Lababiti bestellte beim Barkeeper einen Ouzo für Coustas, dann winkte er ihn zu sich herüber.
Sie waren zwar Terroristen, aber keine Dilettanten. Sobald die Männer mit den Nachtsichtgeräten bestätigten, dass Coustas die Bar betreten hatte, machten die beiden Männer mit dem Karren auf dem Kai kehrt und hielten neben der Larissa an. Schnell kletterten sie an Bord und begannen zu suchen. Schon nach wenigen Minuten hatten sie die Kiste lokalisiert, die die Atombombe enthielt, und meldeten ihren Fund dem Beobachtungsteam, das in einem gemieteten Lieferwagen saß. Der Lieferwagen rollte bis zum Ende des Kais, während die beiden Terroristen an Bord der Larissa gleichzeitig die Kiste über die Reling wuchteten. Sie hoben die mit Abfall beklebte Abdeckung hoch und deponierten die Kiste in dem mit einer zusätzlichen Bleipanzerung versehenen Karren.
Indem einer der beiden den Karren zog und der andere schob, bewegten sie sich ohne auffällige Eile über den Kai.
Lababiti und Coustas hatten sich an einen Tisch im hinteren Teil der Bar zurückgezogen. Toilettengerüche wehten über sie hinweg. Coustas hatte mittlerweile seinen zweiten Drink und wurde immer lebhafter.
»Was ist denn nun diese spezielle Fracht, für deren Transport Sie so viel Geld bezahlt haben?«, fragte er Lababiti und lächelte verschwörerisch. »Da Sie Araber sind und die Kiste so schwer ist, nehme ich an, dass Sie Gold schmuggeln.«
Lababiti nickte, womit er die Anschuldigung weder bestätigte noch zurückwies.
»Wenn es so ist«, sagte Coustas, »dann finde ich, dass jetzt ein stattlicher Bonus angesagt wäre.«
Sobald die Kiste mit der Bombe in den Lieferwagen eingeladen war, rasten die beiden Beobachter davon. Die anderen beiden Männer rollte den Karren zum Wasser hinunter und stießen ihn hinein. Dann rannten sie zu einem in der Nähe geparkten Motorrad und schwangen sich darauf. Sie starteten die Maschine und fuhren den Hügel hinauf zur Bar.
Lababiti hasste die Griechen nicht so sehr wie die Bewohner der westlichen Hemisphäre, aber besonders gut leiden konnte er sie auch nicht.
Er empfand sie als laut, aufdringlich und meist sittenlos. Außerdem kannten sie keine Umgangsformen. Coustas hatte bereits zwei Drinks spendiert bekommen, jedoch keinerlei Anstalten gemacht, sich bei Lababiti zu revanchieren. Während er dem Barkeeper durch eine Geste zu verstehen gab, er solle noch eine Runde bringen, erhob sich Lababiti von seinem Stuhl.
»Über einen Bonus unterhalten wir uns, wenn ich zurückkomme«, sagte er. »Vorher muss ich kurz die sanitären Einrichtungen aufsuchen. Dar Barkeeper ist gerade unterwegs — warum machen Sie sich nicht nützlich und holen die Gläser selbst von der Theke?«
»Ich habe noch etwas in meinem Glas«, sagte Coustas grinsend.
»Das können Sie austrinken, wenn Sie zurückkommen«, sagte Lababiti und entfernte sich.
Als er die Toilette betrat, kam es ihm vor, als befände er sich in einem Außenklo. Es roch nicht besonders gut, und die Beleuchtung war armselig. Glücklicherweise wusste Lababiti genau, wo er die Tablette versteckt hatte, also holte er ein in Folie eingeschweißtes Päckchen aus der Tasche und wickelte es aus.
Dann, die Tablette in seiner Hand versteckend, ging er schnell zum Tisch zurück.
Coustas stand immer noch an der Theke, wo er den Barkeeper zu überreden versuchte, etwas mehr Ouzo in sein Glas zu schütten. Er verfolgte, wie sich der Barkeeper vorbeugte und die Flasche ansetzte, um das Glas des Griechen aufzufüllen, während gleichzeitig ein schlanker, dunkelhäutiger Mann in der Eingangstür der Bar erschien, kurz nieste und wieder verschwand. Lababiti war soeben im Begriff, sich wieder niederzulassen, als er das Signal bemerkte, dass der Diebstahl erfolgreich verlaufen war.
Er zerbröselte die Tablette und streute die Krümel in den restlichen Ouzo in Coustas’ Glas.
