»Klar«, sagte er leichthin, »aber damit erreichen Sie nicht alle Drumbeat-Leser .«
»Nein. Aber wenn nun O’Hara das Interview nach Hollywood bringen könnte? So daß es die Häuptlinge beim Frühstück sehen? Ihr Gesicht auf dem Bildschirm, Nash, gibt vielleicht den Ausschlag, wenn O’Haras gute Worte nicht genügen. Nur. hätten Sie auch Lust dazu?«
»Verdammt, Thomas, zählen Sie auf mich.«
Ich ging auf den Balkon und tippte O’Haras Nummer in die Tasten: Laß es nicht sein Auftragsdienst sein, betete ich.
Er meldete sich sofort selbst, als habe er auf Anrufe gewartet.
»Hier ist Thomas«, sagte ich.
»Es ist noch zu früh, um von Hollywood zu hören.«
»Mir geht’s um was anderes.«
Ich erklärte ihm, was ich Nash vorgeschlagen hatte, und er legte gleich den Finger auf die Schwachstellen.
»Zunächst mal«, meinte er zweifelnd, »müßten Sie die Fernsehgesellschaft dazu kriegen, daß sie Nash interviewt.«
»Das ginge schon. Bloß wie wir das Interview dann in dem Konferenzraum in Hollywood auf den Bildschirm kriegen, weiß ich nicht genau. Es werden zwar regelmäßig Live-Aufnahmen von England in die Staaten übertragen, aber ich kenne die Kanäle nicht. Wenn wir an einen Sender in L. A. herankämen, könnten wir unseren Häuptlingen ein Videoband vorsetzen.«
»Thomas, warten Sie. Das in Los Angeles regle ich. Die
Übertragung aus England.«, er schwieg und saugte an seiner Unterlippe. »Von welchem Sender reden wir?«
Ich sagte es ihm. »Die werden mit einem Ü-Wagen hiersein. Techniker, Kameraleute, ein, zwei Regisseure und drei oder vier Interviewer und Kommentatoren; aber sie haben sicher keine Vollmacht und auch nicht die Ausrüstung, um nach Übersee zu senden. Dafür wäre die Zustimmung ihrer Zentrale in London nötig. Die Zentrale dürfte Doncaster jetzt auf dem Monitor haben. Die können überallhin senden. Die Nummer steht im Telefonbuch.«
»Und Sie möchten, daß ich meinen Einfluß spielen lasse.«
Es klang resigniert, als sähe er Schwierigkeiten.
»Hm«, sagte ich, »wenn Sie möchten, daß Unsichere Zeiten in die Kinos kommt, lohnt sich vielleicht der Versuch. Ich meine, es ist ja auch Ihr Film. Könnte Sie den Kopf kosten, daß Sie mich engagiert haben.«
»Das ist klar.«
Er schwieg. »Na schön, ich gehe das an. Die Chancen stehen aber denkbar schlecht.«
»Bekanntlich kann man trotzdem gewinnen.«
»Ist Nash bei Ihnen?«
»Fünf Schritte entfernt.«
»Geben Sie ihn mir mal?«
Nash kam nach draußen und nahm den Apparat. »Das Interview mach ich. Thomas sagt, er kann es ohne weiteres arrangieren.«
Er hörte zu. »Ja. Na klar. Wenn er sagt, er kann, wird er’s schon können. Er verspricht nichts, was er nicht halten kann. O’Hara, setzen Sie sich in Bewegung und bea-men Sie Thomas und mich in die Konferenz. Es wäre doch saublöd, wenn wir uns von einem Arsch wie Tyler in die Pfanne hauen ließen.«
Er hörte wieder zu, sagte dann: »Machen Sie hin, O’Hara. Zum Teufel mit den Kosten. Ich laß mich nicht von diesem Federfuchser unterbuttern.«
Ich lauschte beeindruckt der aufgedrehten Kraft des ultragrünen Lichts und dankte demütig dem Schicksal, daß er mich als Verbündeten, nicht als Feind ansah.
Er beendete das Gespräch, gab mir den Apparat zurück und sagte: »Wo finden wir unseren Interviewer?«
»Mir nach.«
Es sollte lässig klingen, aber ich war kein großer Schauspieler. Nash kam schweigend mit mir zum Absattelring, den die Teilnehmer des vorigen Rennens bereits wieder verlassen hatten.
