»Ich habe mir Ihr unverschämtes Angebot bereits zur Genüge überlegt. Wenn Sie noch einmal hier auftauchen, rufe ich die Polizei.«
Sein Mund verzerrte sich.
»Nun mal langsam, Oldtimer.«
»Sie befinden sich auf Privatgrund. Und ich befehle Ihnen, augenblicklich zu verschwinden!«
Er zuckte mit den Schultern.
»Also dann . auf Wiedersehen.«
»Sagen Sie lieber >Auf Nimmerwiedersehens«
Aber es gab doch ein Wiedersehen, und zwar zwei Tage später. Genauer gesagt, zweieinhalb Tage später. Denn als ich ihm zum erstenmal begegnet war, war es Mittag gewesen, und als ich ihn wiedersah, war es etwas später als Mitternacht.
Ich richtete mich im Bett auf, als er das Licht anknipste, und blinzelte. Die Situation war ziemlich eindeutig. Er hielt einen Revolver in der rechten Faust, einen dieser widerlichen kleinen Nadelrevolver, die man kaum zwischen den beiden Fingern sehen konnte, die ihn umspannten. Ich wußte, daß er nur den Druck dieser Finger zu verstärken brauchte, um mich ins Jenseits zu befördern.
»Ziehen Sie sich an, Jake«, sagte er.
Ich rührte mich nicht. Ich beobachtete ihn nur.
»Hören Sie mal, Jake. Ich kenne die Lage hier. Wie Sie wissen, habe ich Sie vor zwei Tagen besucht. Ich habe mich genau umgesehen. Sie haben keine Wächter hier, keine elektrischen Zäune und keine Alarmanlage. Nichts.«
»So etwas brauche ich nicht«, sagte ich. »Nichts wird Sie aufhalten, wenn Sie verschwinden. Das würde ich an Ihrer Stelle tun. Dieser Ort kann sehr gefährlich werden.«
Er grinste.
»Es ist viel gefährlicher, wenn jemand auf der falschen Seite von einem Revolver steht.«
»Ich sehe, daß Sie so ein Ding in der Hand halten.«
»Dann tun Sie gefälligst, was ich Ihnen gesagt habe. Meine Leute warten.«
»Nein, Mr. Gellhorn. Nicht, bevor Sie mir gesagt haben, was Sie von mir wollen. Und dann tue ich es wahrscheinlich noch immer nicht.«
»Ich habe Ihnen vorgestern einen Vorschlag gemacht.«
»Die Antwort lautet nach wie vor >Nein<.«
»Heute habe ich Ihnen einen etwas detaillierteren Vorschlag zu machen. Ich bin mit einigen Männern und einem Automatobus gekommen. Sie haben die Chance, mir zu folgen und fünfundzwanzig Elektronenmotoren auszubauen. Es ist mir gleichgültig, welche Motoren Sie sich aussuchen. Wir laden sie auf den Bus und bringen sie weg. Wenn sie wieder neu eingebaut sind, werde ich sehen, daß Sie einen fairen Anteil vom Gewinn bekommen.«
»Ich nehme an, Sie geben mir Ihr Wort darauf.«
Er schien meinen Sarkasmus nicht zu bemerken.
»Sie haben mein Wort«, sagte er.
Ich sagte: »Nein.«
»Wenn Sie bei Ihrer Weigerung bleiben, werden wir die Angelegenheit auf unsere Weise erledigen. Ich werde die Motoren selbst ausbauen, und zwar alle einundfünfzig. Jeden einzelnen!«
»Es ist nicht sehr leicht, Elektronenmotoren auszubauen, Mr. Gellhorn. Haben Sie Erfahrung mit Robotermaschinen? Selbst wenn das zutreffen sollte, vergessen Sie nicht, daß die Elektronenmotoren von mir modifiziert worden sind.«
»Das weiß ich, Jake. Und um die Wahrheit zu sagen, ich bin kein Experte. Es könnte passieren, daß ich ein paar Motoren ruiniere, wenn ich versuche, sie auszubauen. Deshalb müßte ich alle einundfünfzig ausbauen, wenn Sie nicht mit mir zu-sammenarbeiten. Vielleicht werden dann von allen einundfünfzig nur fünfundzwanzig gebrauchsfähige übrigbleiben. Die ersten, an denen ich herumbastle, werden vermutlich am meisten zu leiden haben. Bis ich den Dreh heraushabe, verstehen Sie? Und wenn ich mich ohne Ihre Hilfe an die Arbeit machen muß, würde ich mir ganz gern Sally zuerst vornehmen.«
»Ich kann nicht glauben, daß Sie das ernst meinen, Mr. Gellhorn.«
»Ich meine es ernst, Jake. Wenn Sie mithelfen, können Sie Sally retten. Andernfalls werde ich ihr sehr weh tun müssen. Es tut mir leid.«
»Ich komme mit Ihnen, aber ich warne Sie nochmals, Mr. Gellhorn. Sie werden in Schwierigkeiten kommen.«
Das schien ihn zu belustigen. Er grinste vor sich hin, als wir zusammen die Treppe hinabstiegen.
