Michael Köhlmeier - Abendland
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- Название:Abendland
- Автор:
- Издательство:Hanser
- Жанр:
- Год:2007
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"Ja. Und sehr gerne dazu."
"Gibt es einen Lebensabschnitt, in dem du dir fremd vorkommst?"
"Zwischen fünfundzwanzig und dreißig ein bisschen fremd. Gestern und vorgestern sehr fremd."
"Glaube, Liebe, Hoffnung. Welche Reihenfolge?"
"Liebe, Hoffnung, Glaube. Wenn ich den anderen dabei zusehe."
"Bei dir selber?"
"Keine Ahnung. Ich denke, das gilt nur bis sechzig oder siebzig. Bei den Auserwählten vielleicht etwas länger." Er lacht.
"Was ist das Größte, das du in deinem leben vollbracht hast?"
Keine Antwort darauf.
"Abendland" ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Generationenroman. Mit großer erzählerischer Kraft wird dargestellt, wie die unterschiedlichsten Menschen jenseits der politischen und historischen Wechselfälle aufeinander angewiesen sind und aneinander hängen, warum sie sich gegeneinander auflehnen und wie sie dann doch ihren Frieden schließen. In einem bewegenden Panorama des 20. Jahrhunderts werden die großen historischen Sündenfälle und die kleinen privaten Reaktionen darauf beschrieben. Ein solches Buch hat es in der deutschen Literatur schon lange nicht gegeben.
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Meine morgendliche (postoperative) Euphorie meldete sich wieder in kleinen dahinhüpfenden Momenten von Überschwenglichkeit, in denen sich die Härchen an meinen Armen aufstellten. In Davids Augen, meinte ich, funkle ein Licht kindlicher Frühreife, was mich dazu animierte, ihm imponieren zu wollen — wie ich auch seiner Mutter immer imponieren wollte. Ich befand mich in Konkurrenz zu Herrn Dr. Lenobel. Was einem an einem Fremden gefällt, stößt einen am eigenen Vater ab? Kann ja sein. Und um nicht häßlich zu erscheinen, entschloß ich, mich gar nicht zu zeigen. Damit ihn eine gewisse Rätselhaftigkeit an seinem Vater fasziniere. Den Vater jedenfalls faszinierte eine gewisse Rätselhaftigkeit an seinem Sohn. Aber man muß ein Schweiger sein, um schweigen zu können. Meistens stellt sich Schweigen einfach als Nichts-Reden dar, und es benötigt sündteuren Kunstaufwand, um einen Clint Eastwood zu kreieren, der still ist, aber dennoch irgendwie nicht dumm wirkt. Solcherart blankes Schweigen mag in der freien Natur des Wilden Westens Effekt zeigen, in der Großstadt wirkt es ohne die Stütze vielsagender mimischer und gestischer Ironie bloß bäurisch. Ein Mangel an Nuance, Zweifel und Witz würde mich als primitiv erscheinen lassen, und das sollte für meinen Sohn kein Ansporn sein, sich mir zu öffnen. Allzu sophisticated durfte ich jedoch auch wieder nicht auftreten, er könnte es als Arroganz auslegen. Darin bestand das hervorragende Talent des Dr. Caligari Lenobel: daß er sich auf jeden Menschen einzustellen verstand, so daß sich jeder so ungezwungen geben konnte wie gegenüber einem zweiten Selbst. Es duftete vom Nachbarhaus herüber nach österlichem Hefekuchen, und ein Feenwunsch durchzuckte mich, nämlich daß ich nie älter als zehn Jahre geworden wäre und daß mein zehntes Jahr so lange dauern hätte sollen wie ein ausgelebtes Leben und daß ich dieses Leben in Innsbruck in der Anichstraße verbracht hätte mit der Gewißheit, daß Margarida jeden Sonntag für mich einen Blechkuchen mit Streuseln bäckt. Aus zwei hofseitigen Fenstern unter uns hingen abgezogene gesteppte Bettdecken. Eine Frau, die ich manchmal in der Toreinfahrt traf, wenn sie die Post aus ihrem