Dort angekommen, steigt er vom Pferd, wischt sich mit einem Taschentuch über die Stirn und übergibt das Pferd Linhart, der neben der Kitting Holzstücke in kleine Scheite hackt, um sie dann entlang der Wand zu stapeln. Dann schreitet der Arzt zur Haustür, klopft an und tritt direkt ein. Als die junge Magd Anna ihn sieht, wendet sie den Blick in die Küche und ruft laut: „Der Arzt ist jetzt da!“ „Was für ein fesches Mädel! Reine Haut, feste Formen“, denkt sich der Arzt und leckt sich lüstern über die Schneidezähne. „Nicht so ein knochiges, ausgelaugtes Skelett wie die Meinige!“ Anna weist dem Arzt mit der Hand den Weg in die hintere Stube, wo Minnerl liegt. Den Arzt überkommt beinahe der Würgereflex als er eintritt und den pestilenzartigen Geruch von Schweiß, Auswurf und Exkrementen wahrnimmt. „Die hätten besser gleich den Pfarrer rufen können“, denkt der Arzt bei Minnerls Anblick und zuckt zurück als ihm ein verschrecktes Huhn entgegenflattert. Minnerl liegt apathisch und bleich, mit eingefallenen Wangen und tiefblauen Ringen unter den Augen auf der Pritsche. Die Haare sind zerzaust und einige Strähnen kleben an Resten von Erbrochenem in ihren Mundwinkeln fest. „Sie kann weder essen noch trinken“, erklärt Anna, „Aber das Fieber ist zurückgegangen.“ Minnerl öffnet schwach die Augen und betrachtet den Arzt mit leerem Blick. „Ich habe drei Kinder“, sagt sie mit leiser, trockener Stimme. Der Arzt ertastet ihren Puls und zieht eine Hautfalte am Handrücken nach oben, die so stehen bleibt. Ihre Haut ist immer noch heiß. „Sie braucht dringend Flüssigkeit“, sagt der Arzt. „Flößen Sie ihr kontinuierlich, Tag und Nacht, löffelweise und in Abständen von 10 Minuten Wasser ein!“ Er will dies der Magd demonstrieren, doch der Wasserkrug neben dem Bett ist leer. „Oh, ich muss schnell welches vom Bach holen“, ruft Anna verschämt. Der Arzt hält sie zurück und nutzt die Gelegenheit, seine Hand auf Annas Knie zu legen. Dann tätschelt er ihren Oberschenkel. „Lass nur, Mädel“, sagt er gnädig und füllt den Wasserkrug neben Minnerls Bett mit dem Wasser aus seinem Trinkhorn voll. Der Arzt möchte die Begegnung mit der Magd intensivieren. Schweißperlen bilden sich aus seiner Stirn, so aufgeregt ist er. In seinem Körper wallt die Lust nach der hübschen Magd. Den Gestank der Kranken hat er längst vergessen. Anna läuft rot an, die Berührung von dem dicken, unattraktiven Arzt ist ihr unangenehm. „Da kommen gottseidank die Kinder“, denkt sie erleichtert als sich Hans, Lieserl und Kathi im Türrahmen aufstellen. Der Arzt schrickt auf und Anna kann rasch ihr Bein unter der Hand des Arztes wegziehen. „Solche depperten Bangert!“, denkt er verärgert und legt die Stirn in Falten. Er fühlt sich ertappt. Dahinter kommt auch noch der Bauer angelaufen! Der Arzt steht auf und geht auf ihn zu. „Ich habe die Magd in der Pflege Ihrer Frau instruiert. Ich komme in drei Tagen wieder, um nach der Kranken zu sehen“, sagt er knapp zum Bauern. Er reicht ihm zum Gruß kurz die Hand und schwingt sich dann sogleich auf sein Pferd, das der Knecht an einem Pfahl angebunden hat. Peinlich berührt und mit heiß-rotem Kopf reitet er vom Hof.
Zügig treibt er sein Pferd entlang des befestigten Moorwegs. „Schnell weg hier!“, fällt ihm sein Unfall wieder ein. In seinem Kopf rumort es. Die Vorkommnisse des Tages verwirren ihn. Ihm fällt ein, dass er vor Aufregung vergessen hat ein Honorar vom Bauern zu nehmen. Hat ihm doch die Magd derart den Kopf verdreht. „So muss ich auf jeden Fall wiederkommen“, denkt er und ein Lächeln huscht über sein Gesicht, wenn er sich insgeheim schon das nächste Treffen mit der jungen Magd ausmalt. Als er in Gedanken versunken den Feldweg in Oberschützen entlangreitet, meldet sich sein Magen mit einem lauten Knurren zu Wort. Da fällt ihm auch wieder ein wie hungrig er ist und er jagt seinen Rappen in zügigen Galopp in Richtung Oberwart.
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