Mit energischen Streichen des Stahlkommandeurs schlug Feric einen Pfad durch den Deich der toten Krieger und lenkte sein Motorrad durch die Bresche.
So weit er sehen konnte, war die Erde mit Leichenhaufen bedeckt; die meisten von den Toten waren Zindkrieger, doch nicht wenige tapfere Helder lagen unter ihnen, Heroen, die ihrer Treue zum Hakenkreuz das letzte und größte Opfer gebracht hatten. Durch dieses unvorstellbare Leichenfeld bewegten sich Zehntausende von Kämpfern der Motorradabteilungen und gaben verwundeten Kriegern den Gnadenschuß.
Aus mehreren hundert Metern Entfernung kam Ludolf Best auf seinem Motorrad auf Feric zugebraust, jubelnd vor Freude über den Anblick seines unverletzten und triumphierenden Führers. Mit seinen Jubelrufen lenkte er die Aufmerksamkeit Hunderter von Soldaten auf Ferics Person; diese begannen ihrerseits in begeisterte Hochrufe auszubrechen und schwenkten ihre Knüppel in der Luft oder feuerten ihre Maschinenpistolen ab. Augenblicke später wußten alle Kämpfer auf dem Schlachtfeld vom Überleben ihres Oberkommandierenden und seinem ungefähren Aufenthalt.
Zehntausende triumphierender Helder streckten ihre blutverklebten Knüppel im Parteigruß aus und brüllten mit einer Wildheit und Inbrunst »Heil Jaggar!«, die alles bei weitem übertraf, was Feric bislang erfahren hatte.
Als Feric während einer kurzen Kampfpause neben Ludolf Best an der stählernen Flanke eines Panzers lehnte und die Lage überdachte, schien die Strategie der Dominatoren nur zu offensichtlich. Seit zwei Tagen schickten sie selbstmörderische Angriffswellen der neuen Kriegerzüchtung gegen die Verteidigungslinien der Heeresgruppe; jede der Wellen war vollständig vernichtet worden, aber unter ständig steigenden Kosten an Menschenleben, Munition und Treibstoff.
»Sie haben keine Hoffnung, uns in Beweglichkeit oder Feuerkraft gleichzukommen«, murmelte er, »und doch beharren sie auf der gleichen Taktik.«
»Ich verstehe nicht, warum sie keinen Versuch unternehmen, uns auf einer der Flanken zu umgehen, mein Führer«, sagte Best. »Es liegt auf der Hand, daß ihnen daran gelegen sein muß, an uns vorbeizukommen und Waffings Heeresgruppe aufzuhalten, ehe sie uns nun, da die Ölfelder gefallen sind, mit Verstärkungen und Nachschub von Treibstoff und Munition erreichen kann.«
Feric lächelte über die Naivität der Überlegung. »Nein, Best«, sagte er, »selbst die Doms wissen inzwischen, daß die überlegene Geschwindigkeit unserer Panzertruppen in Verbindung mit der Luftwaffe jeden ernsthaften Umgehungsversuch zunichte machen könnte. Meine Vermutung ist, daß sie uns zu überwältigen hoffen, ehe Waffings Streitkräfte eintreffen.«
»Was für Dummköpfe müssen sie sein, zu denken, daß sie unsere Armee überrennen können!« rief Best aus.
Feric nickte; es war nicht nötig, den braven Kerl mit der wahren Situation zu bekümmern. Die Dominatoren schienen über einen grenzenlosen Vorrat an deformiertem Protoplasma zu gebieten. Nach zwei Tagen des schrecklichsten Gemetzels hatten die Helder schwere Verluste zu beklagen. Zwanzigtausend Kämpfer der Motorradabteilungen und vierzigtausend Infanteristen hatten das höchste Opfer gebracht. Besonders hoch waren die Verluste unter den fanatischen Helden der SS, und sie bedeuteten einen unersetzlichen Aderlaß des Genreservoirs, den Feric tief bedauerte. Das Schlimmste aber war, daß die unerwartete Größenordnung und Erbitterung der Kämpfe enorme Mengen an Munition verbraucht und den Treibstoffvorrat praktisch erschöpft hatte. Ein oder zwei weitere Großangriffe, und die gesamte heldonische Heeresgruppe würde dazu übergehen müssen, allein mit Knüppeln zu kämpfen. Die Weite des Raumes und die Unwegsamkeit des Geländes stellten den direkten Nachschub aus Heldon vor große Probleme. Alles hing jetzt von Waffings baldigem Kommen ab!
Trotz allem hatte die Kampfmoral der Truppen niemals auch nur für einen Augenblick zu wünschen übrig gelassen. Je höher die Verluste gewesen waren, desto größer auch die Erbitterung, mit der die Kämpfer sich auf den Feind gestürzt hatten. Nach zwei Tagen konnte noch immer gesagt werden, daß es nicht einem einzigen Krieger von Zind gelungen war, sich bis zu den Gräben der Verteidigungsstellung vorzukämpfen, noch daß eine der Kreaturen ihren selbstmörderischen Angriff gegen die heldonischen Positionen überlebt hätte. Überdies standen Waffings Truppen, versehen mit reichlichen Munitionsvorräten und unbegrenzten Nachschubmengen an Treibstoff, nur wenige Stunden südwestlich. Unter diesem Aspekt war die Situation kaum hoffnungslos!
