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Dick Francis: Hurrikan

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Dick Francis Hurrikan
  • Название:
    Hurrikan
  • Автор:
  • Издательство:
    Diogenes Verlag AG
  • Жанр:
  • Год:
    2001
  • Город:
    Zürich
  • Язык:
    Немецкий
  • ISBN:
    3-257-06270-2
  • Рейтинг книги:
    4 / 5
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Dick Francis "Hurrikan",originaltitel: "Second Wind". Cayman Islands in der Karibik: strahlend blauer Himmel über weißem Sandstrand, leichte Brise über tiefblauem Meer. Die Idylle trügt. Nur wenige Kilometer von hier wütet Hurrikan Odin. Perry und Kris fliegen hinein — und kommen als veränderte Menschen wieder heraus. Denn was sie gesehen haben, ist weit mehr als ein meteorologisches Phänomen, weit todbringender als ein Hurrikan.

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Ich nahm den Wein entgegen, der angenehm nach Zimt und Zucker schmeckte, während Harvey auf seinen Trainer Oliver Quigley zeigte, der zapplig und sichtlich gehemmt auf der anderen Seite des Raums stand.

«Sagen Sie ihm, daß es bis Freitag trocken bleibt«, meinte Harvey.»Sagen Sie ihm, er soll mein Pferd laufen lassen.«

Er gefiel sich, wie mir schien, in der Rolle des großzügigen Gastgebers. Verwerflicherweise schien mir auch, daß die Rolle ihm wichtiger war als seine Gäste. Seine überschwengliche Gestik war wie sein Ambiente: ein bewußtes Herausstellen von Wohlstand und Erfolg, aber immerhin ohne Fanfaren.

Ich sagte ihm, daß ich Luftaufnahmen von seinem Haus gemacht hätte und ihm welche schicken würde, und erfreut meinte er, ich dürfe auch seine Gäste fotografieren, wenn es ihnen recht sei.

Er schien ebenso gutgenährt wie wohlhabend, ein breitschultriger Mann mit dickem Hals und einem gepflegten graumelierten Bart. Genau wie ich war er nur eine Handbreit kleiner als der schlanke Kris, in jedem Fall eine herausragende Erscheinung, denn die undefinierbare Aura, die mit dem Erfolg einhergeht, war bei ihm sehr ausgeprägt. Ich fotografierte ihn. Er stellte sich noch einmal anders in Pose und nickte hold, als es wieder blitzte.

Kris trank Coca-Cola, wie sich das für einen braven kleinen Piloten gehört, und hielt seine manische Extravaganz im Zaum. Seelisch hatte er ein klares Hoch heute; gut für Witze und Gelächter und weit weg von verzweifelten Wanderungen über irgendwelche Eisenbahngleise.

Die ungiftige Belladonna tauchte an meiner Seite auf, schenkte mir aus einer dampfenden Karaffe nach und fragte unverblümt, warum sich ein vernünftig wirkender Mensch wie ich mit dem Psycho-Zickzackflieger Ironside abgab.

«Er ist gescheit«, sagte ich gelassen.

«Reicht Ihnen das?«

«Was haben Sie gegen ihn?«fragte ich.

«Gegen ihn? Ich habe den Mistkerl mal geliebt. «Sie schenkte mir die Andeutung eines breiteren Lächelns, zuckte die Achseln und zog mit ihrer Karaffe weiter, während ich, wie das bei solchen Anlässen geht, bei einer Plauderrunde landete, zu der auch der ständig besorgte Trainer Oliver Quigley gehörte. Was mit dem Wind sei, wollte er wissen.»Es ist so kalt«, sagte er.

Meine harmlose leibliche Anwesenheit, noch dazu mit Kamera, schien ihn durcheinanderzubringen. Nun war ich zwar Ablehnung und Empörung von Seiten rennsportorientierter Leute gewohnt, die wie Kinder offenbar annahmen, ich sei am schlechten Wetter schuld. Auch war ich es gewohnt, der Unglücksbote zu sein, der von verlorenen Schlachten kündet, und man hatte es mir oft genug verübelt, daß ich lächelte, wenn ich Schneestürme voraussagte; aber daß ich Gefühle weckte, die nach Angst aussahen, war mir neu.

Du mußt dich irren, dachte ich. Allerdings kannte ich ihn nur als nervösen, vom Wetter besessenen Trainer, und wer weiß, daneben konnte er alle möglichen Probleme haben.

«Das kommt vom Ural«, sagte ich beschwichtigend.

Er war verwirrt.»Was denn?«

«Der Ostwind. Es ist früh für so einen starken Polarwind, aber wenn er bis Freitag bleibt, könnte Caspar Harveys Stute einen klaren, trockenen Tag bekommen.«

«Und bleibt er denn?«Die Frage kam ein wenig streitlustig von einer imposanten grauhaarigen Frau um die Fünfzig, Amerikanerin vermutlich, die mit drei Reihen Perlen und einem verlegen dreinschauenden Gatten zu der Gruppe gestoßen war.

«Evelyn, Liebes…«, meinte er nachsichtig.