Fach nahm, stand auf einer Leiter und polierte die Scheiben. Sie trug eine dunkle Strumpfhose, die ihr Becken anmachend betonte, und hatte sich ein leuchtendrotes Tuch in die Haare geknotet. Sie hielt einen Augenblick inne und winkte zu uns herauf. David hob die Hand, als wäre er es, der sie kannte, und ich zu Besuch bei ihm. Aber ich glaubte ihm nicht. Eher konnte ich mir vorstellen, daß er gegen Panik ankämpfte. Das kommt ja vor, daß alle unsere Äußerungen gerade dann dem Ideal von Normalität nacheifern, wenn wir uns ins Extrem gedrängt fühlen. Was mochte er über mich denken? Er führt ein bequemes Leben, ohne Entschuldigung, ohne Scham und vollkommen unabhängig, was kann ich anderes für ihn sein als ein Störfaktor? Ich hätte ihn nicht besuchen sollen; er wäre immer eine Option gewesen, so ist er gar nichts, weniger als ein x-beliebiger Mann, von dem ich mir nie etwas erwartet habe. — Option? Daß er mich auswählte, ihm beizustehen in seiner Not? Und? Kann ich das? Wenige Monate, bevor sich mein Vater das Leben genommen hat, habe ich mit ihm telefoniert, er war aufgekratzt und teilte mir mit, daß er in der Schweiz in einem Studio aufnehme. Ein Jahr lang hatte er die Gitarre nicht mehr angerührt. Er hat mich gefragt, was ich davon halte, wenn er wieder eine Band gründe. Und ich sagte nur:»Ich weiß nicht. Findest du das wirklich eine tolle Idee?«Für ihn war ich nach diesem Telefongespräch wahrscheinlich keine Option mehr gewesen.
Wir rauchten schweigend und ließen am Ende, ohne eine andere Bewegung, als daß wir den Abstand zwischen Daumen und Zeigefinger ein wenig vergrößerten, gleichzeitig unsere glühenden Stummel in die Tiefe fallen.
«Also gut«, sagte er, und seine Stimme klang brüsk,»ich bleibe bis morgen früh. Kann ich mich jetzt gleich eine Stunde hinlegen? Ich habe wenig geschlafen in letzter Zeit.«
«Gib mir deine Sachen«, sagte ich,»ich stecke sie in die Waschmaschine, bis du aufwachst, sind sie fertig, dann geben wir sie in den Trockner, und am Abend kannst du sie wieder anziehen. Wir beide brauchen halt ein bißchen mehr Zeit. Ist das schlimm?«
Als ich mir sicher war, daß er schlief, rief ich Robert an.
«Ich habe euch beobachtet«, sagte ich.
«Ich habe dich dabei gesehen«, sagte er.
«Hat mich David auch gesehen?«
«Glaub’ ich nicht.«
«Was habt ihr denn so Interessantes besprochen?«
«Du hast mich gebeten, daß ich ihn mir ansehe«, seufzte er herablassend geduldig.»Ich nehme an, du hast damit den Arzt gemeint. Nun, der Arzt hat Schweigepflicht. Also frag’ nicht!«
«Eine Frage wenigstens: Hat er etwas über mich gesagt?«
«Daß du ihn nicht einmal gefragt hast, was er macht.«
«Ich hatte keine Zeit. Gleich nachdem er aufgewacht war, sind wir ins Sperl gegangen, weil ich dich nicht warten lassen wollte, und auf der Straße wollte ich ihn nicht fragen, bei dem Gedränge und dem Lärm, das wäre mir unhöflich erschienen, und im Sperl hast ja gleich du mit ihm gesprochen.«
«Er hat mit mir gesprochen. Ich habe ihn dazu gebracht, daß er mit mir spricht.«
«›Ich bin Jude, ich bin kein Jude, stört es dich, stört es dich nicht …‹ Es hat ihn nicht interessiert. Hast du das nicht mitgekriegt?«
«Es hat ihn interessiert, glaub mir.«
«Ah! Hat er dir vielleicht sogar einen konstruktiven Gegenvorschlag unterbreitet? Daß man sich in Hinkunft begrüßen soll mit: ›Ich bin ein Deutscher, stört dich das?‹«
«Du bist beleidigt.«
«Ja.«
«Und auf was hinaus bitte? Du benimmst dich kindisch. Du bist eifersüchtig.«
«Natürlich bin ich eifersüchtig. Warum tust du so, als ob ich ein Feind wäre. Ich bin nicht sein Feind, und ich bin nicht dein Feind!«
