Der Löwe, hieß es aus Borbruck, sei darüber erleichtert.
Der vermeintliche Esel, der sich im Sommer vor dem mittlerweile von Efeu und Klee überwucherten Panzer hinter der Getreidebank zum Narren gemacht hatte, war während den Wirren nach Esprit unter dem Namen» Storikal«, den er sich selbst verliehen hatte, weil er seinen Geburtsnamen nicht mehr wusste, zu einem der wichtigsten Beweger der kapseitigen Kunstwelt avanciert.
Am Ziel seiner Wünsche, von früheren Defekten genesen, mit einem (dank der Pharmakoi in den Schnittblumen der Dachswache) stark verbesserten Orientierungssinn beschenkt und neuerdings recht gutaussehend, durfte er schließlich, als der Himmel zum Ausklang des satten Sommers zum vierhundertsechsundsiebzigsten Mal seit dem Ende der Langeweile seine Farbe änderte, vor eigens Geladenen bei einer Zeremonie präsidieren, die zu den seltensten und wichtigsten in Kapseits zählte: der Ehrung des besten Malers in Vinyltinte auf Mauerwerk sowie — man machte jetzt in Nostalgie — auf Leinwand.
Mit metropolitaner Malerei hatten sich, als die Löwenzeit jung gewesen war, vor allem Bonobos und Schimpansen hervorgetan, nicht nur im kosmopolitischen Kapseits, auch in Landers und Borbruck. Wie die geheimnisvolle Löwentochter Lasara in einem berühmten offenen Spottbrief an ihren Vater als erste bemerkt hatte, ging es bei der Begeisterung der andern Gente für die Affenmalerei insgeheim um die subtile Demütigung jener nächsten Verwandten des Menschen:»Ihr laßt sie malen, und sie merken nicht, daß ihr euch heimlich drüber amüsiert: die Händchen, die Fingerchen, den ganzen Unsinn.«
Inzwischen war aus dem Witz für Eingeweihte ernstzunehmende Kunst geworden.
Den vermeintlichen Esel den großen Anlaß gestalten zu lassen würde sich, mutmaßten die Würdenträger der Schlafstadt, schon aus Gründen der neu kalibrierten Symmetrie zwischen den Abgestiegenen, verkörpert durch malende Affen, und den Aufgestiegenen, verkörpert durch Storikal, ästhetisch bezahlt machen.
Ein guter Redner war Storikal allerdings leider gar nicht.
«So, hier also jaaah hier bin ich jetzt in meiner Eigenschaft anwesend als der Jurypräsident, der Ihnen allen und jaaahhh den Pherinfoplexen jetzt die pfamms Antwort gibt für auf öhm unsern Preis, den wir zesi, zasi, zusammengerührt haben durch uh mehrere Stiftungsspenden und jaaahh die ganze Knete von der Verkaufsbank hopp und vom Schnitzelschwein.«
Die Begrüßten stutzten. Einige sperrten Mäuler auf, andere blinzelten betroffen.
Storikal hielt das für Ehrfurcht und holte weiter aus:»Und es ho hemm geht jaaahh also darum, wer wird najaahh unser puhhh Malboß. Also unser Malkünstler Nummer eins, jaaaahhh der hiesige Chef des hrrrm Pinsels gewissermaßen. Ha! Und heute haben wir uns gedacht, ach komm, nu, hö, der Affe Stanz, jaaahhh der ist doch mal fällig. «Der Affe Stanz, auf der Empore, grinste, weil er glaubte, das werde jetzt von ihm verlangt. Er tat's durchaus säuerlich.
Storikal fuhr fort:»Hö, wird doch mal höchste Zeit, gah, daß der hier praktisch ausbezahlt wird jaaahhh, damit er sich zur Ruhe hmfmm legen kann.«
Einflußreiche Mollusken, artgerecht untergebracht in Tragröhren vorn unter der Bühne, nahmen die Alfanzereien des Toastmeisters allmählich übel; man erkannte es am Reflexgewusel ihrer bunten Fußfasern.
Noch aber tat die Mehrheit so, als befände sich die dargebotene Exzentrik im erlaubten Rahmen.
