Edgar Burroughs - Die Götter des Mars

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Nach einem langen Exil auf der Erde ist John Carter endlich auf seinen geliebten Mars zurückgekehrt, doch die schöne Dejah Thoris, die Frau, die er liebte, ist verschwunden. Nun war er im legendären Eden des Mars gefangen – einem Eden, dem niemand je lebendig entrann.

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Ohne nach dem Grund zu fragen, stand er wie versteinert, so daß ich die merkwürdige Szene verfolgen konnte, die wichtig für unser weiteres Los war.

Ich sah, wie sich ein Stück der Wand hinter mir bewegte. Es war eine Drehtür, mit deren Bewegung sich gleichzeitig ein Stück des Bodens verschob. Man stelle sie sich so vor wie eine kreisrunde Scheibe, in deren Mitte man senkrecht eine Karte setzt. Die Karte stand für den Teil der Wand, der sich gedreht hatte, die Scheibe für das Stück des Bodens. Beide waren genau an das angrenzende Wand- und Bodenstück eingepaßt, so daß im vorherrschenden Dämmerlicht nicht das geringste zu erkennen gewesen war.

Als die Drehung halb vollzogen war, erblickten wir ein großes Banth, das auf dem Teil der uns zuvor abgewandten Seite saß. Als sich die Tür schloß, befand sich die Kreatur bei uns im Raum – das Prinzip war sehr einfach.

Doch was mich am meisten interessierte, war das, was ich durch die Öffnung sehen konnte, die während der Drehung entstand. Ich erblickte einen großen, hell beleuchteten Raum, in dem mehrere Männer und Frauen an der Wand angekettet waren. Davor saß ein bösartig aussehender Mann, der weder die Hautfarbe der roten noch der grünen Marsmenschen hatte, sondern weiß war wie ich. Seinen Kopf bedeckte eine Fülle wallenden, gelblichen Haares. Offenbar gab er die Befehle und steuerte die Bewegungen der Geheimtür.

Die Gefangenen hinter ihm waren rote Marsmenschen. Neben diesen waren mehrere der wilden Biester angekettet, wie man sie zu uns geschickt hatte, und weitere, nicht minder wild dreinblickende Kreaturen.

Als ich mich dann meinem Gefährten zuwandte, war mir wesentlich leichter.

»Sieh zur Wand dir gegenüber, Tars Tarkas«, sagte ich. »Die Biester werden durch Geheimtüren auf uns losgelassen.« Ich stand ganz dicht bei ihm, damit unsere Peiniger nicht wußten, daß sie durchschaut waren.

So lange wir beide auf die Drehtür blickten, wurden keine weiteren Angriffe auf uns unternommen. Daraus schloß ich wiederum, daß die Zugänge irgendein Guckloch besaßen und man uns von außen beobachten konnte.

Schließlich kam mir eine Idee. Ich bewegte mich rückwärts auf Tars Tarkas zu und unterbreitete ihm leise mein Vorhaben, ließ dabei jedoch die Wand keine Minute aus den Augen.

Der große Thark gab ein zustimmendes Grunzen von sich und begann wie geplant, sich rückwärts der Wand zu nähern, die ich im Blick hatte, während ich kurz vor ihm langsam auf sie zuschritt.

Zehn Fuß vor dem geheimen Zugang hieß ich meinen Gefährten stehenbleiben und auf das vereinbarte Zeichen warten. Nun drehte ich der Tür, durch die ich die unheilvoll brennenden Augen unseres eventuellen Henkers fast spüren konnte, den Rücken zu.

Schnell suchte ich den Spiegel auf Tars Tarkas’ Rücken und beobachtete eine Sekunde später das Wandteil, das seine wilden Schrecken über uns entladen hatte.

Ich mußte nicht lange warten, denn gleich darauf setzte sich die goldene Fläche in Bewegung. Daraufhin gab ich Tars Tarkas das Signal und sprang zu dem Teil der Drehtür, der sich von uns fortbewegte. Der Thark fuhr ebenfalls herum, zur Öffnung, die durch die Drehung entstanden war.

Mit einem Satz befand ich mich im Nebenraum, dem Menschen gegenüber, dessen bösartige Miene ich zuvor gesehen hatte. Er war muskulös, ungefähr so groß wie ich und sah aus wie ein Mensch von der Erde.

An seiner Seite hingen ein langes Schwert, ein Kurzschwert, ein Dolch und eine der tödlichen Radiumpistolen, wie man sie auf dem Mars trägt.

Weil ich nur mit dem langen Schwert ausgerüstet war, hätte er mir entsprechend den Kampfesregeln und –gesetzen von Barsoom mit einer ähnlichen oder kleineren Waffe gegenübertreten müssen. Dies schien meinem Gegner jedoch nicht in den Sinn zu kommen, denn kaum stand ich neben ihm, hatte er schon seinen Revolver auf mich gerichtet. Mir blieb nur eines übrig: Ich stieß ihm die Waffe mit dem langen Schwert aus der Hand, bevor er feuern konnte.

