Nun trat Nebogipfel vor. »Captain Bond«, sagte der Morlock bedächtig, »Sie sehen doch sicherlich ein, daß Ihre Mission eine logische Absurdität darstellt. Wissen Sie überhaupt, wer diese Männer sind? Wie können Sie die Forschungen sichern, wenn ihr originärer Protagonist…« — er deutete mit einer haarigen Hand auf Moses — »…aus seiner eigenen Zeit entführt wird?«
Daraufhin starrte Bond den Morlock für lange Sekunden an, dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit Moses zu — und mir — und ich dachte, daß ihr jetzt zum erstenmal unsere Ähnlichkeit auffiel! In knappem Ton stellte sie uns allen Fragen, die darauf abzielten, die Authentizität der Bemerkung des Morlocks und von Moses' Identität zu bestätigen. Ich sagte die Wahrheit — so oder so versprach ich mir davon nicht viel für uns — aber vielleicht, so überlegte ich, sollten sie uns etwas rücksichtsvoller behandeln, wenn sie uns schon eine solche historische Bedeutung zuerkannten. Aber ich ging indessen so wenig wie möglich auf meine gemeinsame Identität mit Moses ein.
Schließlich flüsterte Hilary dem Soldaten einige kurze Befehle zu, und er suchte einen anderen Sektor des Fahrzeugs auf.
»Ich werde das Luftfahrtministerium davon informieren, wenn wir zurück sind. Ich bin sicher, daß es mehr als nur interessiert an euch sein wird — und ihr werdet reichlich Zeit haben, das Thema nach eurer Rückkehr mit den Behörden zu diskutieren.«
»Rückkehr?« erwiderte ich heftig. » Rückkehr? Meinen Sie in Ihr 1938?«
Sie blickte gequält drein. »Ich befürchte, daß ich mit den Paradoxien der Zeitreise nicht so vertraut bin; aber die gebildeten Herren im Ministerium werden damit ohne Frage umzugehen wissen.«
Ich vernahm Moses' Gelächter neben mir — laut und mit einem Anflug von Hysterie. »Oh, das ist wirklich gut!« meinte er. »Oh, das ist wirklich gut — jetzt muß ich mir überhaupt keine Gedanken über den Bau der verdammten Zeitmaschine mehr machen!«
Nebogipfel betrachtete mich nüchtern. »Ich fürchte, daß diese multiplen Verzerrungen der Kausalität uns immer weiter von der ursprünglichen Version der Geschichte entfernen — von derjenigen, die vor der Inbetriebnahme der Zeitmaschine bestanden hatte…«
Da unterbrach uns Captain Bond. »Ich kann Ihre Aufregung verstehen. Aber ich kann Ihnen auch versichern, daß Sie in keinerlei Hinsicht den geringsten Schaden erleiden werden — im Gegenteil, meine Mission dient Ihrem Schutz. Außerdem«, ergänzte sie nonchalant, »habe ich es auf mich genommen, jemanden mitzubringen, der Ihnen helfen wird, mit uns zu kooperieren. Einen Eingeborenen aus der Epoche, wie Sie sagen würden.«
Eine weitere Gestalt arbeitete sich aus dem dunklen Heck langsam zu uns vor. Sie verfügte auch über die obligatorischen Epauletten, eine Faustfeuerwaffe und die an der Hüfte baumelnde Maske; aber die Uniform — schmutzig und schwarz — wies keinerlei militärische Rangabzeichen auf. Diese Person bewegte sich langsam und ziemlich unbeholfen über die schmalen Stege und ließ alle Anzeichen des Alters erkennen; ich bemerkte, daß sich die Uniform über einen Schwabbelbauch spannte.
Die Stimme war schwächlich — sie übertönte kaum den Motorenlärm. »Guter Gott, du bist das«, rief er mir zu. »Ich bin wegen der Deutschen bis an die Zähne bewaffnet — aber weißt du, ich hatte nicht mehr mit deinem Erscheinen gerechnet, nach der Dinnerparty letzten Donnerstag —, und schon gar nicht unter solchen Umständen!«
Als er in das Licht trat, war ich reif für den zweiten Schock. Obwohl die Augen trübe waren, die Haltung gebückt und kaum noch eine Spur von Rot in diesem grauen Haarwuschel zu sehen war — und obwohl die Stirn des Mannes von einer häßlichen Narbe entstellt wurde — handelte es sich hier fraglos um Filby.
Ich sagte ihm, daß ich ein Verdammter der Zeit wäre.
