Stephen Baxter - Zeitschiffe

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Eine neue Reise durch die Zeit führt den Helden aus H. G. Wells’ »Die Zeitmaschine« in Vergangenheiten und Zukünfte, die sich als alternative Zeitströme entpuppen, die er womöglich sehr erzeugt. Der Versuch, das temporale Durcheinander zu ordnen, führt ihn zum Urknall zurück und enthüllt ihm die Geheimnisse des Multiversums… Die »offizielle Fortsetzung« des SF-Klassiker ist eine sehr lange, recht zähe und wenig originelle Hetzjagd durch die Äonen, die erst in ihrem Finale einen »sense of wonder« gewinnt und ein wenig für die aufgewendete Lesezeit entschädigt.

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»Vielleicht«, sagte ich mit wachsender Erregung, »aber, Moses, ich bin überzeugt — ich kann mich einfach nicht irren, trotz des schlechten Lichts —, daß es sich hier um Komponenten aus meinem Laboratorium handelt: Ersatzteile, Prototypen und Ausschuß, den ich während der Konstruktion meiner Zeitmaschine produziert hatte.«

Moses rückte. »Jetzt wissen wir zumindest, daß diese Leute selbst noch nicht die Technik der Plattneriterzeugung kennen.«

Der Morlock kam zu mir und zeigte auf etwas, das in einem dunklen Winkel des Maschinenraums deponiert war. Ich mußte ein paarmal die Augen zusammenkneifen, aber dann konnte ich erkennen, daß es sich bei den plumpen Konturen um meine Zeitmaschine handelte! — ganz und an einem Stück, offensichtlich aus Richmond Hill mitgenommen und in dieses Fort verbracht, noch mit Gras an den Kufen. Die Maschine war mit Tauen gesichert, als ob sie in einem Spinnennetz hängen würde.

Ich verspürte das dringende Bedürfnis, beim Anblick dieses machtvollen Symbols der Sicherheit vor diesen Soldaten zu fliehen — wenn es denn möglich war — und zu meiner Maschine zu gelangen. Vielleicht konnte ich mein Zuhause erreichen, auch jetzt noch…

Aber ich wußte, daß es ein nutzloses Unterfangen sein würde, und rief mich selbst zur Ordnung. Selbst wenn ich die Maschine erreichen konnte — und schon das war ausgeschlossen, weil die Soldaten mich sofort niedermähen würden —, würde ich meine Heimat nicht wiederfinden können. Nach diesem jüngsten Zwischenfall würde keine Version des Jahres 1891 mehr dem sicheren und wohlhabenden Jahr gleichen, das ich dummerweise verlassen hatte. Ich war in der Zeit gestrandet!

Filby kam zu mir. »Was hältst du von der Maschinerie — hm?« Er hieb mir auf die Schulter, und die Berührung war deprimierend sanft, mit der schwindenden Kraft eines alten Mannes. »Das ganze Ding ist von Sir Albert Stern konstruiert worden«, erläuterte er, »der seit Beginn des Krieges führend in diesen Dingen ist. Ich habe mich ziemlich für diese Biester interessiert, wie sie sich im Lauf der Jahre entwickelt haben… Du mußt nämlich wissen, daß mechanische Dinge mich schon immer fasziniert haben.

Sieh dir mal das an.« Er zeigte in Richtung der Nischen im Maschinenraum. »›Meteor‹-Motoren von Rolls-Royce — eine ganze Reihe davon! Und ein Merrit-Brown-Getriebe — siehst du es, dort drüben? Wir haben hier eine Horstmann-Aufhängung, mit diesen drei Fahrgestellen auf jeder Seite…«

»Ja«, fiel ich ihm ins Wort, »aber — lieber alter Filby — wozu soll das alles gut sein?«

»Wozu? Natürlich für die Kriegsführung.« Filby fuchtelte mit der Hand herum. »Dies ist ein Juggernaut: Kitchener-Klasse; eines der neuesten Modelle. Der Hauptzweck der 'Nauts besteht darin, die Festung Europa zu knacken, mußt du wissen; sie können schnell die allermeisten Verteidigungsanlagen überwinden — andererseits sind sie teuer, nicht sehr zuverlässig und nicht einmal beschußfest. Raglan ist ein ziemlich passender Name, meinst du nicht auch? — Denn Lord Fitzroy Raglan war der Teufelskerl, der während des Krimkrieges die Festung Sewastopol fast im Handstreich genommen hat. Vielleicht hätte der arme alte Raglan…«

»Die Festung Europa?«

Er schaute mich traurig an. »Tut mir leid«, meinte er. »Vielleicht hätten sie mich überhaupt nicht hierherschicken sollen — ich vergesse immer wieder, daß du ja gar nicht weißt, was los ist! Ich bin wirklich zu einem alten Penner geworden, fürchte ich. Schau — ich muß dir sagen, daß wir uns seit 1914 im Krieg befinden.«

»Krieg? Mit wem?«

»Nun, mit den Deutschen natürlich. Mit wem denn sonst? Und es ist wirklich eine schreckliche Sache…«

Diese Worte, dieses Streiflicht eines durch vierundzwanzig Jahre Krieg verdüsterten zukünftigen Europas, ließen mir das Mark in den Knochen gefrieren!

