Roald Dahl - Hexen hexen

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Im Märchen haben Hexen immer alberne schwarze Hüte auf, tragen schwarze Umhänge und reiten auf dem Besen. Diese Geschichte ist jedoch kein Märchen. Sie handelt von echten Hexen... echte Hexen tragen ganz normale Kleider und sehen auch wie ganz normale Frauen aus. Sie wohnen in normalen Häusern, und sie üben ganz normale Berufe aus. Deshalb ist es so schwer, sie zu erwischen.»

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Ich habe eine Frage Euer Hochgeboren erklang eine Stimme im Publikum Was - фото 38

«Ich habe eine Frage, Euer Hochgeboren», erklang eine Stimme im Publikum. «Was geschieht, wenn ein Erwachsener eine von den Süßigkeiten aus unseren Läden isst?»

«Pech für den Erwachsenen», erwiderte die Hoch- und Großmeister-Hexe. «Die Sitzung ist geschlossen!», rief sie. «Hinaus mit euch!»

Die Hexen standen auf und begannen, ihre Sachen zusammenzusammeln. Ich beobachtete sie durch die Ritze und hoffte inständig, dass sie sich beeilen und weggehen würden, damit ich endlich in Sicherheit wäre.

«Wartet!», schrie eine der Hexen in der letzten Reihe. «Lasst alles stehen und liegen!» Ihre gellende Stimme scholl wie eine Trompete durch den Ballsaal. Alle Hexen hielten auf der Stelle inne und drehten sich um und schauten die Schreierin an. Sie war eine von den größeren Hexen, und ich konnte sie genau sehen. Sie stand da, hatte den Kopf zurückgeworfen und die Nase in die Luft gereckt und sog diese in tiefen langen Zügen durch ihre geriffelten rosa Muschelnüstern ein.

«Wartet!», schrie sie wieder.

«Was ist denn?», fragten die anderen.

«Hundeköttel!», kreischte sie. «Gerade hab ich eine Spur von Hundekötteln gerochen!»

«Aber nicht doch!», riefen die anderen. «Das kann doch gar nicht sein!»

«Jajajaja!», heulte die erste Hexe. «Da ist es wieder! Es ist nicht sehr stark! Aber da ist es schon! Ich glaube wenigstens, dass es da ist. Es ist bestimmt hier irgendwo ganz in der Nähe!»

«Was geht da unten vor?», grollte die Hoch- und Großmeister-Hexe und spähte vom Podium herab.

«Mildred hat gerade Hundeköttel gewittert, Euer Hochgeboren!», rief jemand zu ihr empor.

«Was ist das für ein Unfug?», rief die Hoch- und Großmeister-Hexe. «Sie hat Hundegöttel auf dem Geks. Hier in diesem Saal gibt's geine Ginder!»

«Halt, halt!», rief die Hexe, die sie Mildred genannt hatten. «Seid mal ganz still! Bewegt euch nicht! Ich hab es schon wieder!»

Ihre riesigen Nüsternrüschen wedelten wie ein Flossenpaar auf und ab Es wird - фото 39

Ihre riesigen Nüsternrüschen wedelten wie ein Flossenpaar auf und ab.

«Es wird stärker! Jetzt wirft's mich fast um! Könnt ihr das denn nicht riechen?»

Alle Hexennasen im ganzen Saal reckten sich in die Luft, und alle Nüstern begannen zu beben und zu schnuppern.

«Sie hat Recht!», rief eine zweite Stimme. «Sie hat absolut Recht! Hundeköttel, das ist es, stark und stinkig!»

Innerhalb von Sekunden hatte die gesamte Hexenversammlung in das unglückselige Hundeköttelgeheul eingestimmt. «Hundeköttel!», kreischten sie. «Der ganze Saal stinkt! Puuh! Pfuii! Warum haben wir das nicht vorher gerochen? Es pestet wie ein Misthaufen! Irgendein kleines Biest muss sich ganz in der Nähe verstecken!»

«Sucht es!», schrie die Hoch- und Großmeister-Hexe. «Nehmt seine Spur auf! Scheucht es auf! Folgt euren Nasen, bis ihr es am Wickel habt!»

Schweiß brach mir am ganzen Leibe aus.

Die Haare auf meinem Kopf sträubten sich wie die Borsten einer Nagelbürste - фото 40

Die Haare auf meinem Kopf ' sträubten sich wie die Borsten einer Nagelbürste, und der kalte «Scheucht es auf, dies gl eine Dreckstück!», kreischte die Hoch-und Großmeister-Hexe. «Lasst es nicht entfliehen! Wenn es hier ist, dann ist es Zeuge unserer größten Geheimnisse geworden! Es muss auf der Stelle zermalmt werden!»

Metamorphose

Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich dachte: Es gibt keinen Ausweg mehr für mich. Selbst wenn ich loslaufe und es schaffe, der Hexenhorde zu entwischen, so komme ich ja nicht raus, weil die Türen verkettet und verschlossen sind. Ich bin erledigt. Es ist aus mit mir. Oh, Großmama, was werden sie nur mit mir machen?