«Es war richtig, daß du mich mit ihm allein gelassen hast. Es wird ihm zwar merkwürdig erschienen sein. Aber das schadet nichts. Ich schätze, er hat das Manöver durchschaut. Auch das schadet nichts. Die Söhne können den Vätern nicht in die Augen sehen. Das ist ein uraltes Thema. Davon erzählen uns die Mythen.«
«Das erzählen die Mythen? Das habe ich noch nie gehört.«
«Isaak und Abraham, Jakob und Isaak, Simeon und Jakob …«
«Die haben doch alle ihren Vätern in die Augen gesehen. Ich habe nie etwas anderes gelesen. Das hast du doch in diesem Moment erfunden.«
«Und wenn schon! Freud hat auch alles erfunden — den Ödipus-Komplex, das Unterbewußtsein, die Verdrängung, die Sublimierung, den Freudschen Versprecher, das Es, das Ich, das Über-Ich …«
«Das Ich nicht.«
«… den Todestrieb …«
«Den gibt’s. Davon kann ich ein Lied singen. Mein Vater, dem ich übrigens sehr gut in die Augen sehen konnte, hat sich umgebracht, und meine Mutter hat sich lebendig begraben, und mein Sohn ist suizidgefährdet …«
«Ist er nicht.«
«Er hat immerhin einen Versuch unternommen.«
«Das war Bluff.«
«Woher weißt du das?«
«Er hat mir alles erzählt.«
«Warum dir, einem völlig Fremden? Warum nicht seinem Vater?«
«Du bist ihm nicht weniger fremd als ich. Den kannst du ihm zur Auflockerung erzählen: Zwei Lehrer treffen sich im Kaffeehaus, sagt der eine: Wenn ich Bill Gates wäre, wäre ich wahrscheinlich noch reicher als er. Fragt der andere: Wie das? Antwortet der eine: Ich könnte zusätzlich Nachhilfeunterricht geben.«— Und legte auf.
5
Hier nun Biographisches über die Mitglieder meiner wiederentdeckten Familie, wie sie es selbst — David am Abend, Dagmar in der Nacht — vor mir ausgebreitet haben:
David wollte nach dem Abitur Medizin studieren und Chirurg werden. Sein Notendurchschnitt aber war nicht entsprechend, so daß er von der ZVS (Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen — mit Wonne und Schadenfreude registrierte ich, daß ihm seine Mutter ihre Vorliebe für Abkürzungen mitgegeben hatte) ziemlich weit nach hinten gereiht worden war und vier Semester hätte warten müssen, bis ihm irgendein medizinisches Institut irgendwo in der Bundesrepublik zugeteilt worden wäre. Also gab er seinen Berufswunsch auf und schrieb sich für Wirtschaftspsychologie an der Universität Lüneburg ein. Er wußte nicht, was Wirtschaftspsychologie zum Inhalt hatte, auch nicht, was für eine Tätigkeit draußen im Leben auf einen Wirtschaftspsychologen wartete. Er besuchte eine einzige Vorlesung, die war derart langweilig, daß er auch mit dem besten Willen nicht einmal eine Minute lang im Gedächtnis behalten konnte, was vorgetragen wurde. Hinterher war er erschöpft wie nach einem Dreißigstundentag. Noch vor den Weihnachtsferien exmatrikulierte er sich und kehrte nach Frankfurt zurück. Er meldete sich für den Zivildienst an und bekam eine Stelle beim Diakonischen Werk in einem Tagesheim für Behindertenbetreuung. Von Anfang an gefiel ihm diese Arbeit. Die Patienten mochten ihn. Er hatte sogar den Eindruck, sie mochten keinen Betreuer lieber als ihn. Er hatte sich um vier Spastiker zu kümmern, zwei Frauen, zwei jugendliche Männer. Eine der Frauen hieß Natalie, sie war siebenundzwanzig und hatte ein hübsches Gesicht, wenn es entspannt war, was selten vorkam — in seiner Gegenwart aber eindeutig häufiger als in Gegenwart der anderen Betreuer. Natalie litt unter einer zerebralparetischen Störung, sie hatte bei der Geburt zu wenig Sauerstoff bekommen. Sie saß im Rollstuhl und konnte nicht sprechen. Es