ich das Haus und begab mich damit in die Freiheit. Außerhalb des Hauses wanderten noch viele Geistgeschwister umher. Ich kam da und dort mit ihnen ins Gespräch, und diese waren sehr merkwürdig. So fragte ich zuerst jeden nach seinem Glaubensbekenntnis und ob er bete. Die einen bejahten, dass sie beteten, die anderen, verneinten es. Also wollte ich weder mit den einen noch mit den anderen etwas zu tun haben. Ich wollte meinen eigenen Weg gehen, denn ich musste einsehen, dass jene, denen ich begegnete, alle eine festgefasste Meinung hatten, und sich von ihren Vorsätzen und Meinungen nicht abbringen ließen.
Nun hatte ich, da ich ja noch nicht lange in der Geisteswelt war, den Wunsch, wieder zu den Menschen heimzukehren. Ich fühlte mich zu ihnen hingezogen. Da ich in dieser neuen Welt nicht die Frömmigkeit fand; wie ich sie mir vorgestellt hatte, und mir der Weg zu den Heiligen versperrt blieb, wünschte ich nur wieder zu den Menschen zurückzukehren. Es gab genug Menschen, die meine Frömmigkeit mit mir teilten und so beteten wie ich. Also wollte ich jetzt einfach die Menschen aufsuchen. Und sonderbarerweise hatte ich diesen Weg zu ihnen so leicht gefunden, denn es zog mich, wie durch einen Magneten direkt wieder zu den Menschen auf Erden; und genau dahin, wo ich gelebt hatte. Ich betrat auch wieder mein Haus auf Erden, musste aber gleich feststellen, dass hier verschiedene Änderungen vorgenommen worden waren. Ich war damit gar nicht zufrieden. Auch stellte ich fest, dass es um mich überall herum noch viele andere Geistgeschwister gab, die alle auf der Suche nach etwas Besserem waren. So kam ich manchmal mit dem und jenem ins Gespräch, aber keiner konnte mir die Antwort geben, die ich gerne gehört hätte. Die einen waren teilnahmslos, die anderen tadelten mich, wieder andere sandten mich dahin zurück, woher ich gekommen war; weitere sagten, sie möchten mit mir überhaupt nichts zu tun haben. Ich hatte den Eindruck, dass sie alle auf dem falschen Weg seien, dass sie zu wenig strebsam waren und sich nicht auf Gott ausrichten würden.
Nun begegnete ich einem Menschen, dem ich jetzt einmal zu folgen beabsichtigte. Ich wollte einmal sein Tagewerk sehen, und da mir auffiel, wie viele Geistgeschwister auch sonst die Menschen begleiteten, und Interesse an ihnen nahmen, wollte ich es ihnen gleich tun.
Ich ging also diesem Menschen nach, um ihn zu beobachten. Nun war ich aber nicht das einzige Wesen, das bereit war, diesen Menschen zu begleiten. Wohin diese verschiedenen anderen gehörten davon hatte ich keine Ahnung. Ich kannte dazumal diese Geister noch nicht. Zwei solcher Wesen beobachtete ich, die sich für einen Menschen besonders interessierten und nicht von ihm wichen. Diese beiden Wesen waren ganz einfach gekleidet. Ich hatte den Eindruck, dass sie wie Menschen oder ähnlich angezogen waren. Besonderes konnte ich an ihnen nicht feststellen. Also folgte ich ihnen. Aber diese beiden hatten auch mich beobachtet. Sie mussten ja sehen, dass ich auch diesem Menschenbruder nachlief. Sie ließen es geschehen, hatten jedoch manchmal einen Blick auf mich geworfen, aber sie sprachen anfangs kein Wort zu mir. Nun, wo ich diesen Bruder hingehen sah, begleite ich ihn stets mit Gebet. Ich hatte um seinen Schutz gebetet. Fortwährend tat ich das für ihn, und so nahm ich denn auch an, dass auch dieser Bruder beten würde. Ich hatte ihn nur eine kurze Zeit begleitet, dann machte ich folgende Beobachtung:
Diese beiden, an denen ich nichts Besonderes feststellen konnte, fingen auch an zu beten. Und so schien es mir, endlich die richtige Gesellschaft gefunden zu haben, die doch auch zu Gott betete. Ich beobachte aber den Bruder bei seinem Tun und musste bald feststellen, dass dieses eine Sünde war. Ich hatte für ihn wieder gebetet, und die beiden anderen folgten meinem Beispiel. Ich stellte aber auch noch fest, dass in einem größeren Abstand hinter mir ein großes, schlankes Wesen stand.
Ich konnte es nicht genau betrachten, denn es war zu weit von mir entfernt. Die beiden anderen waren mir viel näher, ich konnte sie besser beobachten. Nun hatte ich das Wort ergriffen und mich an die beiden gewandt:
"Wie ist es möglich, dass dieser Bruder eine sündhafte Handlung begehen kann, während wir für ihn beteten?"
Читать дальше