In die Zukunft

Wir kamen in eine Kammer mit einer Seitenlänge von vielleicht zehn Fuß; sie war nur wenig mehr als eine mit der Innenwandung des 'Nauts verschraubte Metallkiste. Eine einzelne elektrische Lampe glühte an der Decke, und die Wände waren mit Leder verkleidet, was die metallische Düsternis des Forts milderte und den Lärm der Maschinen dämpfte — obwohl ein noch tieferes Pochen aus der Struktur des Fahrzeugs wahrgenommen werden konnte. Es gab sechs Stühle — schlichte Lehnstühle —, die mit dem Boden verschraubt und mit Ledergurten versehen waren; außerdem einen kleinen Schrank.

Filby winkte uns zu den Stühlen. »Ihr solltet euch festbinden«, sagte er. »Dieser Unfug mit dem Hürdenlauf durch die Zeit ist ziemlich schwindelerregend.«

Moses und ich setzten uns gegenüber. Ich legte die Gurte locker an; Nebogipfel hatte einige Probleme mit den Schnallen, und die Gurte schlackerten um ihn herum, bis Moses ihm half, sie straffzuziehen.

Filby kam auf mich zugetrottet, wobei er etwas in der Hand hielt; es war eine Tasse Tee auf einer gesprungenen Untertasse, mit einem kleinen Keks am Rand. Ich mußte einfach lachen. »Filby, die Wendungen des Schicksals überraschen mich immer wieder. Da sind wir nun hier, kurz vor einer Reise durch die Zeit mit diesem bedrohlichen mobilen Fort — und du servierst uns Tee und Kekse!«

»Nun, dieses Geschäft ist selbst mit den Annehmlichkeiten des Lebens schwierig genug. Du müßtest das doch eigentlich wissen!«

Ich nahm einen Schluck Tee; er war lauwarm und ziemlich fade. Solcherart gestärkt fühlte ich mich, völlig unmotiviert, zu Unfug aufgelegt — im nachhinein glaube ich, daß mein geistiger Zustand etwas angeschlagen gewesen sein mußte, und ich wollte mich weder meiner eigenen Zukunft noch den düsteren Aussichten dieses Krieges im Jahre 1938 stellen. »Filby«, provozierte ich ihn, »kommt dir denn bei meinen Begleitern nichts… äh… seltsam vor?«

»Seltsam?«

Ich stellte ihm Moses vor — und dem armen Filby fielen fast die Augen aus dem Kopf, wobei er sich Tee über das Kinn sabberte.

»Und genau das ist der eigentliche Schock der Zeitreise«, sagte ich zu Filby. »Vergiß das ganze Geschwätz vom Ursprung der Arten oder der Bestimmung der Menschheit — wenn du dir erst einmal selbst als jungem Mann gegenüberstehst, erkennst du die ganze schockierende Tragweite der Sache!«

Filby befragte uns etwas länger zu diesem Aspekt unserer Identität — der gute alte Filby — skeptisch bis zuletzt! »Ich dachte eigentlich, daß ich in meinem Leben schon genug Veränderungen und Wunder gesehen hätte, sogar ohne diesen Zeitreisekram. Aber jetzt — na gut!« Er seufzte, und ich vermutete, daß er in seinem langen Leben wohl schon etwas zuviel gesehen hatte, der arme Kerl; er hatte schon immer zu einer gewissen mentalen Müdigkeit geneigt, bereits als junger Mann.

Ich beugte mich vor, soweit es meine Einschnürung erlaubte. »Filby, ich kann kaum glauben, daß die Menschen so tief gesunken sind — so blind geworden sind. Nun, aus meiner Perspektive klingt euer verdammter Krieg der Zukunft ganz nach dem Ende der Zivilisation.«

»Für einen Menschen unserer Zeit«, erwiderte er feierlich, »mag das wohl so sein. Aber diese jüngere Generation, die mit nichts anderem als Krieg aufgewachsen ist, die niemals die Sonne auf dem Gesicht spüren konnte, ohne Angst vor Luft-Torpedos haben zu müssen — das ist etwas anderes! Ich glaube, daß sie sich mehr oder weniger daran gewöhnt haben; es ist, als ob wir uns in eine unterirdische Spezies verwandelten.«

Ich konnte mir einen Seitenblick auf den Morlock nicht verkneifen.

»Filby, wozu diese Mission durch die Zeit?«

»Es geht weniger um dich als vielmehr um die Maschine. Sie mußten sich die Konstruktion der Zeitmaschine sichern, verstehst du?« begann Filby. »Die Zeit-Technologie ist für die Kriegsanstrengungen von entscheidender Bedeutung. Oder zumindest glauben das einige.

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