»Was hattet ihr in dem verwünschten Lansing zu tun?«
»Hatte Burton die Notion, würden um so eher von unsrer Spur abkommen, wenn wir in dichter besiedelte Gegenden gingen. Kennt sich dort besser aus als im Walde. Wollte es das Glück, am Cedercreek einen Mann anzutreffen, dem Burton so sauber eine Kugel in die Schläfe jagen konnte, daß er kaum ein paar Tropfen Blut vergoß. War ein Farmer aus der Gegend dort. Zogen ihn aus, Burton nahm seine Kleider und sein Taschenbuch, fanden fünfzig Dollar bei ihm, die wir teilten, und gingen dann nach Lansing. Ist der Burton ein ganzer Kerl in der Stadt. Ging ins Regierungsgebäude zum Chef des Indianerdepartements, bei Jove, tat's, um zu erkunden, wie die Sachen hier ständen. Wußten dort nichts von Bewegungen unter den Roten, war alles in schönster Ordnung. Als er dort dem Burschen aus Grovers Landing begegnet war, gaben wir sofort Fersengeld, kann euch sagen, sind nur mit Mühe durchgekommen, hat uns wirklich verraten, der Schuft. Wollen dich auch überall gerne sprechen, Morris, habe wiederholt gehört: >Aufgepaßt, Boys, die rote Hand ist wieder da.< Bist ein berühmter Mann, Morris.« Dieser nickte finster.
»Aber nun klärt mir nur einmal die Situation hier. Was ich da bis jetzt von euch vernommen habe, klingt ja merkwürdig genug. Vor allen Dingen bedaure ich die unfreundliche Haltung der Ottawas, denn wenn die wollen, können wir uns jahrelang hier herumtreiben, ehe selbst die im Fort Wind davon bekommen.«
Die beiden teilten ihm nun mit, was sie wußten und erlebt
[179] hatten, auch ihr Zusammentreffen mit Kapitän Davis vor Fort Jackson.
»Will euch sagen, Boys, kenne den Peschewa, ist ein Fuchs und ein vorsichtig abwägender Mann. Müssen da absonderliche Dinge unter den Ottawas vorgegangen sein. Denke aber auch, wenn er etwas vorgehabt hätte, sei es gegen Weiße oder Rote, würde er euern Beistand nicht verschmäht haben. Kalkuliere, habt euch schon überlegt, was zu beginnen sei, laßt mich hören, was ihr vorhabt.«
»Vor allem ist es gut, daß wir deine Büchse haben, Iltis, mit diesem alten Schießeisen ist nicht viel zu beginnen.« Man eröffnete ihm dann, daß sie beabsichtigten, nach dem Traverse-River hinüber zu wechseln, sich dort, wenn möglich, Waffen, Munition, Decken und die Dinge zu verschaffen, welche dem Waldmanne unentbehrlich sind, und dann so rasch als möglich über den Mackinam nach der nördlichen Hälfte von Michigan oder nach Kanada zu gehen.
»Hm,« sagte Iltis, »ist ein rauhes Land drüben und nicht viel zu holen. Wird aber unter sotaner Sachlage nicht viel andres übrigbleiben, müssen fort von hier, wenn die Indianer uns nicht dulden wollen. Bekommt der Befehlshaber im Fort Wind von uns, und er schickt den Ottawas einige Geschenke, fangen uns die roten Hunde ein und überliefern uns den Truppen Uncle Sams. Ohne die Freundschaft der Ottawas sind wir keinen Tag sicher.«
Morris und Tyron stimmten zu.
»Geht manchmal im Leben alles quer, Boys. Müssen's nehmen wie's kommt. Habe große Lust, hier oben einen Store zu eröffnen, bin des Herumliegens in den Wäldern überdrüssig. Kennen mich hier nicht. Wißt, verstehe das Geschäft. Muß nur etwas Geld haben. Nun, denke, werden es finden. Können dann in Geschäftsverbindung bleiben und habt einen Unterschlupf, Boys.«
»Ja, das wäre schon recht, machte sich da unten am Muskegon auch ganz gut, aber Geld? Woher nehmen? Hier draußen ist wenig zu finden.«
»Kalkuliere, kaufen in Traverse City auch Pferde. Müßten nur den Burton haben, ist der Mann, sie zu verkaufen, sieht Vertrauen erweckend aus.«
»Ist vor allem notwendig, uns zu bewaffnen, Iltis. Muß da hier in der Nähe ein alter Kerl in seinem Shanty hausen.«
»Ah, ja, den habe ich gesehen, gehen ihm die Ottawas scheu aus dem Wege, nennen ihn den toten Mann.«
»Recht, der ist's. Wollen ihm einen Besuch abstatten.«
[180]
»Sage euch, Boys, ist nicht ungefährlich, soll ein gewaltiger Schütze sein, der Alte.«
»Kalkuliere, kann auch schießen,« entgegnete Morris trocken.
