Der Senator räusperte sich. »Ehe ich mich mit diesem Gespräch einverstanden erklärte, junger Mann, habe ich mich über Sie erkundigt, da Sie mir nicht persönlich bekannt waren. Unter anderem habe ich auch Dr. Hallam befragt. Ich nehmen an, Sie kennen ihn?«
»Jawohl, Sir.« Lamonts Mundwinkel begann zu zucken, doch seine Stimme blieb tonlos. »Ich kenne ihn gut.«
»Er sagt«, fuhr der Senator fort und schaute auf ein Blatt Papier, »daß Sie ein unruhestiftender Idiot von zweifelhaftem Geisteszustand sind, und fordert, daß ich Ihre Bitte ablehne.«
»Hat er es so formuliert, Sir?«
»Genau so.«
»Warum haben Sie mich dann vorgelassen, Sir?«
»Eine solche Auskunft von Hallam hätte mich normalerweise veranlaßt, nicht mit Ihnen zu sprechen. Meine Zeit ist kostbar, und ich habe weiß Gott mit mehr unruhestiftenden Idioten von zweifelhaftem Geisteszustand zu tun, als mir lieb ist, wobei selbst jene nicht ausgenommen sind, die mit besten Empfehlungen zu mir kommen. In diesem Falle gefiel mir jedoch Hallams »Forderung« nicht. Einem Senator stellt man keine Forderungen, und Hallam sollte sich das hinter die Ohren schreiben.«
»Dann werden Sie mir also helfen, Sir?«
»Wobei?«
»Nun — daß das Pumpen eingestellt wird.«
»Das? O nein. Ganz unmöglich.«
»Warum nicht?« fragte Lamont. »Sie sind Leiter des Komitees für Technologie und Umwelt, und es wäre genau Ihre Aufgabe, das Pumpen zu unterbinden — oder überhaupt jeden technologischen Vorgang zu stoppen, der die Umwelt mit nicht wiedergutzumachendem Schaden bedroht. Und einen schlimmeren Schaden als den, den die Pumpe über uns bringen kann, gibt es einfach nicht.«
»Gewiß, gewiß. Falls Sie recht haben. Aber es will mir scheinen, Ihre Geschichte läuft nur darauf hinaus, daß Ihre Vermutungen anders sind als die allgemein akzeptierten. Wer kann schon sagen, welche Gruppe von Annahmen richtig ist?«
»Sir, die Gedanken, die ich Ihnen entwickelt habe, erklären mehrere Dinge, die bei der allgemein verbreiteten Meinung zweifelhaft bleiben.«
»Nun, dann müßten doch Ihre Kollegen die Modifikation anerkennen, und Sie hätten kaum Veranlassung, mich aufzusuchen, könnte ich mir vorstellen.«
»Sir, meine Kollegen wollen mir nicht glauben. Das Eigeninteresse steht ihnen im Wege.«
»So wie Ihr Eigeninteresse Ihrem Glauben im Wege steht, daß Sie unrecht haben könnten… Junger Mann, auf dem Papier habe ich enorme Vollmachten, doch ich kann meiner Aufgabe nur gerecht werden, wenn die Öffentlichkeit mich gewähren lassen will. Ich will Ihnen eine Lektion in praktischer Politik geben.«
Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr, lehnte sich zurück und lächelte. Er machte nicht oft solche Angebote, doch in einem Zeitungskommentar an diesem Morgen war er als »ein vollendeter Politiker« bezeichnet worden, und das angenehm warme Gefühl, das dieses Lob hervorgerufen hatte, war noch nicht vergangen.
»Es ist ein Fehler anzunehmen«, sagte er, »die Öffentlichkeit wollte ihre Umwelt geschützt oder ihr Leben bewahrt wissen und sie wäre jedem Idealisten dankbar, der sich kämpfend für solche Ziele einsetzt. Die Öffentlichkeit will vielmehr die Bequemlichkeit des einzelnen. Uns ist das aus der Umweltkrise des zwanzigsten Jahrhunderts hinreichend vertraut. Nachdem bekannt wurde, daß Zigaretten die Gefahr von Lungenkrebs erhöhten, war doch das logische Gegenmittel die sofortige Einstellung des Rauchens, doch das angestrebte Heilmittel bestand in einer Zigarette, die den Lungenkrebs nicht förderte. Als es sich erwies, daß der Verbrennungsmotor die Atmosphäre gefahrvoll vergiftete, wäre es logisch gewesen, diese Maschinen ganz aufzugeben; angestrebt wurde jedoch die Entwicklung umweltfreundlicher Motoren.