Ein Automatobus wartete vor der Einfahrt zu der Garage. Daneben sah ich die Schatten dreier Männer. Sie hoben ihre Waffen, als wir uns näherten.
»Ich habe den alten Burschen«, sagte Gellhorn leise. »Los! Fahrt den Bus in die Einfahrt! Wir können anfangen.«
Einer der Männer kletterte in den Bus und drückte auf einige Knöpfe auf der Schalttafel. Wir gingen die Einfahrt entlang, und der Bus folgte uns.
»Der Bus kann nicht in die Garage fahren. Das Tor ist zu klein. Wir haben nur Privatautomatics hier.«
»Gut«, sagte Gellhorn. »Er soll hier warten. Aber stellt ihn so, daß man ihn von draußen nicht sehen kann.«
Ich konnte schon das Surren der Autos hören, als wir noch zehn Yards von der Garage entfernt waren. Normalerweise beruhigten sie sich, wenn ich eintrat, aber diesmal war das nicht der Fall. Ich glaube, sie spürten, daß Fremde da waren, und als die Gesichter Gellhorns und der anderen sichtbar wurden, verstärkte sich der Motorenlärm.
Automatisch leuchteten die Scheinwerfer auf, als wir eintraten. Gellhorn schien der Autolärm nicht zu stören, aber seine drei Begleiter blickten sich unbehaglich um. Sie hatten das typische Aussehen von gedungenen Rowdys, den unruhigen, vorsichtigen Blick, die Galgenvogelgesichter. Ich kannte diese Spezies, und ich war nicht sehr besorgt.
»Verdammt, sie verbrennen Gas«, sagte einer der Männer.
»Das tun meine Autos immer«, erwiderte ich steif.
»Aber heute werden Sie es nicht tun«, sagte Gellhorn. »Schalten Sie sie aus!«
»Das ist nicht so leicht, Mr. Gellhorn«, sagte ich.
»Los!« fuhr er mich an.
Ich rührte mich nicht. Sein Nadelrevolver richtete sich auf mich.
»Ich sagte Ihnen, Mr. Gellhorn, daß die Autos gewohnt sind, hier auf der Farm gut behandelt zu werden«, sagte ich. »Jede andere Art der Behandlung lehnen sie ab.«
»Ich gebe Ihnen noch eine Minute Zeit. Halten Sie mir ein anderesmal gelehrige Vorträge.«
»Ich versuche ja nur, Ihnen einiges zu erklären. Ich will Ihnen erklären, daß meine Autos verstehen, was ich zu ihnen sage. Einem Elektronenmotor kann man das mit viel Geduld und Liebe beibringen. Meine Autos haben es gelernt. Sally hat verstanden, was Sie mir vor zwei Tagen vorschlugen. Sie werden sich vielleicht daran erinnern, daß sie lachte, als ich sie um ihre Meinung fragte. Sie weiß auch, was Sie ihr angetan haben, und auch die beiden Limousinen wissen, daß Sie sie beinahe umgefahren haben. Und der Rest meiner Autos weiß, was man mit unbefugten Eindringlingen im allgemeinen macht.«
»Jetzt hören Sie mal, Sie verdammter alter Narr ...«
»Ich muß nur zwei Worte sagen.« Ich hob meine Stimme. »Packt sie!«
Einer der Männer wurde kreidebleich und brüllte auf, aber sein Schrei ging unter im tosenden Lärm von einundfünfzig
Hupen, die alle zugleich lostuteten. Ein wildes, metallisches Echo brach sich an den vier Wänden der Garage. Zwei Autos rollten vorwärts, langsam, aber es gab keinen Zweifel über ihr Ziel. Dann folgten die nächsten zwei, und die anderen bewegten sich aus ihren separaten Boxen.
Die Rowdys rissen die Augen auf und wichen zurück.
»Nicht an die Wand!« schrie ich.
Anscheinend hatten sie instinktiv denselben Gedanken, denn sie rasten wie die Wahnsinnigen zur Garagentür.
An der Tür wandte sich einer von Gellhorns Männern um und hob seinen Revolver. Wie ein dünner blauer Blitz fuhr das nadelförmige Geschoß dem ersten Auto entgegen. Es war Giuseppe.
Ein dünner Kratzer zeigte sich im Lack von Giuseppes Motorhaube, und die rechte Hälfte seiner Windschutzscheibe zersplitterte. Aber sie brach nicht heraus.
Die Männer rannten ins Freie, und in Zweierreihen rollten die Autos ihnen nach, hinein in die Nacht, und die Hupen trompeteten angriffslustig.
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