Best hatte seinen Gesichtsausdruck mit einiger Besorgnis beobachtet. »Ist etwas nicht in Ordnung, mein Führer?«
»Nein, Best, alles ist in Ordnung! Inspizieren wir die Truppen!«
Als er sein Motorrad auf eine kleine Anhöhe fuhr, nachdem er die begeisterten Ehrenbezeigungen eines müden, aber zuversichtlichen SS-Bataillons entgegengenommen hatte, bemerkte Feric eineinhalb Kilometer im Norden eine große Unruhe und Bewegung in den Horden von Zind. Er ließ sich von Best den Feldstecher reichen und spähte über die mit Leichen bedeckte Verlassenheit des Niemandslandes hinüber zu der noch immer kaum übersehbaren Menge nackten mutierten Fleisches, die plötzlich in eine blinde Massenbewegung geraten zu sein schien, nicht anders als ein riesiger Schwarm Wanderameisen.
»Die gesamte Armee ist auf dem Marsch!« sagte er. »Der Feind geht jetzt aufs ganze. Es ist der Entscheidungsangriff auf unsere Positionen!«
Best zeigte ein breites Lächeln, seine blauen Augen blitzten, und seine straffe Gestalt strahlte eine beinahe mystische heroische Kraft aus. Feric wußte, wie dem treuen Mitkämpfer zumute war, denn auch in ihm hatte ein Aufbranden wilder Freude und Kampfbegier die letzten Spuren von Müdigkeit und Erschöpfung weggewischt. Endlich war der entscheidende Augenblick gekommen: das Volk von Heldon, verkörpert in seiner Armee, würde den Streitkräften von Zind in einer letzten mythischen Entscheidungsschlacht um den Besitz der Erde gegenübertreten. Kein Mensch konnte größeren Ruhm gewinnen als den, die Streitkräfte der wahren Menschheit in dieses endgültige Harmageddon zu führen.
Inzwischen waren Soldaten entlang der gesamten Verteidigungslinie auf die anrückenden Horden des Gegners aufmerksam geworden, und alles versammelte sich vor den Gräben und brach in spontanes Jubelgeschrei aus. Ohne daß es eines Befehls bedurft hätte, eilten die Kämpfer der Motorradabteilungen zu ihren Maschinen, machten sich Panzerbesatzungen zum Angriff bereit, griffen Infanteristen mit blitzenden Augen zu den Waffen. Ein massenhaftes »Heil Jaggar!« ging wie ein Schlachtruf durch die Reihen, zuerst ein wenig ungleich und lückenhaft, dann aber anschwellend zu einem mächtigen Kampfruf, den die Stimme des Volkes von Heldon selbst in Haß und Trotz dem Feind entgegenschleuderte. Es war nicht mehr daran zu denken, auch nur einen einzigen Mann in Reserve zu halten; eine derartige Schmach konnte kein rechter Helder hinnehmen.
Feric zog den Großen Knüppel von Held, das Symbol des Volkswillens, und reckte diese mystische Waffe so hoch über seinen Kopf, wie sein Arm reichen konnte, fühlte die Kraft in dem mächtigen schimmernden Schaft mit der Kraft seines eigenen Willens eins werden und ihn in diesem schicksalhaften Augenblick mit dem rassischen Bewußtsein der Truppe vereinen.
Dann weckte er seine Maschine mit einem Stiefeltritt zu brüllendem Leben, tauschte einen letzten Blick mit Best aus, richtete seine gewaltige Waffe trotzig auf den anstürmenden Feind und führte die Heerscharen von Heldon mit einem wilden Schlachtruf in den Kampf.
Es hatte keinen Sinn mehr, sich um Treibstoffund Munitionsvorräte zu sorgen; die gewaltige Streitmacht der Heeresgruppe ging hinter einer Springflut von Artilleriegranaten und Maschinengewehrfeuer gegen den Feind vor. Angefeuert von dem erregenden Schauspiel unter ihnen, verdoppelten die Stukapiloten Geschwindigkeit und Kühnheit ihrer Angriffe, stießen bis auf dreißig Meter herab, ehe sie ihre Maschinen über den winzigen Köpfen der Kriegerhorden abfingen, überschütteten sie mit Sprengund Brandbomben, schwangen sich durch die Kronen der aufschießenden Explosionswolken wieder empor und in die Sonne, um abermals mit hämmernden Bordwaffen auf den Feind herabzustoßen, bis die Magazine leergeschossen waren. Die Horden von Zind marschierten in ein Inferno von Kugeln, Explosionen und Flammen; jeder Fußbreit Bodens wurde mit den zerschmetterten Körpern Tausender von Kriegern erkauft.
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