Entsprechend dürfen Sie nicht von mir verlangen, ich solle das Pumpen aufhalten, junger Mann. Die Wirtschaft und die Bequemlichkeit eines ganzen Planeten hängen davon ab. Zeigen Sie mir vielmehr einen Weg, wie man verhindern kann, daß das Pumpen die Sonne zur Explosion bringt.«
»Diesen Weg gibt es nicht, Senator«, erwiderte Lamont. »Wir haben es hier mit etwas derart Grundsätzlichem zu tun, daß wir damit nicht herumspielen können. Wir müssen es stoppen.«
»Ah, und da wissen Sie natürlich nur vorzuschlagen, daß wir den Zustand wieder herstellen, wie er vor dem Pumpen bestanden hat!«
»Das müssen wir.«
»Dann benötigen Sie schleunigst stichhaltige Beweise für Ihre Behauptungen.«
»Der beste Beweis«, sagte Lamont förmlich, »wäre es, die Sonne explodieren zu lassen. Aber ich glaube kaum, Sie wollten mich soweit gehen lassen.«
»Vielleicht nicht unbedingt. Warum können Sie Hallam nicht auf Ihre Seite ziehen?«
»Weil er ein kleinkarierter Mann ist, der sich als Vater der Elektronenpumpe sieht. Wie kann er zugeben, daß sein Kind die Erde vernichten wird?«
»Ich verstehe — trotzdem ist er für die ganze Welt der Vater der Elektronenpumpe, und nur sein Wort hätte in dieser Beziehung das nötige Gewicht.«
Lamont schüttelte den Kopf. »Er würde niemals einwilligen. Lieber würde er die Sonne explodieren lassen.«
»Dann müssen Sie ihn zwingen. Sie haben eine Theorie, doch eine Theorie allein ist sinnlos. Es muß eine Möglichkeit geben, sie zu testen. Die Geschwindigkeit des radioaktiven Zerfalls von, sagen wir, Uran hängt von der Wechselwirkung innerhalb des Atomkerns ab. Hat sich diese Geschwindigkeit vielleicht auf eine Weise verändert, wie sie von Ihrer, nicht aber von der allgemein anerkannten Theorie vorhergesagt wird?«
Wieder schüttelte Lamont den Kopf. »Gewöhnliche Radioaktivität hängt von der Schwachen nuklearen Wechselwirkung ab, und leider bringen uns Experimente dieser Art keine schlüssigen Beweise. Denn hieraus klare Ergebnisse zu gewinnen, benötigte so viel Zeit, daß es schon zu spät wäre.«
»Was gäbe es noch?«
»Es gibt besondere Pionen-Wechselwirkungen, die auch jetzt schon klare Daten ergeben könnten. Noch besser sind QuarkQuarckombinationen, die in letzter Zeit ganz verwirrende Ergebnisse erbracht haben, die ich zweifellos erklären könnte und…«
»Na bitte.«
»Ja, aber um an diese Daten heranzukommen, müßte ich das große Protonensynchotron auf dem Mond benutzen, Sir, und das ist auf Jahre hinaus besetzt — ich habe mich erkundigt. Es sei denn, jemand würde sich dafür einsetzen…«
»Und damit meinen Sie mich?«
»Damit meine ich Sie, Senator.«
»Nicht solange Dr. Hallam solche Urteile über Sie abgibt, mein Sohn.« Und Senator Burt klopfte mit gichtigem Finger auf das Stück Papier, das vor ihm lag. »Auf diesen Ast kann ich mich nicht vorwagen.«
»Aber die Existenz der Welt!«
»Beweise!«
»Übergehen Sie Hallam, und ich bringe Ihnen Beweise.«
»Bringen Sie mir Beweise, und ich übergehe Hallam.«
Lamont atmete tief ein. »Senator! Nehmen wir einmal an, es besteht die winzige Chance, daß ich recht habe. Ist denn diese winzige Chance keinen Kampf wert? Sie bedeutet alles — die gesamte Menschheit, den ganzen Planeten!«
»Sie wollen, daß ich mich in den guten Kampf stürze? Das würde mir gefallen. Für einen guten Zweck unterzugehen, hat etwas Dramatisches. Jeder anständige Politiker ist masochistisch genug, um von Zeit zu Zeit von einem Untergang in den Flammen zu träumen, während die Engel singen. Aber um das zu tun, muß man überhaupt eine Chance haben, Dr. Lamont. Man muß sich für etwas einsetzen können, das einem den Sieg bringen könnte — könnte! Wenn ich mich hinter Sie stelle, erreiche ich damit nichts, denn nach wie vor stünde dann Ihr Wort allein gegen die unendlichen Vorteile der Pumpe. Soll ich verlangen, daß jeder einzelne Mensch auf diesem Planeten seine persönliche Bequemlichkeit und seinen Reichtum aufgibt — Dinge, an die er sich durch die Pumpe gewöhnt hat, nur weil ein Mann »Untergang« schreit, während alle anderen Wissenschaftler gegen ihn stehen und der gefeierte Hallam ihn einen Idioten nennt? Nein, für nichts gehe ich nicht in die Flammen.«
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