Michael Siefener - Tod im Weinkontor. Ein Hansekrimi.

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Tod im Weinkontor. Ein Hansekrimi.: краткое содержание, описание и аннотация

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Köln im Jahre 1474: Der Geistliche Andreas Bergheim kehrt nach längerem Rom-Aufenthalt in seine Heimatstadt Köln zurück. Dort erwartet ihn eine traurige Nachricht. Sein bester Freund, der Ratsherr und Weinhändler Ludwig Leyendecker, hat sich das Leben genommen. Er soll mit dem Teufel im Bunde gewesen sein, tuschelt man hinter vorgehaltener Hand.
Elisabeth Bonenberg zweifelt am Selbstmord ihres Bruders und bittet Bergheim um Hilfe; er soll sich heimlich Einblick in die Unterlagen der erzbischöflichen Inquisition verschaffen. Die Ermittlungen des jungen Geistlichen führen ihn schließlich zum Aussätzigenheim Melaten vor den Toren Kölns, in dem Ulrich Heynrici, ein ehemaliger Ratsherr, den Küsterdienst versieht. Dort erfährt Bergheim von den zwielichtigen Geschäften der Witwe Barbara Leyendecker, die, gemeinsam mit einigen Kölner Kaufleuten, in ein wahnsinniges Komplott verwickelt zu sein scheint.
Kann Andreas Bergheim den rätselhaften Tod seines Freundes aufklären? Und welches Geheimnis umgibt Elisabeth, deren schönes Antlitz den Kaplan auch im Traum nicht mehr loslässt...
Michael Siefener arbeitet seit 1992 als Schriftsteller und Übersetzer. Er ist bekannt für seine fantastischen Romane und Erzählungen. In der Reihe der Hansekrimis veröffentlichte er 2002 den Titel »Die Söhne Satans«.
Umschlaggestaltung: Susanne Reizlein, Hamburg. 
Motiv: Detail aus Albrecht Dürer, »Bildnis einer Frau Fürleger mit geflochtenem Haar«.

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»Ich weiß es nicht«, gab Hülshout mit einem Schulterzucken zurück.

»Wo könnte er sich befinden?«

»Warum interessiert dich das?«

»Ludwig war mein bester Freund.«

»Und Elisabeth ist deine beste Freundin?«

»Das ist eine unzutreffende Unterstellung!«, wehrte sich Andreas und sprang vom Stuhl auf. Das hüpfende Licht der Kerze warf tiefe Schatten auf das Gesicht des alten Pastors. Manchmal wirkte er wie ein sanfter, aus unendlicher Ferne herbeigewehter Engel, ein anderes Mal wie ein Teufel aus der Unterwelt. Andreas stellte sich vor Hülshout, stützte sich mit den Händen auf der Tischplatte ab und wollte seinen Worten gerade noch etwas hinzufügen.

»Mäßige dich, mein Sohn«, unterbrach ihn der alte Geistliche. »Dein Wohl liegt mir am Herzen. Du bist für mich wie ein Sohn, und ich sehe dich nicht gern in der Nähe dieser Weibsperson.«

»Warum nicht? Sie ist die Schwester meines besten Freundes.«

»Es ist etwas an ihr, das mir nicht gefällt. Vielleicht gibt es Dinge, die du nicht weißt.«

»Könntet Ihr Euch etwas deutlicher ausdrücken?«

»Es gibt Personen, deren Umgang sich für Männer unseres Standes nicht geziemt«, gab Hülshout so bedächtig zurück, als prüfe er zuerst jedes Wort auf der Zunge, bevor er es aussprach.

»Wollt Ihr damit andeuten, dass Elisabeth eine liederliche Person ist? Sie ist verheiratet und eine ehrbare Frau!« Andreas stellte sich aufrecht und ballte die Hände zu Fäusten. Diese Beleidigung traf ihn tiefer, als er erwartet hätte.

Hülshout hob den Kopf und lächelte matt. »Es ist schön, dass du sie so heftig verteidigst. Aber du solltest keine voreiligen Schlüsse ziehen. Gott verbirgt uns in seiner großen Weisheit vieles, was uns nur verwirren würde, wenn wir es wüssten.«

»Wer hat die Untersuchung über Ludwigs angebliche Teufelsbündnerschaft geführt?«, beharrte Andreas und ging zum Fenster. Draußen war es bereits stockfinster geworden. Man hätte glauben können, die Welt hinter den dünnen Glasscheiben sei verschwunden. Die Stadt sorgte nicht für die Beleuchtung der Straßen, denn sie wollte die gottgewollte Ordnung von Licht und Dunkelheit nicht durchbrechen. Nur drüben, am Geburhaus, stand in einer Nische eine Madonna, vor der eine windgeschützte Kerze brannte – ein winziger Fleck, der die Dunkelheit eher verstärkte als durchbrach.

Es dauerte eine Weile, bis Hülshout auf Andreas’ Frage antwortete. Er schien sich in tiefen Gedanken verloren zu haben. »Die Untersuchung? Der Erzbischof natürlich, wie immer in Fällen von Ketzerei, Hexerei und Teufelsbündnerei.«

»Wenn Ludwig exkommuniziert wurde, hat der Erzbischof also den Tatbestand des Paktes mit dem Teufel bejaht. Das bedeutet, dass das Schriftstück, mit dem sich Ludwig dem Bösen verschrieben hat, als Beweismittel gedient hat. Man wird es daher aufbewahrt und archiviert haben. Ich muss es sehen. Und auch den Abschiedsbrief.« Andreas ging in der Studierstube auf und ab. Er warf einen Blick auf das kleine Bücherregal an der Wand und das eichene Kreuz darüber. Es war, als bewache Christus das armselige Wissen unter ihm.

