Meine Hand umklammerte Gellhorns Ellbogen, aber ich glaube, er wäre ohnehin nicht imstande gewesen, sich zu bewegen. Seine Lippen zitterten.
»Deshalb brauche ich keine Wächter und keine elektrischen Zäune«, sagte ich. »Meine Autos können sich selbst schützen.«
Gellhorns Blicke glitten entsetzt über die Autos, die paarweise an uns vorbeiglitten.
»Das sind Mörder!« schrie er.
»Seien Sie nicht so blöd! Sie werden Ihre Männer nicht töten.«
»Sie sind Mörder!«
»Sie wollen Ihren Männern nur eine Lektion erteilen. Meine Autos haben ein Spezialtraining für Geländefahrten absolviert. Sie werden ihre Leute verfolgen, wohin sie auch fliehen. Ich glaube, das wird für Ihre Männer viel schlimmer sein als ein schneller, gnädiger Tod. Sind Sie schon einmal von einem Auto gejagt worden?«
Gellhorn antwortete nicht.
»Sie werden wie Schatten sein«, fuhr ich fort, »die sich nicht schneller bewegen als Ihre Männer. Sie werden sie hetzen, ihnen den Weg abschneiden, sie werden auf sie zurasen und in letzter Sekunde mit kreischenden Bremsen und heulendem Motor vor ihnen anhalten. Und sie werden nicht eher aufhören, als bis Ihre Männer zusammengebrochen sind, atemlos und halbtot darauf warten, daß die Räder über ihre brechenden Knochen rollen. Aber das werden die Autos nicht tun. Sie werden sich abwenden. Aber Sie können wetten, daß Ihre Männer nie mehr hierher zurückkehren werden. Nicht für alles Geld der Welt. Hören Sie .«
Noch fester umspannten meine Finger seinen Ellbogen. Er lauschte angestrengt.
»Hören Sie, wie die Autotüren auf- und zuschlagen?« Das Geräusch drang schwach herüber, aber es war unmißverständlich.
»Sie lachen«, sagte ich. »Es macht ihnen Spaß.«
Sein Gesicht verzerrte sich vor Wut. Er hob die Hand, die immer noch den Nadelrevolver umklammerte.
»Ich würde das nicht tun«, sagte ich. »Eine Automatic ist noch bei uns.«
Ich glaube nicht, daß er Sally vorher schon bemerkt hatte. Ganz still hatte sie sich uns genähert. Obwohl ihr rechter Kotflügel schon meine Hüfte berührte, konnte ich ihren Motor nicht hören. Es war, als hätte sie den Atem angehalten.
Gellhorn schrie auf.
»Sie wird Ihnen nichts tun, solange ich neben Ihnen stehe. Aber wenn Sie mich töten ... Sie wissen, daß Sally Sie nicht besonders mag.«
Gellhorn richtete die Waffe auf Sally.
»Ihr Motor ist gepanzert«, sagte ich. »Und bevor Sie den Re-volver ein zweitesmal heben können, wird Sally Sie schon überrollt haben.«
»Also gut«, sagte er, und blitzschnell griff er meinen Arm und drehte ihn mir auf den Rücken. Fast verlor ich das Gleichgewicht. Ich stand zwischen Sally und Gellhorn, und der Druck seiner Hand ließ nicht nach. »Sie gehen jetzt mit mir hinaus, und versuchen Sie ja nicht, sich loszureißen, Oldtimer, oder ich breche Ihnen den Arm.«
Ich mußte mich bewegen. Sally rollte uns auf unsicheren Rädern nach. Sie wußte nicht, was sie tun sollte. Ich versuchte, etwas zu ihr zu sagen, aber es ging nicht. Ich konnte nur stöhnen.
Gellhorns Automatobus stand noch immer vor der Garage. Er zwang mich einzusteigen. Gellhorn setzte sich neben mich und schloß die Wagentür.
»So«, sagte er, »jetzt werden wir einmal vernünftig miteinander reden.«
Ich rieb meinen Arm. Dabei studierte ich ganz automatisch, ohne daß ich mir dessen bewußt wurde, die Schalttafel des Busses.
»Der Bus ist kein Original«, sagte ich. »Er ist zusammengestückelt.«
»Tatsächlich?« sagte Gellhorn sarkastisch. »Da haben Sie eine hübsche Probe meiner Arbeit. Ich habe mir ein ausrangiertes Chassis besorgt, ein passendes Elektronengehirn gefunden und mir einen Privatbus gebastelt. Was zum Teufel .«
Ich zerrte an der Schalttafel.
»Hören Sie auf, verdammt!« er riß mich an der Schulter zurück. Ich setzte mich zur Wehr.
