Er stieß beinahe mit einem jungen Kommandanten und einem strahlenden Mädchen zusammen, die ihm auf der breiten Treppe entgegenkamen. Er sah ihnen nach, als sie vorbeigegangen waren. Für sie schien er unsichtbar gewesen zu sein. Genau wie einst bei ihm, war ihre Zeit zu kostbar, um sie mit anderen zu teilen und sie für andere Dinge als ihr privates Glück zu verschwenden.
Am Fuß der Treppe hielt er an und betrachtete sich im Wandspiegel. Es war falsch gewesen, hierher zu kommen. Oder war es nur ein Vorwand, um das hinauszuschieben, was er jetzt tun mußte?
Er meinte, draußen auf der Straße Wagenräder und klappernde Hufe zu hören, und wandte sich in plötzlicher Panik vom Spiegel ab.
Zurück nach Falmouth, um dort was zu finden? Würde das Haus wirklich so völlig leer sein, oder war da noch etwas gegenwärtig, das er halten und mit jemandem teilen konnte? Er fühlte plötzlich Hoffnung in sich aufkeimen, eine seltsame Kraft, die ihn — unabhängig vom logischen Denkvermögen — innerlich bewegte.
Er trat in das blendende Sonnenlicht hinaus und berührte seinen Hut zum Gruß, als einige Spaziergänger ihm ein Hoch ausbrachten und ein Mann sogar sein Kind hob, damit es ihn besser sehen konnte.
Die Kutsche wartete tatsächlich, und Allday stand daneben, die Augen gegen die Sonne zusammengekniffen, als er gemächlich die Schaulustigen betrachtete. Sein gebräuntes Gesicht zeigte keine Spuren von den Strapazen, die er in den letzten Wochen ausgehalten hatte.
Bolitho fragte hastig:»Ist alles bereit?»
Allday nickte.»Alles verstaut. «Er zeigte mit dem Daumen über die Schulter.»Was machen wir mit dem da, Käpt'n?»
Bolitho wandte sich um und sah Pascoe, der auf einem Poller saß und das kleine Schiffsmodell betrachtete, daß Bolitho ihm geschenkt hatte.
Er sagte:»Kommen Sie doch mal her, Mr. Pascoe!»
Als der Junge sich ihm näherte, fühlte Bolitho sich gleichzeitig traurig und seltsam bewegt. Mehr als das: er schämte sich plötzlich, daß er nur an seinen eigenen Verlust und Kummer gedacht hatte, während andere, viele andere, so viel mehr zu ertragen hatten und weniger besaßen, was ihnen die Kraft gab, es durchzustehen. Hugh war tot, auch er. Beigesetzt auf See mit den übrigen. Und dieser Junge, der Dinge und Taten gesehen hatte, die schlimmer gewesen waren, als er sie sich jemals hätte vorstellen können, hatte nichts über seine wahre Herkunft erfahren.
Pascoe schaute mit müden Augen zu ihm empor. Bolitho streckte eine Hand aus und legte sie ihm auf die Schulter.»Wir haben nicht den ganzen Tag lang Zeit, wie du weißt, Adam.»
«Sir?»
Bolitho wandte sich ab, da er Alldays Freude und die Dankbarkeit des Jungen nicht sehen wollte. Er sagte barsch:»Wir fahren nach Hause, also: steig ein. Willst du?»
Der Midshipman schnappte sich seinen Seesack und kletterte hinter Bolitho in den Wagen.
«Vielen Dank, Onkel«, war alles, was er hervorzubringen vermochte.
Ende
Midshipman = Seekadett bzw. Fähnrich zur See
Der Master — etwa: Obersteuermann oder Navigationsoffizier — gehört zu den Deckoffizieren, die mit in der Offiziersmesse speisten
Spitzname für die Spanier
nach achtern drehte
mehr von vorn kam
Die Zickzacklinie des Kurses in der Karte jeweils mitgezeichnet
Admiral Michiel A. de Ruyter, 1607 — 1676, Held der britischholländischen Seekriege
Gerät zur Bestimmung der Schiffsgeschwindigkeit und damit der zurückgelegten Strecke
An den verlängerten Rahen ausgebrachte Zusatzsegel, die beidseits weit hinausragen und die Wirkung eines leichten, achterlichen Windes verstärken.
dwas = quer, senkrecht zur Fahrtrichtung
außer Dienst gestellter Schiffsrumpf ohne Takelage