»Wissen Sie, wen Sie suchen?« fragte er, als ich den Kopf nach allen Seiten drehte. »Können Sie nicht fragen?«
»Das brauche ich nicht«, sagte ich und war mir, auch wenn Nash es ignorierte, bewußt, daß alle ihn anschauten. »Die haben zum Übertragen immer einen Rennkommentator, einen Führringkommentator, der die Pferde für das nächste Rennen vorstellt, und jemanden, der hinterher die Jockeys und Trainer der Sieger befragt - den suche ich. und ich kenne ihn.«
»Das ist immerhin etwas.«
»Da drüben steht er«, sagte ich. »Kommen Sie?«
Ich glitt zwischen den Grüppchen von Leuten hindurch, die im eingezäunten Bereich vor dem Waageraum plaudernd zusammenstanden, und sie teilten sich wie das Rote Meer vor mir, um Nash Platz zu machen. Mein Bekannter, der Interviewer, wollte mir guten Tag sagen, sah, wen ich bei mir hatte, und brachte den Mund nicht mehr zu.
»Nash«, stellte ich vor, »das ist Greg Compass. Greg. Nash Rourke.«
Greg kam wieder zur Besinnung, wie sich das für einen erfahrenen Fernsehmann gehört, und drückte mit echter Sympathie die Hand, die schon so viele unschädliche Schüsse abgefeuert hatte.
»Er ist hier, um sich das Lincoln anzusehen«, erklärte ich. »Irgendein Geheimtip?«
»Gallico«, meinte Greg prompt. »Es heißt, er platzt fast vor Energie.«
Er sah Nash nachdenklich an und fragte ohne Nachdruck: »Hätten Sie was dagegen, wenn ich sage, daß Sie hier sind? Thomas hat Ihnen sicher erzählt, daß ich den Labermann für die Zuschauer zu Hause mache.«
»Ich hab’s ihm erzählt, ja.«
»Thomas und ich«, erklärte Greg, »sind gegeneinander geritten, als ich noch Jockey und wir beide noch jung waren.«
»Sie sind alle so groß!« rief Nash aus.
»Hindernisjockeys sind meistens größer. Die Ehemaligen werden oft Rennkommentatoren, Zeitungsschreiber oder so. Erst erleben. Nachher drüber reden.«
Er sagte das mit komischer Selbstverachtung, dabei war er ein echter Spitzenjockey gewesen, kein Amateur wie ich. Er war vierzig, schlank, eindrucksvoll, elegant. Er holte Luft. »Also.«
»Sie dürfen gern sagen, daß ich hier bin«, versicherte Nash.
»Prima. Ehm.«
Greg zögerte.
»Frag ihn«, sagte ich halb lächelnd.
Greg blickte zu mir und wieder zu Nash. »Ich nehme an. ich könnte Sie wohl nicht vor meine Kamera bekommen?«
Nash sah mich kurz von der Seite an und sagte mit seiner besten Eisenbeißerstimme, er sehe keinen Grund, warum das nicht gehen sollte.
»Ich habe gehört, daß Sie in Newmarket einen Film drehen«, sagte Greg. »Kann ich das erwähnen?«
»Klar. Thomas führt Regie dabei.«
»Ja. So was spricht sich rum.«
Ich zog eine zusammengefaltete Drumbeat-Seite aus meiner Tasche und gab sie Greg.
»Wenn du einverstanden bist«, sagte ich, »würde Nash gern ganz kurz dem Artikel hier im >Sterngeflüster< widersprechen.«
Greg las ihn schnell durch, und sein Gesichtsausdruck wechselte bald von reiner Neugier zu Empörung.
»Schwer, dagegen vorzugehen«, rief er aus. »Lauter Fragen. Stimmt das alles?«
»Es stimmt, daß die Handlung im Film vom Buch abweicht«, sagte ich.
Nash versicherte ihm: »Ich habe nichts von all dem gesagt, und ich denke es auch nicht. Der Film läßt sich gut an. Wenn ich darf, möchte ich nur eben sagen, daß man nicht alles glauben sollte, was in der Zeitung steht.«
»Thomas?«
Greg sah mich mit hochgezogenen Brauen an. »Du benutzt mich, hm?«
»Ja. Aber der Artikel macht mich nieder. Wenn Nash im Fernsehen sagen darf, daß das, was da steht, nicht stimmt, können wir den Geldleuten in Hollywood das zeigen und vielleicht verhindern, daß sie den Artikel für bare Münze nehmen.«
Er dachte darüber nach. Er seufzte. »Also gut, aber ganz beiläufig, okay? Ich nehme euch beide zusammen ins Bild.« »In Unschuld vereint«, sagte ich dankbar.
»Immer schnell von Begriff.«
Er sah auf die Uhr. »Wie wär’s nach dem Lincoln? In einer Stunde. Wenn ich mit dem Trainer und dem Jockey des Siegers und mit seinen Besitzern gesprochen habe, falls die hier sind. Da könnten wir’s einschieben. Ich sage meinem Regisseur Bescheid. Weißt du noch, wo die Kamera steht, Thomas? Dahin kommt ihr nach dem Lincoln. Und Thomas, ich hab was gut bei dir.«
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