Die drei würdigen Gesellen brachen dann auf, um der Hütte Johnsons den in Aussicht gestellten Besuch abzustatten. Nach einiger Zeit wurden sie dieselbe gewahr. Die Warnung des Iltis hatte auf den rohen Morris so viel gewirkt, daß dieser sich dem kleinen Blockhause mit großer Vorsicht näherte. Etwa hundert Schritt noch von ihm entfernt hielten sie und lugten scharf aus.
Still und ruhig lag das kleine Gebäude vor ihnen.
»Scheint auf Besuch abwesend zu sein, der Alte,« sagte endlich Morris. »Bleibt hier, will den Fall untersuchen.«
Er schlich durch die Büsche bis nahe zu dem Hause hin. »Alles verschlossen,« murmelte er, als er es genügend betrachtet hatte, »muß der Alte tot oder abwesend sein.« Er kroch dann dreist an die Hütte hinan und lauschte. Kein Laut war zu vernehmen. Dann ging er zur Tür, klopfte derb an und rief: »Ho, aufgemacht, ist ein Fremder hier!« Schweigen antwortete ihm.
Er winkte dann die beiden andern zu sich.
»Ausgeflogen ist der Vogel, wollen ihm aber doch ins Nest schauen.«
Er rüttelte derb an der Türe, doch diese widerstand.
»Hm, von innen verschlossen?« Er ging um das Haus herum und versuchte die Läden aufzureißen, vergeblich, sie waren stark befestigt. Die Oeffnung auf der Rückseite war so künstlich in dem Balkenwerk verborgen, daß sie ihm bei seinen Nachforschungen nicht auffiel.
Tyron und der Iltis waren herangekommen und unterstützten die Bemühungen ihres Gefährten, doch jeder Versuch, sich Eingang zu verschaffen, erwies sich als nutzlos.
»Verd- wie hat der Kerl sich verwahrt. Ist so schwer zu öffnen, wie eine eiserne Geldkiste. Wäre nur eine Axt zur Stelle, wollte bald ein Loch gemacht haben.«
Mißmutig standen die drei Gesellen und schauten die Balkenwände an. »Muß ein Fuchs sein, der Alte, und hat sicher etwas zu verschließen, sonst hätte er nicht alles so befestigt. - Hm. Wollen's mit ein wenig Feuer versuchen, Boys - he?«
»Wird lange dauern, bis diese Klötze brennen,« sagte Tyron, »ist ein Jammer, ist sicher eine Büchse drinnen.«
Ein leichter Schritt machte sie aufhorchen, alle drei fuhren bei dem Laut zusammen und wandten den Kopf. [181]
Wenige Schritte von ihnen stand, auf seine Büchse gelehnt, ein hochgewachsener Indianer. Wortlos starrten ihn die Männer an.
Die dunklen Augen des Mannes überflogen die Gruppe, er grüßte dann mit der Hand und sagte in verständlichem Englisch: »Ich suche die rote Hand.«
»Mich suchst du, Ottawa? Und was verschafft mir die Ehre?«
»Der stammlose Häuptling sendet mich dir nach.«
»Wer ist das? Du bist doch ein Ottawa?«
»Onugsa ist kein Ottawa mehr, er ist stammlos wie sein Häuptling, er hat das Ottawavolk vergessen.« »Stammlos? Stammloser Häuptling? Was ist das?« Die Männer sahen sich erstaunt an.
»Wen meinst du denn mit dem stammlosen Häuptling?«
»Ihn früher nennen Peschewa, die wilde Katze, früher großer Häuptling der Ottawas, jetzt kein Volk mehr, fechten allein.«
»Fechten? Will Peschewa fechten? Wann? Mit wem?«
»Er dir sagen.«
»Und Peschewa sendet dich mir nach?«
»So er tun.«
»Er ist doch noch der gute alte liebe Freund, den ich so sehr schätze. Und fechten will er? Desto besser, mit wem, ist mir gleichgültig, ich bin sein Mann.«
»Warum ist denn Peschewa jetzt ein stammloser Häuptling?«
»Er alles sagen. Rothand mitkommen.«
»Wo ist denn Peschewa?«
»Er ist in den Wäldern,« entgegnete der vorsichtige Indianer.
»Und hat Krieger um sich?«
»Viel Krieger. Kommen noch mehr.«
»Boys, das gibt eine Frolic. Ich konnte es ja auch gar nicht begreifen, daß mein alter werter Freund Peschewa die Streitaxt ausgraben sollte und mich den Tanz nicht mitmachen lassen wollte. Aber sieh mich an, Ottawa, die Spitzbuben im Fort haben mir und Tyron hier die Büchsen genommen, Decken, alles -«
Читать дальше