»Das wird nicht leicht sein«, meinte Hülshout und drehte sich nach seinem unruhigen Kaplan um. »Was erwartest du von einer Untersuchung dieser Schriftstücke? Glaubst du nicht, dass die gelehrten Doctores des Erzbischofs ihre ganze Weisheit darauf angewandt haben? Was willst du herausfinden, das sie nicht schon herausgefunden haben?«

»Sie haben nach Beweisen für Ludwigs Schuld gesucht. Ich hingegen suche nach Beweisen für seine Unschuld. Fakten muss man deuten; das habt Ihr mir schon so oft gesagt. Und manchmal kann man sie auf ganz verschiedene Weise deuten. Ihr seid doch Professor an der Universität. Könnt Ihr mir kein Schreiben ausstellen, das mich berechtigt, Forschungen über Teufelspakte in den Archiven des Kölner Erzbischofs zu betreiben?«

Hülshout lächelte zuerst schwach, dann immer breiter. »Du bist ein zäher Kerl, Andreas. Wenn du dich einmal verbissen hast, gibst du deine Beute nicht mehr frei.« Er drehte sich um, zog ein leeres Pergamentblatt aus einem Stapel auf dem Tisch, tauchte den langen Gänsefederkiel in das kleine Fässchen vor sich und begann zu schreiben. Andreas hörte mit Vergnügen, wie der Kiel über das Pergament kratzte.

Nachdem Hülshout das Geschriebene gelöscht hatte, faltete er den Bogen, versah ihn mit seinem Siegel und übergab ihn Andreas. »Das müsste dir einige Türen öffnen«, murmelte er. »Und nun lass mich allein. Ich habe noch zu arbeiten.«

Andreas verließ die Studierstube des Geistlichen. Wie anders hatte er sich seine Heimkehr vorgestellt. Er betrat sein Schlafzimmer, tastete in der Dunkelheit nach dem Öllicht auf dem kleinen Tisch, zündete es an und setzte sich auf das hohe Bett mit der harten Strohmatratze. Draußen war Sankt Kolumba nicht mehr vom schwarzen Himmel zu unterscheiden. Er drehte den versiegelten Brief in der Hand. Gleich morgen würde er den Palast des Erzbischofs aufsuchen, in dem sich auch die Archive befanden.

Schon früh am nächsten Morgen machte sich Andreas mit seinem Empfehlungsschreiben auf den Weg. Er ging die Minoritenstraße hinunter, vorbei an der langen Klostermauer der Minderbrüder, dann weiter durch die Große Budengasse, die ihren Namen von dem in dieser Straße liegenden Brauhaus hatte. Der malzige Geruch hing schwer in der Luft. Andreas bog links in die Straße »Unter Goldschmied« ab und warf flüchtige Blicke auf die Läden und Werkstätten der Goldschmiede, aus denen leises Gehämmer und Geklingele drang. Frauen in edlen Kleidern und mit perlenbestickten Hauben standen auf ihren hölzernen Trippen vor den Buden und begutachteten in der Sonne blinkenden Schmuck.

Bald stand Andreas im Domhof. Der gewaltige Umriss des Domes war wie ein steinerner Traum von Schwere, die zum Himmel strebt, doch es war ein nicht ausgeträumter Traum. Schon lange war eines der Wahrzeichen Kölns der große Baukran auf der unvollendeten Kathedrale. An der Südseite des Domhofs, hinter den Buden, Ständen und Bänken, wo Messer, Handschuhe, Töpferwaren und Devotionalien feilgeboten wurden, erhob sich der erzbischöfliche Palast, dem man noch die Brandkatastrophe ansah, auch wenn sie schon beinahe siebzig Jahre zurücklag. Notdürftig waren die Spuren übertüncht und ausgebessert worden, doch über dem Gebäude schwebte ein Hauch von Verfall. Ruprecht von der Pfalz, der seit 1463 Kölner Erzbischof war, hatte im vergangenen Jahr Neuss unter seine Herrschaft zu bringen versucht, weswegen die Stände erst vor kurzem den Dechanten von Sankt Gereon, den Landgrafen Hermann von Hessen, zum Stiftsverweser eingesetzt hatten. Bei dieser Unruhe war natürlich an die Erneuerung des Palastes nicht zu denken.

Andreas trat vor die Wachen am Eingang des Palastes und zeigte das Siegel auf dem Pergament vor. Tatsächlich wurde er ohne weitere Nachfragen durchgelassen. Im kühlen Innern des weitläufigen Bauwerks erkundigte er sich bei einem Schreiber nach dem Verwalter der Archive und wurde in den Keller geschickt. Nach einigem Suchen fand er schließlich in einem breiten, überwölbten Gang einen kleinen Tisch mit einem äußerst dürren, großen Mann dahinter. Dieser sah ihn mit stechenden Augen an. Andreas hielt ihm das Pergament unter die spitze Nase. Mit schrecklich umständlichen Bewegungen kramte der Dürre eine Brille unter seinem langen, verstaubten Wams hervor und setzte sie sich auf die Nase. Mit einer Hand hielt er die Gläser fest, mit der anderen erbrach er geschickt das Siegel und las den Text. Nachdem er die Worte so lange studiert hatte, dass Andreas schon befürchtete, er könne gar nicht lesen, schaute er endlich auf und sagte mit dünner Stimme: »Ihr wollt die Teufelspakte sehen? Unmöglich.«

»Warum?«, fragte Andreas entmutigt. »Ich bin im Auftrag der hohen und ehrwürdigen Universität hier. Meine Forschungen sind äußerst wichtig.«

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