Robert ließ langsam den Hörer sinken. Was ging hier vor, verdammt noch mal? Monte Banks, dieser amerikanische Musterknabe, genoß offenbar mächtigen Schutz. Jesus, dachte Robert, worauf läßt Susan sich da ein?
Nachmittags besuchte er sie.
Susan war in ihrem neuen Apartment, einer luxuriösen Wohnung in der M Street. Robert fragte sich, ob Moneybags ihre Miete bezahlte.
«Bitte entschuldige, daß ich so hereinplatze, Susan. Ich weiß, daß ich versprochen habe, das nicht zu tun.«
«Du hast gesagt, die Sache sei wichtig.«
«Das ist sie auch. «Er schwieg verlegen, weil er nicht wußte, wie er anfangen sollte.
«Was ist passiert?«
«Es handelt sich um Monte.«
Sie runzelte die Stirn.»Was ist mit ihm?«
Das war eben das Schwierige. Wie konnte er ihr etwas sagen? Ihm war nur klar, daß da etwas nicht stimmte. Monte Banks war tatsächlich in den FBI–Computern gespeichert, aber mit dem Vermerk: Auskünfte nur mit Sondergenehmigung. Und das Auskunftsersuchen war sofort ans ONI zurückgeleitet worden. Weshalb?
«Susan… womit verdient er sein Geld?«
Seine Frage schien sie zu überraschen.»Monte besitzt eine sehr erfolgreiche Import- und Exportfirma.«
Die älteste Tarnung der Welt, dachte Robert.
«Weshalb fragst du danach?«
«Ich… ich wollte nur sichergehen, daß er der richtige Mann für dich ist«, sagte Robert verlegen.
«Oh, Robert!«Ihre Stimme klang enttäuscht.
«Ich hätte lieber nicht kommen sollen. Entschuldige, Susan.«
Sie trat rasch auf ihn zu und umarmte ihn.»Ich verstehe«, sagte sie leise.
Aber Susan verstand gar nichts. Sie wußte nicht, daß ein
Mann, der versucht hatte, an Informationen über Monte Banks heranzukommen, mit lebensgefährlichen Verletzungen im Krankenhaus lag.
Als nächstes rief Robert einen Freund an, der beim Forbes Magazine arbeitete.
«Monte Banks? Interessant, daß du gerade seinen Namen erwähnst. Wir vermuten, daß er auf unsere Liste der hundert reichsten Männer Amerikas gehört, aber es gibt nirgends handfeste Informationen über ihn. Kannst du uns da irgendwie helfen?«
Pech gehabt.
Robert ging in die Stadtbibliothek und suchte vergeblich Monte Banks’ Namen im Who’s who.
Dann setzte er sich an ein Mikrofilmlesegerät und überflog die Ausgaben der Washington Post aus der Zeit, in der Monte Banks mit seinem Flugzeug verunglückt war. Über den Absturz wurde in einer kurzen Meldung berichtet, in der Banks als Unternehmer bezeichnet wurde.
Das klang alles ganz harmlos. Vielleicht täusche ich mich, sagte sich Robert. Vielleicht hat Monte Banks wirklich eine weiße Weste. Der Staat würde ihn nicht in Schutz nehmen, wenn er ein Spion, Mörder oder Drogenhändler wäre … In Wirklichkeit versuche ich nur, Susan zurückzugewinnen,
Wieder Junggeselle zu sein, bedeutete Leere, bedeutete Einsamkeit mit arbeitsreichen Tagen und schlaflosen Nächten. Manchmal überkam ihn abgrundtiefe Verzweiflung, und er weinte. Er weinte um sich selbst, um Susan und um alles, was sie verloren hatten.
Seine Freunde machten sich Sorgen um ihn.
