Rohan de Rijk
Schnee am Strand
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Inhaltsverzeichnis
Titel Rohan de Rijk Schnee am Strand Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Kapitel 71
Impressum neobooks
Schnee am Strand
Rohan de Rijk
Die Sonne brach durch die Vorhänge wie ein goldenes Lichtschwert. Wie oft sie dies in den vergangenen Jahren getan hatte, konnte man am verblichenen Stoff erkennen. Das Licht hatte die Moleküle gesprengt, bis von der eigentlichen Farbe nur noch ein bleiches skelettiertes Fragment übrig geblieben war.
Ashley Rutherford wälzte sich unruhig hin und her. Die Helligkeit ließ den Melatoninspiegel in ihrem Blut sinken und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sie erwachen würde.
Ein harter, stakkatoartiger Rhythmus fraß sich durch ihre Gehörgänge und riss sie endgültig aus dem Schlaf. Das Licht der Sonne blendete Ashley und multiplizierte den hämmernden Kopfschmerz. Sie schützte ihre Augen mit einem Teil der Handfläche und langsam konnte sie die Konturen des Zimmers erkennen.
Fallbeilartig wurde eine Kreditkarte auf einen kleinen Haufen weißen Pulvers geschlagen.
Das Geräusch, dachte Ashley.
Die körnige Substanz zerbrach zu Staub und regnete im Schein der Sonne herunter.
Das Zimmer war ihr fremd und ihrem Hirn fehlten Stunden, die ihr erklären konnten, wie sie hierher gelangt war. Das Geräusch war verstummt und von einem Saugen und Schniefen abgelöst worden. Ein Haarschopf beugte sich über den Tisch und zog sich die weiße Substanz in die Nase.
Die Person, die sich eben noch über den Tisch gebeugt hatte, ließ sich rückwärts in den Sessel fallen. Spuren der weißen Substanz klebten noch an der Nase und an einer unrasierten Stelle über den vollen, geschwungenen Lippen.
»Damian«, Ashleys Stimme war lauter, als es ihr lieb war, und sofort schoss ein heftiger Schmerz durch ihren Kopf.
Damian McLoy wische sich das weiße Pulver von der Nase und sah Ashley erstaunt an.
»Ashley, endlich von den Toten auferstanden«, sagte er.
»Wo sind wir?«
»In irgendeiner miesen Absteige außerhalb der Stadt«, antwortete Damian. Seine Stimme klang schon ein wenig verwaschen. Die Drogen fingen an zu wirken.
»Wie sind wir hierher gekommen, ich habe das Gefühl, dass mir verdammt viele Stunden fehlen.«
Ashley ließ sich wieder in die Horizontale sinken. Mit ihr wanderte die Hoffnungslosigkeit dieser billigen Absteige in eine um 90 Grad gedrehte Position, ohne die Trostlosigkeit des Zimmers aufzuweichen. Ashley schloss die Augen und der hämmernde Schmerz hinter ihrer Schädeldecke ließ ein wenig nach.
»Filmriss«, antwortete Damian.
Die Minuten vergingen, ohne dass einer der beiden ein Wort sprach. Nur in der Ferne waren die Geräusche einer viel befahrenen Landstraße zu hören.
Trotz der Schmerzen zermarterte sich Ashley den Kopf, um den letzten Stunden wieder Leben einzuhauchen. Die geschmückte Aula, Damian in einem übertrieben komischen Anzug und Musik von einer grottenschlechten Band:
Abschlussball.
Danach versank ihr Leben in einer grauen Masse.
Ashley setzte sich auf und ignorierte den sofort einsetzenden Schmerz. Sie suchte den Boden nach ihrem Rucksack ab. Sie brauchte Aspirin. Viel Aspirin. Ashley fand den Rucksack unter dem mit Dosen und schalen Pfützen Bier übersäten Tisch.
Sie schüttete den Rucksack aus und kramte unter Make-up, Mobiltelefon und einigen Tampons nach dem Aspirin. Als sie die Tabletten fand, drückte sie sich vier Stück aus der Blister-Verpackung in ihre Hand, warf sie in den Mund und spülte das Medikament mit einem Schluck Bier aus einer Dose Budweiser, die auf dem Tisch stand, herunter.
Mit einem unterdrückten Rülpser versuchten die Tabletten und der übersäuerte Mageninhalt wieder nach oben zu kommen. Ashley atmete zweimal tief durch und schluckte das Konglomerat aus Pharmazie und Magensäure wieder herunter.
Damian saß im Sessel und schaute Ashley mit großen Pupillen an, sagte aber nichts.
Ashley hatte sich wieder auf das verschlissene Sofa gelegt und wartete darauf, dass das Aspirin ihr die Kopfschmerzen nahm.
Die Bilder kamen in Bruchstücken zurück. Ein Kleid, ihr Kleid. Feuer. Drogen und Alkohol. Aber Ashley schaffte es nicht, sie in eine vernünftige Reihenfolge zu bringen. Ashley öffnete die Augen und schaute zu Damian hinüber.
Die Kopfschmerzen klangen langsam ab und Ashley konnte es wagen, sich wieder in die Vertikale zu begeben.
In diesem Moment beugte sich Damian nach vorne, schüttete ein wenig weißes Pulver aus einem Papierbriefchen auf einen kleinen Spiegel und zerhackte dieses mit der Kreditkarte. Als er fertig war, zog er zwei gleichmäßige Linien, rollte einen Fünf-Dollarschein zu einem Röhrchen und reichte Ashley den Spiegel über den Tisch.
Der Stoff rieb wie grober Sand über die Schleimhaut, brannte ein wenig, um dann zu betäuben. Ashley Rutherford legte den zusammengerollten Dollarschein beiseite und ließ sich, genau wie Damian es getan hatte, tief in das Sofa sinken.
Der Kick kam. Er kam auf den sanften Pfoten eines Rausches heran, so dass man ihn nur langsam bemerkte. Er schlich sich in den Geist und zog ihn in seinen Bann. Die Welt um Ashley herum schien sich zu verlangsamen. Alles hatte eine Bedeutung, neue Perspektiven eröffneten sich und flossen mit altbekannten zusammen, vermischten sich und waren im selben Moment wieder uninteressant, weil der Geist eine neue Fährte entdeckte, an der er sich entlanghangeln konnte.
»Verdammt guter Stoff«, murmelte sie.
»Speed.«
Ashley hob den Kopf. Damian McLoy saß entrückt in dem alten, zerschlissenen Sessel. Das gefärbte Sonnenlicht umspielte seine braunen Haare und ließ es wie flüssige Schokolade glänzen.
»Speed?«
Das Wort fühlte sich komisch in Ashleys Mund an. Sie wiederholte es noch ein paar Mal. Leise, so dass Damian sie nicht hören konnte. Jedes Mal hatte es einen anderen Geschmack und einen anderen Klang.
»Woher hast du das Speed?«, jetzt musste Ashley anfangen zu lachen. Laut klang das Wort wie Kaugummi, das sich als Blase zäh über das billige Motelzimmer spannte.
»Von meinem Vater. Geklaut.« Damian saß noch immer mit geschlossenen Augen im Sessel. Hätte Ashley nicht gerade die Worte aus seinem Mund vernommen, wäre sie fest davon überzeugt gewesen, dass er schlief.
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