Dann setzte er sich, während der Grieche mit zwei frischen Drinks zum Tisch kam. Der Lärm eines Motorrads, das sich rasant entfernte, drang von der Straße herein. »Der Barkeeper will mehr Geld«, sagte Coustas und ließ sich auf seinen Stuhl fallen, »er meint, was Sie ihm gegeben haben, sei aufgebraucht.«
Lababiti nickte. »Ich muss raus zu meinem Wagen, um noch ein paar Pfund zu holen. Trinken Sie ruhig Ihr Glas aus. Ich bin gleich wieder zurück.«
»Können wir dann über einen Bonus sprechen?«, fragte Coustas, setzte das noch zu einem Drittel gefüllte Glas an die Lippen und trank einen Schluck.
»Sowohl über einen Bonus als auch über die Übergabe der Fracht«, sagte Lababiti und erhob sich. »Ich nehme an, Sie möchten in Gold ausgezahlt werden?«
Coustas nickte, während Lababiti zur Tür ging. Er war berauscht — sowohl vom Ouzo als auch von der Aussicht auf den unerwarteten Reichtum. Alles schien perfekt zu laufen — bis er einen stechenden Schmerz in der Brust verspürte.
Lababiti zeigte dem Barkeeper mit einer Handbewegung an, dass er nur kurz hinausgehe, dann verließ er die Bar und ging die Straße ein Stück hinauf zu seinem Jaguar. Die Straße war verlassen, mit Abfall übersät und durch die wenigen noch funktionierenden Straßenlaternen nur unzureichend beleuchtet.
Eine Avenue der zerbrochenen Träume und vergeblichen Hoffnungen.
Lababiti zögerte keine Sekunde. Er schloss die Tür seines Wagens mit dem Funkschlüssel auf, schwang sich hinein und startete den Motor. Er stellte die Lautstärke des CD-Players ein und gab Gas.
Als der Inhaber der Bar auf die Straße hinausrannte, um dem elegant gekleideten Fremden Bescheid zu sagen, dass sein Freund zusammengebrochen sei, sah er nur noch die Rücklichter des Jaguars, der soeben die Hügelkuppe erreichte und dahinter verschwand.
Gewöhnlich erscheinen englische Polizeiinspektoren nicht am Ort des Geschehens, wenn Leute in Bars sterben. So etwas geschieht des Öfteren, und die Ursachen sind meistens offensichtlich. Um Inspector Charles Harrelson aus dem Bett zu holen, war ein Anruf aus dem Büro des gerichtlichen Leichenbeschauers erforderlich. Und anfangs war er nicht allzu glücklich darüber. Nachdem er seine Pfeife gestopft hatte, zündete er sie an und betrachtete durch die Qualmwolken die Leiche. Dann schüttelte er den Kopf.
»Macky«, sagte er zu dem Coroner, »deswegen hast du mich geweckt?«
Der Gerichtsarzt, David Mackelson, arbeitete schon seit fast zwanzig Jahren mit ihm zusammen. Er wusste, dass der Inspektor immer ein wenig ungehalten war, wenn er aus tiefem Schlaf gerissen wurde.
»Willst du eine Tasse Kaffee, Charles?«, fragte Macky vorsichtig. »Ich glaube, ich kann den Inhaber überreden, uns eine zu kochen.«
»Nicht, wenn ich wieder ins Bett zurückkehre«, sagte Harrelson, »was ich dem Aussehen dieses armen Teufels nach bestimmt gleich tun werde.«
»Oh«, sagte Macky, »ich denke, du wirst doch eine brauchen.«
Er zog das Laken zurück, mit dem Coustas’ Körper bedeckt war, und deutete auf die roten Flecken an seinen Armen.
»Weißt du, was das ist?«, fragte er Harrelson.
»Keine Ahnung«, entgegnete der Inspektor.
»Das sind Verbrennungen, die durch starke Strahlung verursacht wurden«, sagte Macky, holte eine Dose Schnupftabak aus der Tasche und nahm eine Prise davon. »Und jetzt, Charles, bist du doch sicher froh, dass ich dich geweckt habe, oder?«
George Adams entdeckte die Cessna, gab Juan Cabrillo ein Zeichen und deutete auf die bewegliche Landkarte auf dem Schirm des Navigationssystems.
»In ein paar Minuten wird er über Land sein«, meldete Adams über den Helmlautsprecher.
»Hoffen wir«, sagte Cabrillo, »dass ihn die RAF schon erwartet. Dann können wir diese Geschichte endlich ein für alle Mal abschließen. Wie sieht es mit unserem Treibstoff aus?«
Adams deutete auf die Anzeige. Der Gegenwind hatte seinen Tribut gefordert, und die Nadel zitterte fast über der Leer-Marke. »Wir fliegen schon seit einiger Zeit auf Reserve, Juan, aber es reicht aus, um bis zum Festland zu kommen. Wie es dann weitergeht, lässt sich jedoch nicht voraussagen.«
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