»Ich habe keine Probleme«, sagte Gideon Mace. »Sie haben welche. Ich habe Zweifel an der Unbedenklichkeit Ihres Medikaments; es könnte karzinogen sein. Und was die Zeitersparnis betrifft, so interessiert mich das nicht. Es besteht keine Eile. Wir haben viel Zeit.«
»Sie vielleicht«, gab Lord zurück. »Aber was ist mit den Menschen, die herzkrank sind und Staidpace benötigen - jetzt benötigen? In Europa, wo es seit langem zugelassen ist, hat es schon vielen Menschen das Leben gerettet. Deshalb wären wir an einer baldigen Zulassung interessiert.«
Mace lächelte dünn. »Damit Felding-Roth ganz beiläufig auch einen Haufen Geld verdient.«
Lord mußte sich zusammennehmen. »Das hat für mich nie ir-gendwelche Bedeutung gehabt.«
»Wie Sie meinen«, sagte Mace skeptisch. »Aber für mich hören Sie sich mehr wie ein Verkäufer als wie ein Wissenschaftler an.«
Vincent Lord hatte sich auch jetzt noch in der Gewalt. »Sie erwähnten die Unbedenklichkeit. Wie aus unserem Antrag ersichtlich ist, sind die Nebenwirkungen minimal, in keiner Weise gefährlich, und es hat auch keinerlei Hinweise auf krebserregende Substanzen gegeben. Würden Sie mir also bitte den Anlaß für Ihre Zweifel nennen?«
»Nicht jetzt«, sagte Mace. »Ich denke noch immer darüber nach.«
»Und inzwischen wird keine Entscheidung getroffen.«
»Richtig.«
»Dem Gesetz nach haben sie eine Zeitspanne von sechs Monaten . . .«, begann Lord.
»Halten Sie mir keine Vorträge über Gesetze«, sagte Mace gereizt. »Die sind mir bekannt. Aber wenn ich Ihren Antrag vorübergehend ablehne und auf weiteren Daten bestehe, fangen wir mit der Zeitrechnung ganz von vorn an.«
Das war fraglos richtig. Derartige verfahrenstechnische Verzögerungstaktiken waren bei der FDA üblich - manchmal aus gutem Grund, wie Vincent Lord zugeben mußte, manchmal aber auch nur aus einer Laune heraus oder um Entscheidungen hinauszuzögern.
Lord hatte die Grenzen seiner Geduld erreicht. »Keine Entscheidung zu treffen, ist immer der sicherste Weg für einen Bürokraten, nicht wahr?«
Mace lächelte, gab aber keine Antwort.
Das Gespräch blieb ergebnislos, abgesehen von einer noch größeren Frustration auf seifen Vincent Lords. Und er faßte einen Entschluß: Er würde sich bemühen, soviel wie möglich über Dr. Mace in Erfahrung zu bringen. Manchmal konnten derartige Informationen recht nützlich sein.
Im Lauf der nächsten Monate begab sich Lord noch mehrmals nach Washington in die Zentrale der FDA. Und jedesmal erfuhr er durch beiläufige Fragen, die er Kollegen von Mace stellte, und durch diskrete Nachforschungen außerhalb der Behörde eine erstaunliche Menge.
Inzwischen hatte Mace an einer der Studien, die Staidpace betrafen, etwas auszusetzen - es handelte sich um klinische Untersuchungen an Herzkranken. Mace, der seine Macht sichtlich genoß, verlangte, daß die gesamte Testserie wiederholt wurde. Lord konnte für dieses teure, ein ganzes Jahr währende Verfahren keinen Grund erkennen. Er hätte Einspruch erheben können, aber er war sich darüber im klaren, daß dies der Sache schaden würde und die Gefahr bestand, daß der Staidpace-Antrag bis in alle Ewigkeit storniert oder das Medikament überhaupt nicht zugelassen wurde. Daher gab Vincent Lord zögernd die Anweisung, eine weitere Testserie durchzuführen.
Kurz darauf informierte er Sam Hawthorne über die Entscheidung und berichtete ihm, was er über Gideon Mace in Erfahrung gebracht hatte.
»Mace ist ein verkrachter Arzt«, begann Lord. »Außerdem ist er Alkoholiker und in Geldschwierigkeiten, zum Teil weil er zwei Frauen Alimente zahlen muß. Er ist Doppelverdiener, weil er an den Abenden und Wochenenden in einer privaten Arztpraxis aushilft.«
»Was meinen Sie mit >ein verkrachter Arzt