Edgar Burroughs - Thuvia, das Mädchen vom Mars

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Cathoris ist der Sproß aus der Verbindung zwischen dem Erdenmenschen John Carter und der göttlichen Deja Thoris, der Prinzessin von Helium. Cathoris aber glüht vor Leidenschaft, er hat sich unsterblich verliebt in die bezaubernde Thuvia von Ptarth. Doch jäh fallen Schatten auf die beginnende Romanze. Thuvia wird von rivalisierenden Stämmen entführt, und hinter den grausamen Entführern steht der eifersüchtige Prinz des Roten Stammes. Cathoris macht sich auf die Suche nach seiner geliebten Prinzessin. Er tut sich mit dem Jeddak von Ptarth zusammen und erforscht unwegsame Wüstengebiete, in die noch kein Marsmensch seinen Fuß gesetzt hat. Er findet die schöne Thuvia, doch da wird ihm ein Einsatz abgefordert, vor dem selbst der tapferste Jeddak zurückgeschreckt wäre…

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Edgar Rice Burroughs

Thuvia, das Mädchen vom Mars

1

Carthoris und Thuvia

Auf einer massiven Bank aus poliertem Ersit saß eine Frau unter den prachtvollen Blüten einer riesigen Pirnalie.

Ihr entzückender Fuß war mit einer Sandale bekleidet und klopfte ungeduldig auf den edelsteinbestreuten Fußweg, der an ungeheuren Sorapusbäumen vorbei über den scharlachroten Rasen der königlichen Gärten des Jeddaks von Ptarth, Thuvan Dihn, führte. Ein dunkelhaariger, rothäutiger Krieger beugte sich über sie und flüsterte ihr heiße Worte in das Ohr.

»Ah, Thuvia von Ptarth«, rief er. »du bist kalt selbst vor dem verzehrenden Feuer meiner Liebe! Kalt und hart wie diese Bank aus kaltem, hartem Ersit ist dein Herz! Wie glücklich kann sich dieser Stein schätzen, daß er deine göttliche, makellose Gestalt tragen darf! Oh, sag mir, Thuvia von Ptarth, daß ich noch hoffen darf, auch wenn du mich jetzt noch nicht liebst. Aber eines Tages, meine geliebte Prinzessin, werde ich…«

Das Mädchen sprang auf und tat einen Ausruf unangenehmer Überraschung. Ihr königlicher Kopf saß stolz auf ihren glatten, roten Schultern. Ihre dunklen Augen funkelten den Mann zornig an.

»Du vergissest dich und die Sitten von Barsoom, Astok«, sagte sie. »Ich habe dir kein Recht gegeben, die Tochter von Thuvan Dihn so anzusprechen, und ein solches Recht hast du dir auch noch nicht verdient.«

Der Mann griff plötzlich aus und hielt sie am Arm fest.

»Du wirst meine Prinzessin!« rief er. »Bei der Brust der Issus, das wirst du, und kein anderer wird sich zwischen Astok, Prinz von Dusar, und seinen Herzenswunsch stellen! Sag mir, daß da ein anderer Mann ist, und ich werde ihm sein verfaultes Herz aus dem Leib schneiden und es den wilden Hunden der toten Seegründe vorwerfen!«

Als die Hand des Mannes ihre Haut berührte, wurde sie blaß, denn die Frauen von den königlichen Höfen des Mars werden fast als Heilige behandelt. Daß Astok, Prinz von Dusar, sie berührte, war ein Frevel. Angst hatte Thuvia von Ptarth nicht, nur Entsetzen fühlte sie über das, was der Mann getan hatte, denn daraus konnten sich böse Folgen ergeben.

»Laß mich los«, sagte sie kalt und gemessen.

Der Mann murmelte etwas Unverständliches und zog sie grob an sich.

»Laß mich los!« wiederholte sie scharf. »Oder ich rufe den Wächter, und der Prinz von Dusar weiß, was das zu bedeuten hat.«

Aber er warf seinen rechten Arm um ihre Schultern und versuchte ihr Gesicht an seine Lippen zu ziehen. Sie tat einen kleinen Schrei und schlug ihm mit den schweren Armreifen, die ihren freien Arm schmückten, auf den Mund.

»Kalott!« rief sie. »Wächter! Wächter! Kommt, um die Prinzessin von Ptarth zu beschützen!«

Sofort kam ein ganzes Dutzend Wächter über den roten Rasen gerannt, und ihre blanken Langschwerter funkelten in der Sonne.

Das Metall ihrer Waffen klirrte gegen das ihrer Lederharnische, und aus ihren Kehlen stiegen heisere Wutschreie beim Anblick, der sich ihnen bot.

Ehe sie noch die Hälfte des Rasens hinter sich gebracht hatten, sprang eine andere Gestalt aus den dichten Büschen, die einen goldenen Brunnen einschlossen. Es war ein großer Junge von prachtvoller Gestalt, schwarzem Haar und klugen grauen Augen. Seine Schultern waren breit, die Hüften schmal, und seine klargezeichneten Glieder waren die eines Kämpfers. Seine Haut war heller als die der kupferfarbenen Roten Männer des Mars, die sich schon allein durch ihre Hautfarbe von den anderen Rassen des sterbenden Planeten unterscheiden. Er war so wie die Roten und doch anders als sie, nicht nur wegen der helleren Haut und der grauen Augen.

