Arthur Hailey - Flug in Gefahr

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Der Roman zum erfolgreichen, immer wieder gespielten Fernsehfilm mit Ingmar Zeisberg und dem unvergessenen Hanns Lothar: Die dramatische Geschichte eines Fluges, bei dem der Pilot und der Copilot schwer erkranken.
Autor Arthur Hailey, geboren 1920 in Luton/England, wanderte nach dem Kriegsdienst bei der Royal Air Force nach Kanada aus. In Toronto redigierte er von 1949 bis 1953 die Zeitschrift »Bus and Truck Transports«. 1965 siedelte er sich in Kalifornien an; heute lebt er auf den Bahamas.
Nach dem Erfolg seiner Fernsehspiele, die sich meist mit dem Schicksal von Piloten befaßten, schrieb er mehrere Romane über das Leben auf Flugplätzen, in Hotels und in Industrieunternehmen. Sie wurden Bestseller und auch ins Deutsche übersetzt, so »Hotel« (1965) und »Airport« (1968). Haileys erster Bestseller ist der Roman »Flug in Gefahr« (1958), den er zusammen mit John Castle geschrieben hat, dem Autor des erfolgreichen Kriegsromans »The Password is Courage« und des 1962 bei Engelhorn unter dem Titel »Die siebente Plage« erschienenen Thrillers über biochemische Waffen.
Das Flugpersonal der Luftlinien operiert überall in der Welt mit der Greenwich-Zeit. Für die Passagiere jedoch bringt die Luftreise von Winnipeg nach Vancouver (1500 Meilen) drei örtliche Zeiten mit sich: Central Time, Mountain Time und Pacific Time.
Dieses zweimalige Umstellen der Uhr, und zwar jeweils um eine Stunde zurück, würde die chronologische Folge dieses Berichtes stören. Aus diesem Grunde wurde eine durchgehende Standardzeit gewählt.
Es erübrigt sich, darauf hinzuweisen, daß die Handlung, die Luftlinie und sämtliche Personen frei erfunden sind.

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22 Uhr 05 - 00 Uhr 45

In strömendem Regen bog ein Taxi, den Strahl der Scheinwerfer vor sich herjagend, in die Auffahrt zum Flughafen von Winnipeg ein. Heulend kreischten die Reifen in der Kurve, als wollten sie gegen die schlechte Behandlung protestieren. Der Chauffeur trat auf die Bremsen. Die Federn knirschten, als der Wagen unter den breiten Neonlampen des Empfangsgebäudes hielt. Ein Mann stieg aus, warf dem Fahrer ein paar Banknoten hin, griff nach seinem kleinen Koffer und hastete durch die Schwingtüren.

Angesichts der Wärme und des hellen Lichtes in der großen Halle verhielt er für einen Augenblick den Schritt. Mit einer Hand klappte er den Kragen seines feuchten Mantels nach unten, dann warf er einen Blick auf die große elektrische Wanduhr. Halb gehend, halb laufend eilte er zum Schalter der Cross Canada Airlines, der, fast wie eine Bar anzusehen, in einer Ecke klebte. Ziemlich verlassen stand ein Schalterbeamter dahinter, der eine Passagierliste prüfte. Als der Mann den Schalterbeamten erreichte, nahm dieser gerade ein kleines Mikrophon zur Hand, bedeutete dem Ankommenden zu schweigen, indem er die Augenbrauen hob, und begann mit wohlabgewogener Präzision zu sprechen:

„Flug 98 - Flug 98. Direkter Flugdienst nach Vancouver mit Anschlüssen nach Victoria, Seattle und Honolulu. Alle Passagiere für Flug 98 sofort zum Flugsteig vier, bitte. Bevor das Flugzeug in der Luft ist, wollen Sie bitte nicht mehr rauchen."

Einige Leute erhoben sich aus den Sesseln oder kamen vom Zeitungsstand. Aufatmend durchquerten sie die Halle. Der Mann im nassen Übermantel öffnete den Mund, um den Schalterbeamten anzusprechen, als er von einer älteren Dame, die sich an ihm vorbeidrängelte, energisch zur Seite geschoben wurde. „Junger Mann", wandte sie sich an den Schalterbeamten, „ist Flugzeug 63 von Montreal schon angekommen?"

„Nein, Madame", sagte der junge Mann hinter dem Schalter lächelnd. Dann warf er einen Blick auf seine Liste. „Es ist noch unterwegs und wird etwa 37 Minuten Verspätung haben."

„Oh, dear", jammerte die Dame, „ich habe schon für meine Nichte ausgemacht, daß..."

„Bitte", sagte der Mann im Übermantel eilig, „haben Sie noch einen Platz für Flug 98 nach Vancouver?"

Der junge Mann hinter dem Schalter schüttelte den Kopf und sagte: „Bedaure. Nicht einen einzigen. Haben Sie schon beim Reservationsbüro nachgefragt?"

„Keine Zeit gehabt. Ich kam direkt zum Flugplatz und hoffte auf eine Streichung." Der Mann wischte mit der Hand über das Pult. „Manchmal hat man Glück damit... "

„Sehr richtig", sagte der Mann hinter dem Pult. „Aber wegen des großen Spiels morgen in Vancouver ist alles überfüllt. Alle Flüge sind restlos gebucht, und vor morgen nachmittag werden Sie kaum etwas bekommen können."

Der Mann fluchte vor sich hin, stellte sein Köfferchen auf den Boden und schob sich den triefenden Hut ins Genick. „Verdammt noch mal", sagte er aufgeregt, „- aber ich muß morgen früh in Vancouver sein!"