»Ich werde Ihrem Bus nichts tun. Wofür halten Sie mich denn? Ich will mir nur ansehen, wie der Motor funktioniert.« Ein Blick genügte. Wütend wandte ich mich wieder Gellhorn zu. »Sie hatten kein Recht, diesen Motor selbst einzubauen. Warum haben Sie keinen Roboter-Fachmann damit beauf-tragt?«
»Ich bin doch nicht verrückt.«
»Wenn es auch ein gestohlener Motor ist, so hatten Sie doch kein Recht, ihn so zu behandeln. Nicht einmal einen Menschen würde ich so behandeln wie Sie diesen Motor. Lötmittel, Leukoplast und Eisenklammern! Das ist einfach brutal.«
»Aber er funktioniert doch, nicht wahr?«
»Sicher funktioniert er, aber es muß eine Qual für den Bus sein. Auch Sie können mit Migräne und akuter Arthritis leben, aber es würde kein sehr angenehmes Leben sein. Dieses Auto leidet!«
»Halten Sie den Mund!« Er starrte aus dem Fenster und warf einen Blick auf Sally, die so nah wie möglich an den Bus herangerollt war. Gellhorn vergewisserte sich, daß alle Türen und Fenster geschlossen waren.
»Wir verschwinden jetzt von hier, bevor die anderen Autos zurückkehren«, sagte er. »Und wir werden auch eine ganze Zeitlang wegbleiben.«
»Was nützt Ihnen das?«
»Ihre Autos werden eines Tages kein Benzin mehr haben, nicht wahr? Sie können doch nicht selbst tanken, oder? Dann werden wir zurückkommen und die Angelegenheit zu Ende führen.«
»Sie werden mich suchen«, sagte ich. »Mrs. Hester wird die Polizei benachrichtigen.«
Aber er schenkte meinen Worten keine Beachtung mehr. Er ließ den Motor des Busses an, der Wagen setzte sich in Bewegung, und Sally folgte uns.
Gellhorn kicherte.
»Was kann sie schon tun, wenn Sie hier drin bei mir sind?«
Auch Sally schien sich dessen bewußt zu werden. Sie beschleunigte ihr Tempo, fuhr an uns vorbei und verschwand in der Dunkelheit. Gellhorn öffnete das Fenster neben sich und spähte hinaus.
Der Bus polterte über die dunkle Straße, der Motor gab unregelmäßige Geräusche von sich. Gellhorn blendete die Scheinwerfer ab. Der phosphoreszierende grüne Streifen in der Mitte der Straße, der im Mondlicht funkelte, war alles, wonach wir uns orientieren konnten. Es herrschte kein großer Verkehr. Nur zwei Autos begegneten uns, und kein anderes bewegte sich in unserer Fahrtrichtung, weder vor noch hinter uns.
Ich hörte zuerst die Türen schlagen, ein scharfes Knallen, das die Stille durchbrach, zuerst auf der rechten, dann auf der linken Seite. Gellhorns Hand zitterte, als er wütend auf einen Knopf stieß und die Geschwindigkeit steigerte. Ein Lichtstrahl schoß aus dem dunklen Buschwerk und blendete uns, ein anderer Strahl traf uns von hinten, und an einer Kreuzung, vierhundert Yards vor uns, passierte ein Auto mit quietschenden Reifen unsere Straße.
»Sally hat die anderen geholt«, sagte ich. »Ich glaube, wir sind umzingelt.«
»Was? Was können sie denn tun?«
Er beugte sich vor, starrte durch die Windschutzscheibe.
»Verhalten Sie sich nur ruhig, Oldtimer«, murmelte er.
Ich konnte gar nichts tun. Meine Knochen schmerzten, mein linker Arm brannte wie Feuer. Die Motorengeräusche verdichteten sich, kamen immer näher. Ich hörte die Motoren in merkwürdigen Rhythmen aufheulen. Meine Autos schienen miteinander zu sprechen.
Ein Hupkonzert ertönte hinter uns. Ich wandte mich um, und Gellhorn warf einen raschen Blick durch das Rückfenster. Ein Dutzend Autos folgte uns auf beiden Straßenspuren.
Gellhorn schrie auf und lachte wie ein Wahnsinniger.
»Halt!« brüllte ich. »Bleiben Sie stehen!«
Denn eine Viertelmeile vor uns, klar sichtbar im Scheinwerferstrahl zweier Limousinen, die am Straßenrand hielten, stand Sally. Ihre hübsche Gestalt versperrte uns den Weg. Zwei Autos fuhren zu beiden Seiten neben uns her, in genau demselben
Tempo wie wir, und hinderten Gellhorn daran zu wenden.
Aber es fiel ihm gar nicht ein zu wenden. Er drückte den Finger auf volle Geschwindigkeit.
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