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Dick Francis: Unbestechlich

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Dick Francis Unbestechlich

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Dick Francis "Unbestechlich", originaltitel: "Straight". "Unbestechlich" ist ein klassischer Francis: eine komplexe und fesselnde Story voller Intrigenspiel und Schurkerei, in der der Einsatz so hoch ist wie die Handlung rasant. Derek Franklin, Steeplechase-Jockey, hat genug eigene Probleme. Mit vierunddreißig nähert er sich dem Ende seiner Karriere, und einem Zusammenstoß mit dem letzten Hindernis in Cheltenham hat er es zu verdanken, daß er jetzt mit einem gebrochenen Knöchel an Krücken herumhumpelt. Der Tod seines Bruders Greville stürzt ihn jedoch in noch größere Schwierigkeiten.

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Er holte Papiere herbei, die ich unterschreiben sollte, und bat mich um zusätzliche Unterschriftsproben, damit ich auch Firmenschecks von Saxony Franklin unterzeichnen konnte. Er fragte mich nicht, welche Erfahrungen ich in der Leitung einer Firma hatte. Statt dessen wünschte er mir alles Gute.

Ich erhob mich an meinen Krücken, reichte ihm die Hand und dachte an all die Dinge, die ich ihm nicht gesagt hatte.

Nicht gesagt hatte ich ihm, daß ich Jockey war, hätte das in Hatton Garden doch leicht eine Panik auslösen können. Und ich hatte ihm auch nicht gesagt, daß ich, wenn Grevil-le tatsächlich für anderthalb Millionen Dollar Diamanten gekauft hatte, nicht wußte, wo sie sich befanden.

«Diamanten?«sagte Annette.»Nein, das habe ich Ihnen doch schon gesagt. Wir handeln nicht mit Diamanten.«

«Der Bankmanager glaubt aber, daß Greville vor kurzem welche gekauft hat. Von so was, was sich DTCder CSOnennt.«

«Die Central Selling Organization? Das ist de Beers. Und die DTCist ihre Diamond Trading Company. Nein, nein. «Sie sah mich ängstlich an.»Das kann er nicht getan haben. Er hat nie etwas davon gesagt.«

«Hm. Hat sich der Einkauf für das Lager in den vergangenen drei Monaten erhöht?«

«Im Rahmen des Üblichen«, sagte sie kopfnickend.»Das Unternehmen ist beständig im Wachsen begriffen. Mr. Franklin kommt dauernd mit neuen Steinen von seinen weltweiten Reisen zurück. Wunderschöne Steine. Er kann ihnen nicht widerstehen. Die meisten der ganz besonderen Stücke verkauft er übrigens an einen Juwelier, der seinen Schmuck selbst entwirft und der Boutiquen in Gegenden wie Knightsbridge und Bond Street hat. Herrlicher Modeschmuck, aber mit echten Steinen. Viele seiner Sachen sind Einzelstücke, viele für einen ganz bestimmten Stein entworfen. Er ist sehr berühmt. Die Leute stellen manche seiner Werke auf eine Stufe mit denen von Faber-ge.«

«Wie heißt er?«

«Prospero Jenks«, sagte sie und erwartete zumindest ehrfürchtiges Erstaunen von mir.

Ich hatte noch nie von ihm gehört, nickte aber trotzdem.

«Faßt er die Steine mit Diamanten ein?«fragte ich.

«Ja, manchmal. Aber die kauft er nicht bei Saxony Franklin.«

Wir waren in Grevilles Büro — ich saß in dem Drehstuhl hinter der riesigen Fläche seines Schreibtisches, während Annette die gestern nur flüchtig zusammengesammelten, kunterbunt durcheinanderliegenden Papiere in die Schubladen und Ordner einsortierte, in denen sie sich vor dem Einbruch befunden hatten.

«Sie glauben also nicht, daß Greville je Diamanten hier in diesen Firmenräumen aufbewahrt hat?«fragte ich.

«Bestimmt nicht. «Der Gedanke schockierte sie geradezu.»Er war immer sehr auf Sicherheit bedacht.«

«Jemand, der hier einbricht, könnte also nicht damit rechnen, daß er irgendwas von Wert rumliegen findet?«

Einen Stoß Papiere in der Hand, unterbrach sie ihre Arbeit und runzelte die Stirn.

«Das ist doch merkwürdig, nicht? Leute, die was vom Edelsteingeschäft verstehen, würden nie damit rechnen, daß hier wertvolle Dinge herumliegen. Und wenn sie nichts davon verstehen — wieso verfallen sie dann auf diese Räume?«

Die gleiche alte, nicht zu beantwortende Frage.

Mit unverdienter mütterlicher Fürsorglichkeit brachte mir June den Sekretärinnenstuhl wieder herein, damit ich meinen Fuß hochlegen konnte. Ich dankte ihr und fragte sie, ob ihr den Lagerbestand registrierender Computer Zahl und Wert aller vorhandenen, polierten Kieselstein-chen täglich festhalte.

«Du liebe Güte, ja, natürlich«, sagte sie amüsiert.»Datum und Anzahl Eingang, Datum und Anzahl Ausgang.