„Seien Sie nicht so ruppig", schnappte die alte Dame. „Jetzt bin ich an der Reihe! Und nun hören Sie gut zu, junger Mann", wandte sie sich wieder an den Mann hinter dem Pult, „meine Nichte bringt... "

„Einen Moment, Madame", mischte sich der Agent ein. Er lehnte sich über das Pult und tippte mit dem Bleistift auf den Ärmel des aufgeregten Mannes. „Sehen Sie, es ist nicht meine Sache, Ihnen das zu sagen... "

„Ja, was?" „Na, so etwas!" explodierte die alte Dame.

„Es gibt einen Charterflug von Toronto", sagte der Mann hinter dem Pult unbewegt zu jenem im Übermantel, „der speziell für dieses Spiel angesetzt ist. Ich glaube, es waren noch ein paar Plätze frei, als die Maschine ankam. Vielleicht können Sie da einen ergattern."

„Großartig", sagte der Mann im Übermantel und angelte nach seinem kleinen Koffer. „Glauben Sie, ich habe dort eine Chance?"

„Probieren Sie's."

„Und wo ist der Mann, an den ich mich wenden muß?"

Der Agent wies quer durch die Halle. „Dort drüben rechts, am Schalter der Maple Leaf Air Charter. Aber bitte, sagen Sie nicht, daß ich Sie hingeschickt habe."

„Es ist wirklich ein Skandal", wütete die alte Dame. „Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, junger Mann, daß meine Nichte..."

„Vielen Dank", sagte der Mann im Mantel und ging munter davon, auf ein schmales Pult zu, hinter dem ein anderer Agent, diesmal im dunklen Anzug anstelle der smarten Uniform der Cross Canada Airlines, saß. Als der Mann auf den Schalter zukam, blickte er auf, erhob sich und nahm den Bleistift schreibbereit in die Hand. „Sir?"

„Vielleicht können Sie mir helfen. Haben Sie zufällig einen Sitz für den Flug nach Vancouver frei?"

„Vancouver? Moment, da muß ich erst nachsehen." Der Bleistift fuhr eine Passagierliste herunter. „Ja", sagte er dann, „tatsächlich, gerade einen. Aber die Maschine startet sofort, sie hat ohnehin schon Verspätung..."

„Fein", sagte der Mann im Mantel. „Und ich kann den Platz haben?"

Der Schalterbeamte griff nach dem Billettblock. „Ihr Name, bitte?"

„George Spencer." Schnell war alles eingetragen.

„Das macht 65 Dollar für den einfachen Flug, Sir. Danke -freut mich, daß ich Ihnen helfen konnte. Haben Sie Gepäck?"

„Nur dieses Ding hier. Ich nehme es mit in die Kabine." In ein paar Sekunden war das Gepäck gewogen und mit dem Gepäckzettel versehen.

„Hier, bitte, Sir. Das Billett ist Ihr Passierschein. Gehen Sie auf Flugsteig 3 und fragen Sie nach Flug Nummer 714. Bitte beeilen Sie sich. Das Flugzeug ist wirklich schon im Begriff zu starten."

Spencer nickte, drehte sich nach dem Cross-Canada Schalter um, winkte seinem hilfsbereiten Freund zu, der - über die Schulter der alten Dame hinweg - strahlend zurücklächelte. Dann eilte er durch das Ausgangstor.

Draußen mischte sich die Kälte der Nacht mit dem Heulen der Flugzeugmotoren. Wie auf allen Flugplätzen der Welt schien auch hier einige Konfusion zu herrschen. Doch das täuschte. In Wirklichkeit ging alles nach einer strengen Ordnung vor sich. Irgendein Mann wies Spencer quer durch das helle Licht, das den Regen sichtbar machte, auf ein wartendes Flugzeug zu, dessen vier Propeller blitzende Silberscheiben in die Dunkelheit zauberten. Männer waren schon damit beschäftigt, die Treppe von diesem Flugzeug wegzurollen. Mit großen Sätzen über die Pfützen hinwegspringend, erreichte Spencer die Männer, übergab seinen Billettabschnitt und rannte die Stufen hinauf. Der Luftstrom der bereits laufenden Motoren wirbelte ihm um den Kopf. Spencer bückte sich, betrat das Flugzeug und stand einen Moment still, um erst wieder zu Atem zu kommen. Die Stewardeß, die ein wasserdichtes Cape trug, begrüßte ihn lächelnd. Dann sicherte sie den Verschluß der schweren Tür.

„Ich bin nicht mehr besonders in Form", sagte Spencer entschuldigend und noch immer atemlos.

„Guten Abend, Sir", antwortete die Stewardeß freundlich. „Es freut mich, Sie an Bord zu haben... "

„Glücklicherweise habe ich's gerade noch geschafft."

„Dort vorn ist ein Platz frei", sagte das Mädchen.

Spencer schlüpfte aus dem Mantel, nahm den Hut ab und ging durch den Gang auf den freien Platz zu. Mit einiger Schwierigkeit konnte er den Mantel in das Gepäcknetz hineinzwängen. „Diese Dinger werden nie groß genug gemacht", bemerkte er zu seinem Nachbarn, der ihm zuschaute und seinerseits das Gepäck einfach unter dem Sitz verstaut hatte. Dann sank Spencer erlöst und aufatmend in die weichen Polster.

„Guten Abend", kam die Stimme der Stewardeß über den Lautsprecher. „Die Maple Leaf Air Charter Company heißt ihre neuen Passagiere von Flug 714 willkommen. Wir hoffen, daß Sie einen angenehmen Flug haben werden. Bitte schnallen Sie sich an; wir werden jeden Moment starten."

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