»Ich muß mit Mr. Di Silva sprechen. Hier ist Jennifer Parker.« »Es tut mir leid. Mr. Di Silva ist in einer Konferenz. Er darf nicht gestört...«
»Sie holen ihn jetzt ans Telefon, sofort! Es handelt sich um einen Notfall. Laufen Sie schon!« Jennifers Stimme zitterte. Di Silvas Sekretärin zögerte. »Einen Moment bitte.« Kurz darauf kam Robert Di Silva an den Apparat. »Ja?« Sein Ton war unfreundlich.
»Passen Sie auf, und passen Sie gut auf«, sagte Jennifer.
»Adam Warner soll ermordet werden. Es soll in den nächsten zehn oder fünfzehn Minuten geschehen. Auf der Brücke von New Canaan.«
Sie hängte auf. Mehr konnte sie nicht tun. Sie stellte sich Adams Körper von einem Unfall zerfetzt vor und schauderte. Sie warf einen Blick auf ihre Uhr und betete innerlich, daß Di Silvas Männer schneller waren als Michaels Killer.
Robert Di Silva legte den Hörer auf und blickte die Männer in seinem Büro an. »Das war ein merkwürdiger Anruf.« »Von wem?«
»Jennifer Parker. Sie behauptete, daß jemand Senator Warner ermorden will.«
»Warum hat sie Sie angerufen?«
»Das weiß der Teufel.«
»Halten Sie ihre Vermutung für möglich?«
Staatsanwalt Di Silva sagte: »Natürlich nicht.«
Jennifer trat durch die Tür, und trotz allem konnte Michael nicht anders, als auf ihre Schönheit reagieren. Es war die gleiche Reaktion wie immer. Seine Gefühle hatten sich nicht verändert. Äußerlich war sie die entzückendste Frau, die er je gesehen hatte. Aber unter der schönen Schale war sie trügerisch, tödlich. Er blickte auf die Lippen, die Adam Warner geküßt hatten, und auf den Körper, der in Adam Warners Armen gelegen hatte.
Sie betrat den Raum und sagte: »Michael, ich bin so froh, dich zu sehen. Danke, daß du alles so schnell arrangiert hast.«
»Kein Problem. Ich habe auf dich gewartet, Jennifer.« Sie würde nie erfahren, wie sehr er auf sie gewartet hatte. Sie ließ sich in einen Armsessel fallen. »Michael, was, in Gottes Namen, geht hier eigentlich vor? Was ist los?« Beinahe bewundernd beobachtete er sie. Sie war mitverantwortlich dafür, daß sein Reich zusammenbrach, und nun saß sie ihm wie die Unschuld persönlich gegenüber und fragte, was eigentlich los sei.
»Weißt du, warum sie mich zurückgeholt haben?« Sicher, dachte er. Damit du ihnen noch etwas mehr vorsingen kannst. Er dachte an den kleinen gelben Kanarienvogel mit dem gebrochenen Genick. Genauso würde Jennifer auch bald enden.
Jennifer blickte in seine schwarzen Augen. »Geht es dir gut?«
»Es ist mir nie besser gegangen.« Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »In ein paar Minuten werden all unsere Probleme vorbei sein.«
»Wie meinst du?«
»Senator Warner wird einen Unfall haben. Das wird den Senatsausschuß etwas abkühlen.« Er blickte auf die Uhr an der Wand. »Ich erwarte den Anruf jeden Augenblick.« Michaels Benehmen war seltsam, erschreckend. Jennifer hatte plötzlich eine Ahnung von Gefahr.
Sie stand auf. »Ich hatte noch gar keine Gelegenheit, auszupacken. Ich werde schnell...«
»Setz dich.« Der Unterton in Michaels Stimme ließ ihr einen Schauer über den Rücken laufen. »Michael...«
Sie warf einen Blick zur Tür hinüber. Gino Gallo hatte sich mit dem Rücken dagegengelehnt und sah Jennifer ausdruckslos an. »Du gehst nirgendwo hin«, erklärte Michael ihr.
»Ich verstehe nicht...«
»Sei still. Sag nichts mehr, kein Wort.« Sie saßen einander gegenüber und starrten sich an, das einzige Geräusch im Raum war das Ticken der Uhr an der Wand. Jennifer versuchte, in Michaels Augen zu lesen, aber sie waren leer, verrieten nichts und zeigten keine Neugier. Das plötzliche Schrillen des Telefons zerriß die Stille. Michael hob den Hörer ab.
»Hallo?... Bist du sicher?... In Ordnung. Verschwindet dort.« Er legte den Hörer wieder auf und blickte Jennifer an. »Die Brücke bei New Canaan wimmelt von Cops.« Jennifer fühlte sich schwach vor Erleichterung. Michael beobachtete sie, und sie bemühte sich, ihre Gefühle zu verbergen. Sie fragte: »Was hat das zu bedeuten?« Michael sagte langsam: »Gar nichts. Denn dort werden wir Adam Warner nicht umlegen.«
Die Zwillingsbrücken des Garden State Parkway waren auf keiner Karte verzeichnet. Der Garden State Parkway führte zwischen den Amboys über den Raritan und spaltete sich dort in zwei Brücken, von denen die eine nach Norden und die andere nach Süden führte.