gelang ihr zwar, Laute von sich geben, aber das tat sie nur, wenn es ihr unbedingt notwendig erschien. Sie schämte sich. Sie wußte, die Leute hielten sie für schwachsinnig, wenn sie stöhnte, gurrte, röchelte oder lallte. David bekam die Erlaubnis, Natalie im Rollstuhl durch die Stadt zu schieben. Sie besuchten den Zoo, und während eines Wolkenbruchs flüchteten sie sich in das Giraffenhaus. Dort waren sie allein. Ihm ging es zu dieser Zeit nicht besonders gut, und das erzählte er ihr angesichts der Giraffen, und er erzählte auch, warum es ihm nicht so besonders gut ging. Sie tröstete ihn. Sie hatte noch nie in ihrem Leben jemanden getröstet, sonst war immer sie getröstet worden. Natalies Mutter lud ihn an einem Wochenende nach Hause ein. Natalie tanze gern, sagte sie, sie wünsche, ihm etwas vorzutanzen. Die Mutter legte eine Musik auf, und Natalie drehte und warf sich im Rollstuhl vor und zurück und hin und her. Nach einer Weile fand sie den Rhythmus, und ihr Körper war voll Anmut, trotz der schnellenden, zuckenden Bewegungen. Er verstand, warum weder Natalie noch ihre Mutter es wollten, daß sie im Heim vor den anderen tanzte. Die Bewegungen hatten nämlich auch etwas Anbietendes, Geiles, Lüsternes an sich, obwohl sie bestimmt nicht so gemeint waren. Allein die Tatsache, daß eine behinderte Frau, die schön war, tanzte, ließ einen etwas Schäbiges denken. Natalie war sein Liebling. Jeden Tag unterrichtete er sie. Hauptfach war Bliss. Bliss ist eine Universalsprache, ihr Erfinder war ein gewisser Charles Bliss, der hat sich, beeinflußt von den chinesischen Schriftzeichen, Symbole ausgedacht, mit deren Hilfe man alles, was man so üblicherweise redet, ausdrücken kann, nämlich einfach, indem man mit dem Finger darauf deutet. Das Sensationelle daran ist, daß auf diese Weise jeder Mensch mit jedem anderen Menschen kommunizieren kann, egal ob er Chinesisch, Portugiesisch, Deutsch oder Suaheli spricht. In der Allgemeinheit hat sich diese Erfindung leider nicht durchgesetzt, im Umgang mit sprachgestörten Menschen aber lassen sich erstaunliche Erfolge damit erzielen. Nachdem David ein halbes Jahr mit Natalie gearbeitet hatte, war sie in der Lage, mit Hilfe eines auf Bliss aufbauenden Programms — Apple Bliss — am Computer zu» schreiben«. Das Problem war: Natalie konnte mit den Händen nicht den Bildschirm berühren, um auf die Symbole zu zeigen und damit das Programm auszulösen. Wenn sie ihre Hand vor sich sah, zuckte die Hand aus und ließ sich nicht führen. Um die Hand halbwegs ruhig zu halten, mußte sie den Kopf wegdrehen. Wenn sie aber den Kopf wegdrehte, sah sie nicht, auf welche Taste sie drücken wollte. David stellte einen Spiegel auf den Tisch, so daß sie ihre Hand indirekt sah, und, wie ein Wunder, sie gehorchte ihr. Das erste, was sie schrieb, war ein Brief an David. Sie schrieb, sie liebe ihn wie einen kleinen Bruder. Als er seinen Ersatzdienst abgedient hatte, arbeitete er noch eine Weile unentgeltlich in dem Heim weiter, meldete sich aber an der Universität Frankfurt für die neue Studienrichtung Bioinformatik an, für die draußen in Niederursel im FIZ (Frankfurter Innovationszentrum Biotechnologie) ein Institut eingerichtet werden soll. Er stellt sich vor, daß man in dieser Studienrichtung auch über Kommunikationsformen jenseits von konventioneller Schrift und Sprache nachdenke. Jedenfalls wird er, wenn es zu einem Aufnahmegespräch komme, sagen, er wisse bereits, worüber er seine Diplomarbeit schreiben wolle, nämlich über Bliss.
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