Sie fragte weiter.»Und was meinen Sie mit Ural?«

Ihr Gatte, ein rundlicher kleiner Mann mit einem schweren dunklen Brillengestell, nahm mir elegant die Antwort ab.»Evelyn, Liebes, der Ural ist ein Gebirge in Rußland. Vom Ural geht es glatt durch nach London, da liegt kein Höhenzug dazwischen. Nichts, was einen sibirischen Ostwind ablenkt oder zerstreut. «Er taxierte mich mit klugen, freundlichen braunen Augen hinter den dicken Brillengläsern.»Sind Sie nicht der junge Mann, der mit dem Meteorologen im Flugzeug gekommen ist?«

Bevor ich das bestätigen konnte, wies Oliver Quigley auch schon eilig und mit fahrigen Handbewegungen darauf hin, daß ich ebenfalls Wetterexperte sei und beim Fernsehpublikum wahrscheinlich sogar noch bekannter als Kris.

«Robin und Evelyn«, erklärte er mir, um nicht unhöflich zu erscheinen,»sind Amerikaner, und da sie vorwiegend in Florida leben, kennen sie das britische Fernsehen nicht so.«

«Darcy«, sagte der kleine Mann und ergänzte die Vorstellung, indem er sein Weinglas vorsichtig in die linke Hand nahm und mir die rechte anbot,»Robin Darcy. «Er machte Lunchparty-Smalltalk mit gedämpftem Bostoner Akzent.»Und fahren Sie zusammen mit Kris Ironside in Urlaub?«

Was für eine Frage!» Ich glaube nicht«, antwortete ich. Robin, dachte ich, hatte sich gerade ganz diskret nach meinen sexuellen Neigungen erkundigt. Wie sah es denn dann mit seinen aus? Evelyn, matronenhaft in Schwarz und scheinbar älter als ihr Mann, entsprach niemandes Vorstellung von einer heißen Braut.

«Besuchen Sie uns mal«, sagte sie automatisch, ohne es ernst zu meinen.

«Gern. «Auch meine Begeisterung klang falsch, wie das so geht.

Ihr Mann, der sein Glas wieder abgestellt hatte, wippte ein wenig auf Fersen und Zehen, die Hände auf dem Bauch gefaltet. Sein ohnehin geringes Interesse an mir schwand zusehends, und bald wanderte er mit Evelyn im Schlepptau davon, um sich lohnendere Gesprächspartner zu suchen.

Belladonna kehrte mit ihrer Karaffe zurück und schaute hinter den Darcys her.»Wenn Sie kluge Köpfe mögen, ist er Ihr Mann.«

«Worin ist er denn klug?«

Bells helle Wimpern flatterten.»Das ist wie Schönheit. Angeboren. Er ist es einfach.«

Darcy wirkte aber, wie er so umherlief, unscheinbar und wenig eindrucksvoll. Evelyns Plauderstimme war es, die dominierte.

«Lassen Sie sich nicht täuschen«, meinte Bell.

«Nein.«

«Kris sagt, Sie hätten ihm schon ein paarmal das Leben gerettet.«

Nach einem Moment antwortete ich:»Er hat gern mit Zügen gespielt.«

«Jetzt nicht mehr?«

«Immer seltener.«»Ich wollte nicht mit ihm fliegen«, sagte sie.»Dauernd gab es Streit deshalb. «Nach einer Pause setzte sie hinzu:

«Das war das Aus für uns. Macht er Ihnen keine Angst?«

Vor einem Jahr noch hatten die Züge fast einmal den Sieg davongetragen; den ganzen Abend hatte ich bei ihm gesessen, während er wie ein Fötus zusammengerollt dalag und vor sich hin stöhnte, um dann schließlich gequält nur ein einziges Wort herauszubringen:»Tödlich.«

Ein paar Schritte entfernt war Kris gerade am Abheben: Er erzählte einen Fliegerwitz und rief heiteres Gelächter hervor.

«Herrgott!«stöhnte Bell.»Den hab ich ihm vor Jahren erzählt.«

«Gute Witze welken nicht.«

«Wissen Sie, daß er manchmal Gedichte schreibt?«

«Mhm. «Ich schwieg.»Meistens mit wissenschaftlichem Inhalt.«

«Ich habe gesehen, wie er sie zerrissen hat.«

Ich auch. Eine Form von Selbstmord, hatte ich gedacht; aber es war doch besser, wenn es die Gedichte traf.

Bell kehrte Kris den Rücken und sagte, im Eßzimmer gebe es zu essen. Dort standen weiß gedeckte Tische mit goldenen Partyservice-Stühlen drumherum und ein herbstliches Büfett, wie Millionäre und hungrige Wetterpropheten es sich nur wünschen konnten. Ich stellte mir einen unverschämt vollen Teller zusammen und wurde von Evelyn Darcy nachdrücklich aufgefordert, an dem runden Tisch Platz zu nehmen, wo ihr Mann und vier andere Gäste sich gebratenes Moorhuhn zu Gemüte führten.

Die vier Unbekannten hatten das übliche Aha-Erlebnis mit mir und ließen sich versprechen, daß es für den Rest des Tages nicht regnen würde; ich lächelte und ging gern auf sie ein, da ich meinen Beruf wirklich mag und ein wenig Werbung niemals schadet.

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