Nun zog er sein langes Schwert, und wir begannen, in der gleichen Bewaffnung, erbarmungslos aufeinander einzuschlagen, wie ich es noch nie zuvor erlebt hatte.

Er war ein ausgezeichneter Schwertkämpfer und schien sehr geübt zu sein, während ich bis zu diesem Morgen über zehn Jahre kein Schwert mehr in der Hand hatte.

Dennoch fielen mir meine Kampfschritte ziemlich schnell wieder ein, so daß der Mann nach wenigen Minuten einsehen mußte, es doch mit einem gleichwertigen Gegner zu tun zu haben.

Er wurde rot vor Wut, als er feststellte, daß ich jeden seiner Hiebe parierte, während sein Gesicht und Körper mit einem Dutzend kleinerer Verletzungen übersät waren. »Wer bist du, weißer Mann?« zischte er. »Daß du kein Barsoomier von draußen bist, erkennt man schon an deiner Hautfarbe. Und du bist nicht von uns.«

Sein letzter Satz war beinahe eine Frage.

»Und wenn ich vom Tempel Issus komme?« entgegnete ich, auf eine wilde Vermutung setzend. »Das Schicksal behüte!« rief er aus, und sein blutüberströmtes Gesicht wurde aschfahl.

Ich wußte nicht, was ich nun weiter sagen sollte, doch hob ich mir die Idee für die Zukunft auf, falls ich sie noch einmal brauchen sollte. Seiner Antwort nach war es durchaus möglich, daß es am Tempel Issus Menschen gab, die aussahen wie ich. Entweder der Mann fürchtete die Bewohner des Tempels, oder er hatte eine derartige Achtung vor ihnen, daß er den Zorn der Götter fürchtete, wenn er einen der Tempelbewohner verletzte oder kränkte.

Doch mein gegenwärtiger Umgang mit ihm war von anderer Natur und erforderte ein beträchtliches Abstraktionsvermögen. Es ging darum, ihm das Schwert zwischen die Rippen zu stoßen. Das gelang mir nach wenigen Sekunden und keinesfalls zu früh.

Schweigend hatten die angeketteten Gefangenen das Gefecht mitverfolgt. Es herrschte Totenstille, lediglich die aufeinandertreffenden Klingen, die leisen Schritte unserer nackten Füße und die wenigen Worte, die wir uns während des Zweikampfes durch die zusammengebissenen Zähne zuzischelten, waren zu hören.

Doch als mein Widersacher leblos zu Boden sackte, schrie eine der Gefangenen auf: »Dreh dich um! Hinter dir!« Als ich bei der ersten Silbe herumfuhr, sah ich mich einem zweiten Mann von der Rasse meines besiegten Gegners gegenüber.

Er hatte sich leise aus einem dunklen Gang an mich herangeschlichen und stand bereits mit erhobenem Schwert vor mir, als ich ihn erblickte. Tars Tarkas war nirgendwo zu sehen, und der Geheimgang in der Wand, durch den ich gekommen war, verschlossen.

Wie sehr wünschte ich ihn herbei! Seit vielen Stunden kämpfte ich nun schon ohne Pause. Ich hatte Erfahrungen und Abenteuer hinter mir, die jedem Mann die Lebenskraft aussaugen mußten. Außerdem hatte ich seit fast vierundzwanzig Stunden nicht geschlafen oder gegessen.

Ich war erschöpft und spürte zum ersten Mal seit Jahren Zweifel, ob ich es mit meinem Gegner aufnehmen konnte. Indes blieb mir nichts anderes übrig, als auf den Mann einzudringen, und das so schnell und energisch wie möglich. Meine einzige Rettung bestand darin, ihn durch die Heftigkeit meiner Attacke zur Strecke zu bringen. Sollte der Kampf länger dauern, war ich verloren.

Doch der Mann war offenbar anderer Meinung, denn er trat zurück, parierte meinen Schlag, wich aus, bis mich seine Bemühungen fast völlig zu Boden gebracht hatten.

Er war ein besserer Schwertkämpfer als mein vorheriger Gegner. Ich muß zugeben, daß er mich schön bei Atem hielt und am Ende kurz davor war, einen armseligen Narren aus mir zu machen und mich zu töten.

Ich spürte, wie ich immer schwächer wurde, bis schließlich die Dinge vor meinen Augen zu verschwimmen begannen und ich mehr schlafend als wach umherstolperte und taumelte. In diesem Augenblick spielte er mir den hübschen kleinen Streich, der mich fast das Leben kostete.

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