Die Limousine des Präsidentschaftskandidaten befand sich westlich von Perth Amboy auf dem Weg zur südlichen Brücke. Adam Warner saß auf dem Rücksitz, einen Sicherheitsbeamten neben und die Rücken von zwei weiteren vor sich.
Agent Clay Reddin war der Wachtruppe des Senators bereits vor sechs Monaten zugeteilt worden, und er hatte Adam Warner ziemlich gut kennengelernt. Er hatte ihn immer für einen offenen, zugänglichen Mann gehalten, aber heute war der Senator den ganzen Tag über seltsam schweigsam und zurückgezogen. Tief besorgt, war das Wort, das Reddin einfiel. Für ihn war es keine Frage, daß Senator Warner der nächste Präsident der Vereinigten Staaten sein würde, und er, Reddin, trug die Verantwortung dafür, daß ihm nichts zustieß. Er durchdachte noch einmal die Vorkehrungen, die zur Sicherheit des Senators getroffen waren. Zufrieden stellte er fest, daß nichts schiefgehen konnte.
Er blickte noch einmal zu dem Präsidentschaftskandidaten hinüber und fragte sich, woran er denken mochte. Adam Warner war von Di Silva informiert worden, daß Jennifer verhaftet worden war. Der Gedanke, daß sie wie ein Tier in einen Käfig gesperrt wurde, war qualvoll. Immer wieder mußte er an die wundervollen Stunden denken, die sie miteinander geteilt hatten. Er hatte Jennifer geliebt, wie er nie eine andere Frau geliebt hatte.
Einer der Sicherheitsbeamten auf den Vordersitzen sagte: »Wir müßten es rechtzeitig bis Atlantic City schaffen, Mr.President.«
Mr. President. Schon wieder dieses Wort. Den letzten Meinungsumfragen nach lag er weit vorn. Er war der neue Volksheld des Landes, und Adam wußte, daß nicht zuletzt der Ausschuß, dem er vorstand, dazu beigetragen hatte. Der Ausschuß, der Jennifer vernichten würde. Adam blickte auf und bemerkte, daß sie sich den Zwillingsbrücken näherten. Kurz davor mündete eine Seitenstraße auf den Parkway. Ein großer Sattelschlepper mit Lastauflieger stand auf der anderen Seite der Straße gegenüber der Seitenmündung. Als die Limousine sich der Brücke näherte, setzte sich der Laster plötzlich in Bewegung, so daß die beiden Fahrzeuge gleichzeitig bei der Brücke eintrafen. Der Fahrer trat auf die Bremse und verlangsamte. »Seht euch diesen Idioten an.« Die Funksprechanlage begann zu knistern. »Leuchtturm Eins! Kommen, Leuchtturm Eins!«
Der Lastwagen fuhr jetzt Seite an Seite mit der Limousine. Nebeneinander fuhren sie auf die Brücke. Die Sicht von der Fahrerseite der Limousine aus war vollständig versperrt. Der Sicherheitsbeamte am Steuer trat aufs Gaspedal, um den Laster zu überholen, aber der Sattelschlepper erhöhte ebenfalls die Geschwindigkeit.
»Was, zum Teufel, treibt der für ein Spielchen?« murmelte der Fahrer.
»Wir haben einen dringenden Anruf aus dem Büro des Staatsanwalts bekommen«, drang es aus der Funksprechanlage. »Fuchs Eins ist in Gefahr! Haben Sie mich verstanden?«
Ohne Warnung schwenkte der Laster nach rechts, traf die Seite der Limousine und drängte sie gegen das Geländer der Brücke. Eine Sekunde später hatten die Sicherheitsbeamten im Wagen ihre Revolver gezogen. »Nach unten!«
Adam fand sich auf dem Boden der Limousine wieder, geschützt durch Clay Reddins Körper. Die Sicherheitsbeamten kurbelten die Fenster an der linken Seite der Limousine herunter, aber ihre Revolvermündungen fanden kein Ziel. Der Lastwagen ragte neben ihnen hoch wie eine Wand. Der Fahrer thronte weit oben, außerhalb ihrer Sicht. Es gab einen neuen Stoß und ein knirschendes Krachen, als die Limousine wieder gegen das Geländer gestoßen wurde. Der Fahrer riß das Lenkrad nach links, um den Wagen auf der Brücke zu halten, aber der Laster drängte ihn immer wieder zurück. Zweihundert Fuß unter ihnen schäumte das eiskalte Wasser des Raritan dahin.
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