Immer hastiger, zugleich immer langatmiger, legte sich Storikal ins furchtbare Zeug:»Und jetzt jaaah also 'ne njahm worauf beruht aber die Qualität vom, vom, vom Affen Stanz? Das ist jaaaahhh immer so, ohne Qualität kommt hmps man jaaahh bestimmt nicht weit als Kunst. Also ich hab mir gesagt, jaahh, hahaaa, der Affe Stanz und die Qualität, da kann man jaaaahh vielleicht Vergleiche machen: Auf die eine Seite stellt man den Affen Stanz hin, auf die andere die Qualität, jaaahhh, und dann wird geguckt, reimt sich's hö, oder klebt sich's hrrrgäh oder najahhahh verwebt sich's oder fällt's so, so, so sofort beim ersten Windsturm über sich vielleicht uh sogar selbst mal haaa her? Ihja, ihja, jaaahaa. Und der Affe Stanz, jahhh der malt halt eine jaaaahh hinsichtlich allem schon durchaus ha ha vollkommene Schmiererei, eine komplette pah Schmiererei malt der nun doch hin, au hau! Hau, mawuhau! Jahhh! Und durch überhöhte Preise aber jaahh, aber klar, macht er auf, macht er auf, macht er aufmerksam auf sich. Also es kam hier beispielsweise, jaaah bitte weiß nicht, zum Beispiel psss die Natter Stülpke«, vergleichsweise umsichtig und geschickt von Storikal war es wohl, die Natter Stülpke anzusprechen, denn er verdankte ihr viel, und sie hörte immer gerne von sich reden, selbst dummes Stroh wie dieses,»jaaahh, erbarmt euch, die Natter Stülpke ist jaahhaa von einer alten Malereikaufdynastie, hieha, hihauha, die durch alte Käufe die alte baaahhaija Malerei schon früher unterstützt hat jaaah jaahh, als es fast noch na hmm öh hier da ja also gar keine Malerei sonst hier jaaahh gab, außer das bißchen, was die da eben bezahlt haben, guck mal, da, da, da höchstens so Dachmalerei hu hemm. Hemm, hoiha! Also das war damals, in den frühen Zeiten schon sehr mpf dings, dings modebewußt, die Dachmalerei, da jahhaaa setzte sich, bobatz bobei, huhabs, ein so ein wie sag ich das, so ein Spunko hin und sagte, so, Schmorzi hier, Schmorzi da«, Bären machten ein Rumoren beim Aufstehen und Verlassen des Saals, sie hatten genug,»ööhhh äh bißchen grün hahuijahhaasala, bißchen blau jaaah, bis halt die Dachpolizei kam und sagte: Hey, Stinker, jetzt jaahh nun paah, puh du, na jau oder jei, hei pack mal hier deine Plünnen zusammen und sieh jaahh zu, daß du uns nicht weiter Unwegigkeiten machst. Wie gesagt, ha, ha, ha hagackel, hui wei packel, hoppi pah, die Natter jaahhautz Stülpke und ihre Anverwandten, haaaa jips ups jenzfalz, die haben das gesammelt übern Dachbereich hajaaahh weg in die hinterletzerbetzten Keller rein ha jaaahh da. Und jahhh, hihaajahaaa, dann kam sie hin, und der Affe Stanz na na na na jaahhh sagte, hier die Schmick, die Schmock, Schmiererei, und Stülpke ho, ho hui, ha Stülpke domm da haa, bot ihm was, nämlich sie sagte hoooi: Ach, vielleicht fünf Stücker. Holljaahma! Und Stanz erwiderte, och, nich, nach, jach, jahhhh, jaaahhh, Stücker fünf, jaaaahhh, ist ja ein guter Anfang, und damit dann aber auch stark verhandelt ist, sag ich jetzt einfach mal zwanzig, und zwar zwanzig mal vier hoch acht komma zwei Milliarden jaaahhh, und zwar herzlich, putzi patzi, bitte in Silber und hmmm öh harten Obligationen hommpommpomm. Rubs, bumms! Hahijaahh. Da erwiderte die fimfa, die vorher, die vornehme Frau: Okay, schönjaahh, ist genausogut, genausogut und fabelhaft. Und weil, tickitacki, verstehste jahhaaa, noch was übrig war von dem Schotter, etwas Kleingeld, haben sie dann, fingfangfumm, die jaaahh noch aus Menschenzeiten hododobsi, jaaahhh auf uns gekommene Zeitschrift Stimmenfang bestochen, daß die haa jaahh schreibt, in des Affen Stanzens Relevanz wird die Wutze praktisch sichtbar, jaaahh, die Wutze.«
Storikal hatte den Höhepunkt seiner Rede erreicht und lächelte holdselig.
Die besinnungslose Anzüglichkeit, mit der er seinen Sermon geendigt hatte, war dazu bestimmt gewesen, dem Publikum zu bedeuten, daß er ein freier Geist sei, ein verfluchter Kerl, frei von altväterlichen Vorurteilen.
Wenig entzückt aber waren alle, die nicht bereits die Flucht ergriffen hatten.
Die Wutze: So etwas sagte man auf keiner Bühne.
Der vermeintliche Esel begriff nicht, wie es um ihn stand, sondern fügte der Blamage jetzt sogar noch ein ausgefranstes Nachgegrunze hinzu:»Und weiter jahhh tschapp zap zerapp zeraschel, jaaahhh schrieb die Zeitschrift«, jetzt brachte er sich endgültig um Kopf und Kragen,»seit dem bar, bier, brumm, dem berühmten Menschenmaler namens hoppel dun… di… gratz… André dingens… Bissel… baselfussel hummel hoi und jaahh und herrsock jaahminahh gab es das nicht, gab es na eigentlich nichts mehr. Oder. Oder doch, oder… oh. Uh. Und das macht es pfö nicht oh boss… verdrusses… besser banz. Durch hoooka, durch haa und jaaah diese Kritik wiederum wurden jaaah andere hellhörig, und von dem her garrgel gucka juchzjaaahaaaa kam's ganz am Schluß in der Zeitung. Also der Rest ist schon sehr ausgefressen. Motto: Loch. Hoch horchen Hotzels, da haaa! Wir haaaaben den Aaaaffen Staaaanz selber gefraaaagt, was er meint«, der Affe hatte die Augen geschlossen, das Grinsen war zum Angstfletschen erstarrt,»und er aaaber saaaagte: Ja. Ja, ja. Jaaaaaaaaah! Jaaaaaaahh jaaaahhh! Bazon, Benzin! Zaranzabibar! Mit diesem bockockel Enthusiasmus des Aaaa… des Ah… des Affen hätten wir, woll, waaaas, gaaaar nicht gerechnet, weil uns das auch egaaaaaaal ist. Und jetzt kriegt er jaaahh dammi, dammi dammi dach den Preis von uns, den Preis mit Reis und Geiß als herausstechendes Subjekt im Ding. Im Ding!«Storikal schrie, er war am Ende seiner Fahnenstange und schrie trotzdem, ja gerade deshalb, wie von der schwarzen Rache eines volltrunkenen Teufels behext:»Ich hätte genausogut sagen können: Im Lurch! Im Ding, im Lurch, es ist… eine… Spick… eine Spur, eine selbe Seise. Seite. Ha ha ha! Hööh!«
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