Karin überlegte einen Augenblick und erzählte mir von einem Minenausgang am Berg, an dem ihre kleine Schwester Lola Harald, Bill und Benno entdeckte. Die Jungen hatten uns später erzählt, dass auf der anderen Seite unseres Berges der Stolleneingang beginnt, welcher dann auf dem Grundstück der Viktorys endet.
,,Von dort aus holen wir sie ab“, sagte ich freudig zu ihr.
Ich machte mich an die Arbeit und fand einen Tag im September 2090, wo Karins Mutter sich zu dieser Stelle begeben sollte. Sie verfasste nun noch einmal einen Brief, in dem sie ihr mitteilte, dass sie sie an diesem bestimmten Tag am Ende des Stolleneingangs hinter ihrem Berg treffen will, und ich suchte den exakten Zeitpunkt aus, an dem wir ihr die Nachricht zukommen lassen wollten, nur dass Karin, nicht auf sie wartet, sondern dort das Portal erscheint.
Mal wieder machten wir die gleiche Prozedur wie das letzte Mal mit der Schublade, wo Anna Viktory den 2. Brief von ihrer Tochter vorfand. Sie öffnete, las ihn und freute sich auf das Treffen am 23. September 2090 um 11 Uhr, und auch diesmal erzählte sie keinem etwas davon.
Wir waren müde geworden, und da es schon spät war, schalteten wir alles aus und machten noch draußen in der Natur einen ausgedehnten Spaziergang zu Dritt. Es war eine herrliche kühle Nacht und Karin berichtete meiner Mutter von dem ereignisreichen Tag, und dass wir versuchen wollen, morgen ihre Mutter von 2090 nach 2014 auf die Insel Teneriffa zu holen. Sie wünschte uns viel Erfolg dabei und freute sich schon auf diese Begegnung.
Am nächsten Morgen nach dem Frühstück gingen wir voller Vorfreude an die Arbeit. Nachdem ich den Raum & Zeit Converter wieder einschaltete und auf den 23. September 2090 um 10.30 Uhr auf das Haus der Viktorys gerichtet hatte, warteten wir ab, was wohl nun geschehen würde.
Wir erblickten Anna Viktory nervös im Haus herumlaufen, aber sonst war niemand dort anwesend, weil außen der Rest der Familie bei der Arbeit an den Weinstöcken beschäftigt war. Dann schauten wir wie Karins Mutter allein den Minenausgang betrat, ihn durchquerte und den langen Schacht entlangschritt. In dem Moment schaltete ich das Portal ein. Anna Viktory sah am Ende des Stolleneingangs nicht Karin sondern das gelbe Portal.
Sie stutzte, denn sie hatte Karin erwartet und rief ängstlich nach ihrer Tochter:
,,Karin, wo bist du, was bedeutet das gelbe Objekt hier?“
,,Maman, ich bin hier, folge meiner Stimme und habe keine Angst, durch das gelbe Portal zu gehen, rief Karin aufgeregt ihrer Mutter auf französisch zu.“
Anna Viktory folgte der Bitte ihrer Tochter und ging wie hypnotisiert hindurch, und im nächsten Augenblick war sie schon bei uns.
Vor Schreck versagte ihre Stimme, und ich merkte, dass sie mit sich kämpfte und sich dauernd an den Kopf fasste, denn das Portal war noch immer offen.
Karin fasste zu erst die Initiative und warf sich ihrer Mutter in die Arme. Beide schluchzten vor Freude, aber danach löste Anna sich abrupt aus der Umarmung ihrer Tochter und machte ihr wegen der Flucht vor der Impf-plantierung sofort heftige Vorwürfe.
In dem Augenblick schaltete ich das Portal aus und merkte sofort, dass Anna plötzlich ihren Vorwurf abbrach und augenblicklich klar im Kopf wurde.
Dann nahm auch sie mich wahr und fragte:
,,Wo bin ich hier und was ist gerade passiert?“
Selbst Karin war über den plötzlichen Wandel ihrer Mutter überrascht. Da ich die französischen Worte nicht verstand, bat ich Karin, ihrer Mutter den Übersetzer aufzusetzen und mir dann zu berichten, was sie gesprochen hat, und danach begann dann endlich unsere Begrüßung:
,,Willkommen auf Teneriffa im Jahr 2014, Madam Viktory, ich bin der Freund ihrer Tochter und sie sind durch diesen Raum & Zeit Converter von ihrer Zeit in die unsere gelangt und das selbe ist Karin am 4. July passiert. Und noch etwas Erfreuliches kann ich erwähnen, hier gibt es keine dreifüßigen Ungeheuer noch Impf-plantierung. Als ich vor einigen Minuten das Portal abschaltete, bemerkte ich, dass das runde Silbergefecht bei ihnen hier ihre Wirkung verloren hatte.“
Total sprachlos, musste Anna Viktory diese Informationen erst einmal verdauen.
