Immer mehr und mehr.
Der Oberst kam herunter.
»Jetzt legen sie Feuer an!« Er sah nach der Spritze und deren Schlauch.
Diese war so aufgestellt, daß die sie bedienenden Leute vor Kugeln von außen geschützt waren.
»Komm an die Spritze, mein Sohn,« rief der Oberst Michael zu, »wirst gleich zu tun bekommen.«
Michael gehorchte schnell.
»Doch wo bringen wir den Schlauch an? Ihn hier zur Schießscharte hinauslegen, ist gefährlich, dennoch müssen wir es versuchen auf die Gefahr hin, daß er uns entzwei geschossen wird.«
Er rief leise hinauf, daß alle Büchsen auf die Schießscharten in der feindlichen Wand gerichtet werden sollten.
Nach den bitteren Erfahrungen, welche man jenseits derselben gemacht hatte, schien man auch dort es mit großer Bedachtsamkeit zu vermeiden, Körperteile dem feindlichen Feuer auszusetzen.
Unaufhörlich flogen Späne und Holzstücke über die Wand herüber und bildeten bereits einen stattlichen Haufen am Sergeantenhause.
Jetzt folgte ein lodernder Feuerbrand.
»Wasser, Michael!«
Dieser setzte den Schwengel in Bewegung.
Kühn sich aussetzend, richtete der Oberst den Schlauch. Das Feuer zischte und erlosch. Andre Brände folgten, zwei, drei. Mit Geschick richtete der Oberst den Strahl auf sie und tilgte den beginnenden Brand.
Nach diesem mißglückten Versuche verging einige Zeit, während welcher der Feind kein Lebenszeichen von sich gab, und schon glaubten die Belagerten, es sei aufgegeben worden, mit Feuer gegen sie vorzugehen, als auf einer andern Seite der Angriff in gleicher Art begann.
Hinter der Wand der Kaserne hervor wurden jetzt in reicher Zahl Holzstücke und Splitter an die Seitenwand des Blockhauses [288] geworfen, während man in der Front fortfuhr, Holz und Feuerbrände über die künstliche Balkenwand zu schleudern. Nachdem an der Seite genügend Holz vorhanden schien, folgten auch hier brennende Scheite, welche den Haufen bald in Brand setzten.
Die Spritze konnte nicht an zwei Stellen ihre Tätigkeit üben.
Die Axt war unsichtbar wieder in Tätigkeit, um aller Wahrscheinlichkeit nach Nahrung für das Feuer herbeizuschaffen.
Die Spritze war bereits geleert und mußte aus den Tonnen wieder gefüllt werden.
Oberst Schuyler leitete den Schlauch nach der Seitenwand und versuchte das Feuer zu löschen, indessen alle andern die Schießscharten im Auge behielten.
Während die Spritze zur Seite des Hauses ihre Tätigkeit entfaltete, flogen immer mehr glühende und brennende Holzscheite an die Front des Hauses, sie zündeten endlich auch hier an und verbreiteten bei der Feuchtigkeit der dort liegenden Holzstücke starken Rauch.
Bald zuckten die Flammen auf, welche den Rauch jedoch nicht minderten.
Auch an der Seite, wo das Feuer unaufhörlich mit Holzspänen, Holzstücken und Feuerbränden genährt und verstärkt wurde, entwickelte sich Rauch unter dem Einfluß der Spritze, die dennoch nicht im stande war, die Glut zu löschen.
Bereits begann der Qualm die im oberen Stock Befindlichen zu belästigen.
Bei alledem herrschte im Fort eine unheimliche Stille.
Schon erschwerte auch der Rauch das Zielen durch die Schießscharten.
Michael nahm, während Heinrich die Spritze bediente, einen Eimer und goß Wasser durch die Oeffnungen im untern Raume, was nur den Erfolg hatte, daß der Rauch dunkler und stärker wurde.
Der Oberst rief Johnson herunter und bat ihn, den Schlauch zu führen, und begab sich hinauf.
Das Atmen war oben bereits erschwert, während die Luft im Erdgeschoß noch erträglich war.
Der Oberst suchte Frances auf.
Sie saß wie vorher mit der alten Sumach in der Ecke des Zimmers.
Er richtete tröstende Worte an sie und blickte dann forschend um sich, das Gemach hatte eine dünne Bretterdecke, und über dieser erhob sich, spitz anlaufend, unmittelbar das Dach.
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Er rief den Konstabel an.