Auch seine Bewegungen waren ein wenig anders. Er kam in großen Sprüngen an, und sie trugen ihn so schnell über den Rasen, daß im Vergleich dazu die Schnelligkeit der heranrennenden Wächter nichts war.

Astok hielt noch immer Thuvias Handgelenk fest, als der junge Krieger ihm gegenüberstand.

»Kalott!« fauchte er nur, und dann landete schon seine Faust am Kinn des anderen. Der Prinz flog hoch in die Luft und landete als unansehnlicher Haufen mitten im Pimalienbusch neben der Ersitbank.

»Kaor, Thuvia von Ptarth!« rief der junge Mann, der sich vor dem Mädchen verbeugte. »Mir scheint, das Schicksal hat die richtige Zeit für meinen Besuch bestimmt.«

»Kaor, Carthoris von Helium!« erwiderte die Prinzessin den Gruß des jungen Mannes, ihres Retters. »Was hätte ich sonst erwarten können vom Sohn eines solchen Herrn?«

Er verbeugte sich dankbar für das Kompliment für seinen Vater John Carter, Kriegsherr des Mars. Und dann kamen eben die Wächter keuchend an, als der Prinz von Dusar mit gezogenem Schwert und aus dem Mund blutend aus dem Gewirr der Pimalienzweige herauskroch.

Astok hätte sofort, mit dem Sohn von Dejah Thoris einen Kampf auf Leben und Tod begonnen, wenn ihn die Wächter nicht daran gehindert hätten. Es war aber deutlich zu sehen, daß Carthoris von Helium den Kampf nur allzu gerne angenommen hätte.

»Sag nur ein Wort, Thuvia von Ptarth«, bat er, »und nichts wird mich mehr erfreuen, als diesem Burschen die Strafe zu verpassen, die er verdient hat.«

»Das darf nicht sein, Carthoris«, antwortete sie. »Er hat zwar jeden Anspruch auf meine Rücksichtnahme verspielt, aber er ist ein Gast des Jeddaks, meines Vaters, und ihm wird er auch Rechenschaft ablegen müssen wegen der unverzeihlichen Tat, die er begangen hat.«

»Wie du sagst, Thuvia«, erwiderte der junge Mann aus Helium.

»Aber dann wird er sich vor Carthoris, dem Prinzen von Helium, für die Beleidigung zu verantworten haben, die er der Tochter des Freundes meines Vaters zugefügt hat.«

Ein tiefes Rot überzog die zarten Wangen des Mädchens, und die Augen von Astok, Prinz von Dusar, umwölkten sich, denn er fühlte das, was im königlichen Garten des Jeddaks ungesprochen blieb.

»Und du dich vor mir«, zischte er Carthoris an.

Die Wachen umstanden Astok noch immer. Für den jungen Offizier der sie befehligte, war das eine recht schwierige Situation, denn sein Gefangener war der Sohn eines mächtigen Jeddaks. Außerdem war er der Gast von Thuvan Dihn – übrigens, ein bis jetzt hoch geehrter Gast – der mit allen königlichen Ehren empfangen und überschüttet worden war. Nahm man ihn jetzt gefangen, dann bedeutete das Krieg.

Der junge Mann zögerte. Er sah seine Prinzessin fragend an.

Auch sie schien zu wissen, was alles von den nächsten Minuten abhing. Seit vielen Jahren hatten Dusar und Ptarth in bestem Einvernehmen gelebt. Die großen Handelsschiffe waren ständig zwischen den größeren Städten der beiden Nationen unterwegs, und sogar jetzt konnte die Prinzessin über der scharlachfarbenen Kuppel des Palastes einen riesigen, unförmigen Frachter erkennen, der sich seinen majestätischen Weg durch die dünne Luft Barsooms nach dem Westen und nach Dusar bahnte.

Ein einziges Wort würde genügen, um diese zwei mächtigen Nationen in einen blutigen Konflikt zu verwickeln, der sie ihrer tapfersten Männer und unschätzbaren Reichtümern beraubte und sie hilflos den Raubgelüsten ihrer weniger reichen und glücklichen Nachbarn auslieferte, die schon seit langem eifersüchtig waren. Und ebenso zu fürchten waren die grünen Horden von den toten Seegründen.

Die Kinder des Mars kennen kaum Furcht, und so wurde auch Thuvia in ihrer Entscheidung nicht von Furcht beeinflußt: eher leitete sie ein sehr ausgeprägter Sinn für Verantwortung, denn ihr, der Tochter des Jeddaks, lag das Wohl ihres Volkes am Herzen.

»Ich habe dich gerufen, Padwar«, sagte sie zu dem Leutnant der Wachen, »um die Person deiner Prinzessin zu schützen und um den Frieden zu erhalten, der in den königlichen Gärten des Jeddaks nicht gebrochen werden darf. Das ist alles. Du wirst mich nun zum Palast begleiten, und auch der Prinz von Helium wird bei mir bleiben.«

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