Sie setzte sich auf den Stuhl, bat um ein Glas Wasser und sprach:
,,Mir ist so ganz anders im Kopf seit das Portal geschlossen ist, und ich kann ab jetzt alles deutlicher begreifen und fange langsam an, die Situation hier zu verstehen und bekomme dadurch von allem hier einen ganz neuen Eindruck, das hatte ich seit meiner Impf-plantierung nicht mehr. Obwohl ich eine Art Landstreicherin bin und mein rundes Silbergefecht nicht fest genug sitzt, stand ich bei uns immer nur teilweise unter dem Einfluss der dreifüßigen Ungeheuer. Hier bin ich ganz frei und schäme mich für das was ich Jenny durch die Prozedur der Plantierung antat und Karin antun wollte. Ich bin ganz froh darüber, dass sie durch ihre Flucht hier bei ihnen angekommen ist.“
Glücklich vereint gingen Mutter und Tochter Hand in Hand von unten nach oben, wo sie meine Mutter schon erwartete und herzlich begrüßte. Ich folgte den beiden und war zufrieden über das was uns heute gelungen war.
Beide Frauen waren sich auf Anhieb sympathisch, und Anna bedankte sich bei meiner Mutter und mir, dass wir ihre Tochter sofort bedingungslos aufgenommen hatten. Da das Mittagessen schon zubereitet war, setzten wir uns gemeinsam an den Tisch, und während wir aßen, besprachen wir dabei den weiteren Verlauf. Karin bat ihre Maman ein paar Tage bei uns bleiben und schaute meine Mutter und mich dabei bittend an. Wir gewährten ihr diese Bitte, denn für uns ist die die Gastfreundschaft in diesem besonderen Fall natürlich etwas Selbstverständliches.
Anna schaute plötzlich auf unsere Wanduhr und meinte:
,,Du liebe Zeit, dein Vater und deine Geschwister warten auf das Mittagessen, und ich habe noch gar nichts vorbereitet. Sie wollte gerade aufstehen, aber Karin, die neben ihr saß, hielt sie am Arm fest.
Ich hatte alles beobachtet, lächelte und sagte zu ihr:
,,Madam Viktory, sie bringen die Zeit durcheinander, heute am 20. July 2014 ist es bei uns jetzt hier Mittag, und nicht Mittag den 23. September 2090. Sie müssen sich erst einmal an die Zeitverschiebung gewöhnen, bleiben sie ruhig noch eine Weile hier.
1. Karin sehnt sich nach Monaten der Trennung, endlich ihre Mutter wieder bei sich zu haben.
2. Wir müssen einen Weg finden, um ihr rundes Silbergeflecht zu neutralisieren, und ich meine, lernen sie doch erst einmal unsere schöne Welt ohne Einfluss der dreifüßigen Ungeheuer kennen. Danach werde ich sie dann 5.Minuten nach 11 Uhr ihrer Zeit in ihrem Haus wieder absetzen, als wären sie nie fortgewesen.“
Anna bedankte sich für diese Erklärung und bat mich, sie zu duzen und Anna oder Maman zu sagen. Ebenso bat sie auch meiner Mutter das Du an und alle waren einverstanden.
Danach führten wir sie weiter durch das Haus und zeigten ihr das Gästezimmer. Sie war von allem Schönen hier so angetan und begeistert, dass sie an sich hinunter schaute und sich für ihr einfaches Aussehen entschuldigte. Karin hatte Verständnis dafür, kam sie doch vor einiger Zeit selbst hier so ärmlich an. Daraufhin nahm sie ihre Mutter liebevoll in den Arm und streichelte ihre Wangen mit den Worten:
,,Liebste Maman, du brauchst dich vor uns nicht zu schämen. Ganz in der Nähe gibt es einen hübschen Secondhand Laden, und dort werden wir bestimmt etwas Passendes für dich finden, und anschließend zeige ich dir das nahe gelegene Meer“
Über diese liebevolle Art ihrer Tochter war Anna verwundert und fragte sich, ist das überhaupt meine Karin vom Jura und wie konnte sie sich so schnell verändern? Aber sie hatte gar keine Zeit weiter darüber nachzudenken, denn auf dem Weg zum Laden und zum Strand hatte sie so viele neue Eindrücke gesammelt, dass sie total verwirrt war.
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