Filby kicherte maliziös, als er sich mir näherte. Ich ergriff seine Hand — sie war zerbrechlich und mit Leberflecken übersät — und ich schätzte ihn auf mindestens fünfundsiebzig. »Magst du verdammt sein. Vielleicht sind wir alle verdammt! — aber trotzdem ist es gut, dich zu sehen.« Er widmete Moses einige schiefe Blicke: wenig verwunderlich, dachte ich mir!
»Filby — mein Gott! — Mensch, ich platze bald vor lauter Fragen.«
»Darauf wette ich. Deswegen haben sie mich ja auch aus dem Altersheim im Bournemouth Dome geholt. Ich bin mit der Akklimatisierung beauftragt, wie sie es nennen — um euch Eingeborenen aus der Vergangenheit bei der Anpassung zu helfen — verstehst du?«
»Aber Filby — es kommt mir erst wie gestern vor — wie kommt es, daß du…«
»Das?« Er zeichnete seine gebrechliche Statur mit einer abschätzigen, zynischen Geste nach. »Wie es kommt, daß ich so aussehe? Die Zeit, mein Freund. Dieser wundervolle Fluß, auf dessen Wellen du, wie du uns glauben machen wolltest, wie ein Ruderer hin- und herfahren konntest. Nun, die Zeit ist nicht des einfachen Menschen Freund; ich bin auf die rauhe Art durch die Zeit gereist, und das ist das Ergebnis dieser Reise. Seit unserer letzten Sitzung in Richmond und deinem andeutungsweisen magischen Geschwätz von dem Zeitmaschinenmodell — erinnerst du dich? — und deinem Verschwinden in die Zukunft sind für mich siebenundvierzig Jahre vergangen.«
»Noch ganz der alte Filby«, sagte ich mit Sympathie und ergriff seinen Arm. »Selbst du wirst zugeben müssen — spätestens jetzt — daß ich mit der Zeitreise recht hatte!«
»Ist uns allen auch gut bekommen«, grummelte er.
»Und nun«, unterbrach uns der Captain, »wenn Sie mich bitte entschuldigen, meine Herren, ich habe einen 'Naut zu kommandieren. Wir werden in wenigen Minuten zur Abreise bereit sein.« Sie nickte Filby zu und widmete sich wieder ihrer Besatzung.
Filby seufzte. »Kommt mit«, meinte er. »Es gibt einen Platz im Heck, wo wir uns hinsetzen können; dort ist es nicht ganz so laut und schmutzig wie hier.«
Wir schlugen uns zum rückwärtigen Sektor des Forts durch.
Als wir durch den Mittelgang gingen, konnte ich einen näheren Blick auf die Antriebsart des Forts werfen. Unterhalb der zentralen Laufstege sah ich über einem Metallboden eine Anordnung langer Wellen, die frei um eine gemeinsame Achse rotierten; und die Wellen waren mit diesen immensen Rädern gekoppelt. Diese Elefantenfüße, die wir zuvor gesehen hatten, hingen an Beinstümpfen an den Rädern. Von den Rädern tropften Schlamm und Bruchstücke des aufgerissenen Straßenbelags in den Maschinenraum. Ich sah, daß mittels der Wellen die Räder relativ zum Hauptkörper des Forts angehoben oder abgesenkt werden konnten, und es schien, daß die Füße ebenfalls angehoben werden konnten, und zwar über pneumatische Kolben. Es war dieses Arrangement, das die variable Gangart des Forts ermöglichte und es in die Lage versetzte, sich selbst im unzugänglichsten Gelände fortzubewegen oder bei starken Steigungen eine waagrechte Position beizubehalten.
Moses deutete auf den stabilen, stählernen Gitterrohrrahmen, der die Konstruktion des Forts trug. »Schau«, meinte er leise zu mir, »fällt dir an diesem Abschnitt etwas auf? — und auch dort drüben? — die Stangen, die wie Quarz aussehen. Man kann nur schwer sagen, welchen konstruktiven Zweck sie erfüllen.«
Ich sah gründlicher hin; es war schwer, im Licht der entfernten elektrischen Lampen Gewißheit zu erlangen, aber ich glaubte, ein merkwürdiges grünes Leuchten der Quarz- und Nickelstangen wahrzunehmen — ein Fluoreszieren, das mir nur zu bekannt vorkam!
»Es ist Plattnerit«, zischte ich Moses zu. »Die Stäbe sind dotiert worden…«
»Nun, das überrascht mich nicht«, entgegnete Moses. »Wir wissen doch, daß dieses Fort auch eine Zeitmaschine ist.«
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