Ich schaute mich um und sah, wie ein grauenhaftes geschminktes und gepudertes Hexengesicht zu mir hinunterstarrte, wie dieses Gesicht seinen Mund aufklappte und im Triumph aufheulte. «Hier steckt er! Er sitzt hinter der spanischen Wand! Kommt und zieht ihn raus!» Die Hexe streckte eine behandschuhte Hand aus und packte mich an den Haaren, ich riss mich aber los und sprang davon. Ich rannte, ach - wie ich gerannt bin! Angst und Schrecken beflügelten meine Füße! Ich sauste am Rande des großen Ballsaals entlang, und keine konnte mich fangen. Als ich die Türen erreichte, blieb ich stehen und versuchte, sie zu öffnen, aber die dicke Kette spannte sich um die Klinken, und man konnte nicht einmal daran rütteln.

Die Hexen beeilten sich gar nicht mich zu fangen Sie standen in kleinen - фото 41

Die Hexen beeilten sich gar nicht, mich zu fangen. Sie standen in kleinen Gruppen da, schauten mir zu und wussten ganz genau, dass es für mich keine Fluchtmöglichkeit gab. Ein paar von ihnen hielten sich mit ihren behandschuhten Fingern die Nase zu und gackerten: «Puuh! Was für ein Gestank! Lange kann ich das aber nicht mehr aushalten!»

«Dann fangt es doch, ihr Dransusen!», kreischte die Hoch-und Großmeister-Hexe oben auf ihrem Podium, «verteilt euch in einer Reihe quer durch den Saal und dreibt es in eine Ecke und schnappt es euch. Los, los! Backt diesen ekligen gleinen Gotzbrocken und bringt ihn mir her!»

Die Hexen formierten sich wie befohlen zu einer Treiberreihe. Sie schlichen auf mich zu, die einen von der einen Seite, ein paar von der anderen, und der Rest kam zwischen den leeren Stuhlreihen auf mich zumarschiert. So mussten sie mich erwischen. Sie hatten mich in die Ecke getrieben.

Ich schrie, ich schrie vor lauter Angst und Entsetzen. «Hilfe!», schrie ich und drehte dabei in der unsinnigen Hoff-nung meinen Kopf zu den Flügeltüren, dass mich draußen jemand hörte. «Hilfe! Hilfe! Hiiiilfe!»

«Packt ihn!», befahl die Hoch- und Großmeister-Hexe, «greift zu! Das Geschrei muss aufhören!»

Sie stürzten sich auf mich, und ungefähr fünf Hexen weib er packten mich bei den Armen und Beinen und hoben mich einfach hoch. Ich schrie weiter, aber eine von ihnen legte mir eine behandschuhte Hand über den Mund, und das brachte mich zum Schweigen.

Bringt ihn her donnerte die Hoch und GroßmeisterHexe Bringt den - фото 42

«Bringt ihn her!», donnerte die Hoch- und GroßmeisterHexe. «Bringt den neugierigen gleinen Wurm hier herauf zu mir!»

Während viele Hände meine Arme und Beine wie in eisernen Klammern hielten, wurde ich auf das Podium geschleppt. Da hing ich nun in der Luft, mit dem Gesicht zur Decke. Ich sah, wie sich die Hoch- und Großmeister-Hexe über mich beugte und mich auf ihre schauerliche Art und Weise angrinste. Sie hielt das kleine blaue Fläschchen mit dem Mäusemacher hoch und schnarrte: «Jetzt gibt's ein bisschen Medizin! Haltet ihm die Nase zu, damit er den Mund aufsperrt!»

Kräftige Finger zwickten mich in die Nase. Ich presste meinen Mund fest zu und hielt den Atem an. Aber lange konnte ich es nicht aushalten. Die Lungen schienen mir zu platzen. Ich machte den Mund auf, um einmal tief Luft zu holen, und darauf hatte die Hoch- und Großmeister-Hexe nur gewartet: Sie goss mir den gesamten Inhalt des Fläschchens in die Kehle!

Oh, war das ein Schmerz! Oh, war das eine Glut! Ich hatte das Gefühl, als ob mir ein ganzer Kessel mit kochendem Wasser in den Hals geschüttet worden wäre. Meine Mundhöhle stand in Flammen! Dann begann sich dieses entsetzlich brennende und sengende und siedende Gefühl sehr rasch in der Brust auszubreiten und fuhr mir in den Bauch und tiefer und in die Arme und die Beine und in meinen ganzen Leib! Ich schrie mir die Seele aus dem Leibe, aber wieder klappte eine behandschuhte Hand auf meine Lippen. Als Nächstes spürte ich, wie sich meine Haut zu straffen begann. Wie soll ich das nur beschreiben? Sie wurde mir buchstäblich am ganzen Körper zusammengezwirbelt. Sie schrumpfte vom Schädel bis zu den Fingerspitzen und bis zu den Zehen. Ich fühlte mich wie ein Luftballon, den irgendjemand zusammendrehte, und er drehte immer weiter, und der Ballon wurde immer kleiner, und die Haut wurde immer stärker gespannt, und gleich musste er platzen.

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