Preise Einkauf, Preise Verkauf, Gewinnspanne, Mehrwertsteuer, Steuer, was Sie wollen — der Computer sagt Ihnen, was wir da haben, wieviel es wert ist, was schlecht geht und was gut, was hier schon zwei Jahre und länger rumliegt und Platz wegnimmt, was aber nicht viel ist.«

«Auch die Steine im Tresorraum?«

«Gewiß doch.«

«Aber keine Diamanten.«

«Nein, damit handeln wir nicht. «Sie lächelte mich strahlend und ohne Neugier an und ging schnell hinaus, sagte nur noch über die Schulter, daß das Weihnachtsgeschäft nach wie vor auf Hochtouren laufe und sie über Nacht mit Telefax-Aufträgen bombardiert worden seien.

«Wer bestellt nach, was verkauft worden ist?«fragte ich Annette.

«Bei den normalen Beständen mache ich das. June sagt mir, was wir brauchen. Die Nachbestellung der geschliffenen und der ungewöhnlichen Steine erledigte Mr. Franklin selbst.«

Sie machte mit dem Sortieren der Papiere weiter, im Prinzip unbeteiligt, da ihre Verantwortung endete, wenn sie abends nach Hause ging. Sie trug an diesem Tage wieder den schwarzen Rock von gestern, dazu aber diesmal einen schwarzen Pullover, vielleicht aus Achtung vor Greville. Von kompakter, aber nicht großer Gestalt, hatte sie wohlgeformte, in schwarzen Nylonstrümpfen steckende Beine und ein gesetztes, gepflegtes, mittelaltriges Aussehen. Ich konnte sie mir nicht so lebhaft agierend vorstellen wie June, auch in jüngeren Jahren nicht.

Ich fragte sie, ob ihr die Versicherungspolice für die Firma zugänglich sei, und sie sagte, daß sie diese zufällig gerade eben wieder abgeheftet habe. Ich las mir voller böser Ahnungen die Bedingungen durch und rief dann die

Versicherungsgesellschaft an. Ob mein Bruder, so fragte ich, unlängst die Versicherung erhöht habe? Ob er sie so erhöht habe, daß sie auch Diamanten im Wert von eins Komma fünf Millionen Dollar abdecke? Nein, das sei nicht der Fall. Man habe nur mal darüber gesprochen. Mein Bruder habe gemeint, der geforderte Versicherungsbeitrag sei ihm zu hoch, und er habe sich deshalb dagegen entschieden. Die Stimme erklärte mir, daß die Beiträge so hoch sein müßten, weil solche Steine viel in Bewegung seien, wodurch sich das Risiko erhöhe. Man wisse auch nicht, ob Mr. Franklin die Steine dann wirklich gekauft habe. Man glaube, er habe sich nur informieren wollen. Das sei so vor drei oder vier Monaten gewesen. Ich dankte benommen und legte den Hörer auf.

Sofort klingelte das Telefon wieder, und da Annette zu erwarten schien, daß ich abhob, tat ich dies.

«Hallo?«sagte ich.

Eine männliche Stimme fragte:»Spreche ich mit Mr. Franklin? Ich hätte gern Mr. Franklin gesprochen, bitte.«

«Ah… kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein? Ich bin sein Bruder.«

«Vielleicht können Sie das«, sagte er.»Hier ist das Sekretariat des Westlondoner Magistratsgerichts. Ihr Bruder sollte seit zwanzig Minuten hier sein, und es ist gar nicht seine Art, sich zu verspäten. Können Sie mir vielleicht sagen, wann wir mit ihm rechnen dürfen?«

«Einen Augenblick bitte. «Ich legte die Hand auf die Sprechmuschel und sagte Annette, was ich gerade gehört hatte. Sie riß die Augen weit auf, zeigte alle Anzeichen erschrockenen Erinnerns.

«Es ist sein Tag im Gericht, an dem er den Vorsitz führt! Jeden zweiten Dienstag. Das habe ich glatt vergessen.«

Ich wandte mich wieder dem Telefon zu und erklärte meinem Gesprächspartner die Lage.

«Oh. O je. Das ist ja ganz furchtbar und unfaßlich. «Er hörte sich aufrichtig betroffen an, zugleich aber auch ein klein wenig verärgert.»Es wäre wirklich um einiges hilfreicher gewesen, wenn Sie mich rechtzeitig benachrichtigt hätten. Jetzt bleibt sehr wenig Zeit, um Ersatz zu finden.«

«Ja«, pflichtete ich ihm bei,»aber während des Wochenendes ist hier in sein Büro eingebrochen worden. Der Terminkalender meines Bruders wurde gestohlen, und wenn man’s bei Lichte besieht, können wir überhaupt niemandem zu verstehen geben, doch bitte nicht auf ihn zu warten.«

«Wie überaus unangenehm. «Das war in seinen Augen offensichtlich keine unpassende Feststellung. Mir ging durch den Kopf, daß es Greville möglicherweise unangenehm finden könnte, tot sein zu müssen. Aber vielleicht war das nicht der rechte Augenblick für schwarzen Humor.

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