»Wir müssen dem Rauch einen Abzug verschaffen, Mister Weller.«
»Ganz wohl, Sir,« hustete dieser, »müssen gesegnete Luft haben oder bald an den großen Abzug denken.«
Weller nahm eine Axt und beide begaben sich hinauf bis unter das Dach.
Die Rückwand des Hauses lag dicht am Wall, und hierher hatte sich noch keiner von den Feinden getraut, sie hätten hier den Kugeln der Belagerer ohne Deckung gegenübergestanden, wenn sie nicht unter dem Schutz der Pallisaden von außen angriffen.
Weller hieb geschickt und schnell ein Loch in die Bretterlage, welche dem darunter befindlichen Zimmer als Decke diente, und öffnete eine im Dach befindliche Luke.
Dies hatte Wirkung, denn der Rauch zog augenblicklich ab.
Ein gleiches tat der Konstabel dann über dem Raum, von welchem die Verteidiger aus den Feind bekämpft hatten.
Das erleichterte das Atmen merklich. Vergeblich aber schien es, des Feuers Herr werden zu wollen, bei der Nahrung, welche ihm unaufhörlich zugeführt wurde.
Man leitete den Schlauch in den oberen Stock und versuchte es von dort aus, die sich vergrößernde Glut zu löschen; es zeigte sich, daß es von hier aus noch schwieriger war, dem Feuer beizukommen, als von unten.
Der Dampf wurde dichter und die Glut stärker.
Schon züngelten die Flammen am Hause empor, welches glücklicherweise aus so massiven Eichenbalken aufgeblockt war, daß diese sehr schwer Feuer fingen.
Die Indianer, welche das offene Tor unter den Kugeln aus dem Sergeantenhause nicht passieren konnten, hatten unter der Führung ihrer weißen Verbündeten zwei Pallisaden ausgehoben, und gelangten so in den Graben, ohne sich dem feindlichen Feuer auszusetzen.
Es war ihnen nicht entgangen, daß man dem Rauch im Sergeantenhause einen Abzug durch das Dach zu verschaffen gewußt hatte.
Einige gewandte Ottawas begaben sich im Graben dahin, wo die Rückseite des Hauses sich dem Wall näherte, erkletterten auf den Bäumen, welche sie in der Nacht herbeigeschleppt hatten, wie schon früher, die Pallisaden, bemerkten die Luke und wenige Minuten nachher sausten Feuerbrände, hinter den hölzernen Brustwehren hervorgeschleudert, auf das Dach, von denen zwei durch die Luke auf den Bretterbuden fielen, während die andern vom Dach abglitten.
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Dies wurde von den Belagerten nicht gleich bemerkt, da sie vollauf durch das Feuer draußen in Anspruch genommen waren.
In dem nach dem Wall zu gelegenen Zimmer, in welchem die Verwundeten weilten, war die Luft noch am erträglichsten, obgleich auch hier der Dunst sich bereits belästigend bemerkbar machte.
Es war ein Glück, daß der immer dichter werdende Rauch die Feinde verhinderte, Kugeln durch die Schießscharten des Hauses zu senden, was bei dem Hin- und Hergehen der Männer, wobei sie alle Vorsicht außer acht lassen mußten, leicht gefährlich werden konnte.
Die energischsten Anstrengungen, des Feuers Herr zu werden, erwiesen sich als vergeblich, und der Eingeschlossenen bemächtigte sich eine sich steigernde Verzweiflung.
»Ich fürchte, Heinrich,« sagte Graf Edgar traurig zu seinem treuen Begleiter, »ich fürchte, unsre Stunde ist gekommen.«
»Ich fürchte es auch,« entgegnete dieser und atmete schwer, fuhr aber dann mit einem Ausdruck, in welchem sich wilde Entschlossenheit mit der Verzweiflung paarte, fort: »Aber ehe wir uns in diesem Hause ersticken oder verbrennen lassen, lieber hinaus, Herr Graf, und bis zum letzten Atemzuge gekämpft.«
»So denke ich auch,« sagte dieser, »müssen wir sterben, soll es kämpfend geschehen.«
Oberst Schuyler führte Frances die Treppe herunter, oben war im Dampfe nicht mehr zu atmen.
Durch die Luke hatten noch mehr Feuerbrände ihren Weg auf den Bodenraum gefunden und diese endlich die Decke entzündet. Zwar waren die Brände wie die Dielen rasch gelöscht worden, als man die Gefahr endlich bemerkte, doch hatte gerade dies einen starken Qualm auf dem Boden verbreitet, der den Abzug von unten hinderte.
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