«Du solltest nicht alleinbleiben, Robert. Hör mal, ich glaub’, ich hab’ ‘ne Frau für dich!«
Auf diese Weise lernte er eine ganze Menge Frauen kennen:
Fotomodelle, Sekretärinnen, Führungskräfte aus der Werbebranche, geschiedene Karrierefrauen und Anwältinnen. Aber keine von ihnen war Susan. Und der Versuch, mit diesen Frauen, die ihn nicht wirklich interessierten, Konversation zu machen, bewirkte nur, daß er sich noch einsamer fühlte.
Robert verspürte nicht die geringste Lust, mit einer von ihnen ins Bett zu gehen. Er wollte allein sein. Er wollte den Film bis zum Anfang zurückspulen, das Drehbuch neu schreiben. Nachträglich gesehen war es so einfach, seine Fehler zu begreifen!
Er wollte sein Leben umschreiben, ihm ein Happy-End geben. Aber es war zu spät. Das Leben gab niemandem eine zweite Chance.
Er kaufte selbst ein, kochte sich einfache Mahlzeiten und ging einmal in der Woche in den Waschsalon, wenn er zu Hause war.
Das war eine einsame, schreckliche Zeit in Roberts Leben. Aber das Schlimmste kam erst noch. Eine sehr attraktive Modeschöpferin, die er in Washington kennengelernt hatte, rief mehrmals an, um ihn zum Abendessen zu sich einzuladen.
Nachdem Robert mehrmals Ausflüchte gemacht hatte, ließ er sich endlich doch überreden. Sie erwartete ihn mit einem köstlichen Abendessen für zwei Personen bei Kerzenschein.
«Du kochst sehr gut«, sagte Robert anerkennend.
«Ich bin auf allen Gebieten sehr gut. «Sie trat dicht an ihn heran.»Komm, ich will’s dir beweisen!«Sie umschlang ihn und küßte ihn leidenschaftlich.
Es ist schon lange her, dachte Robert. Vielleicht zu lange.
Sie gingen miteinander ins Bett, und zu seiner Bestürzung endete dieser Versuch mit einem Desaster. Robert war zum ersten Mal in seinem Leben impotent. Er fühlte sich gedemü-tigt.
«Macht nichts, Darling«, tröstete sie ihn.»Das kommt mal vor.«
Aber sie täuschte sich.
Beschämt fuhr Robert nach Hause. Er fühlte sich wie ein Krüppel. Als er mit ihr schlafen wollte, hatte er das Gefühl gehabt, daß er damit einen Verrat an Susan begehen würde. Wie dämlich kann man eigentlich noch werden?
Einige Wochen später wagte er einen zweiten Versuch mit einer bildhübschen Sekretärin aus seiner Dienststelle. Sie erwies sich als temperamentvolle Liebhaberin, die ihn streichelte und sich bemühte, sein Geschlecht mit warmen Lippen zum Leben zu erwecken. Vergebens. Er wollte nur Susan. Danach verzichtete Robert auf weitere Versuche. Er dachte daran, zu einem Arzt zu gehen, aber dann genierte er sich doch zu sehr. Und schließlich wußte er ja, wie sein Problem zu lösen gewesen wäre — aber das vergangene Glück war unwiederbringlich verloren. Also konzentrierte er sich ganz auf seine Arbeit.
Susan rief mindestens einmal in der Woche an.»Vergiß nicht, deine Hemden aus der Wäscherei zu holen«, ermahnte sie ihn. Oder:»Ich schicke unser Mädchen hinüber, damit sie bei dir putzt. Die Wohnung hat’s bestimmt wieder nötig.«
Jeder Anruf machte die Einsamkeit noch unerträglicher.
Sie hatte ihn auch am Abend vor ihrer Hochzeit angerufen.
«Robert, ich möchte, daß du weißt, daß ich morgen heirate.«
Sein Herzschlag stockte.
«Susan.«
«Ich liebe Monte«, sagte sie,»aber dich liebe ich auch. Ich werde dich lieben, solange ich lebe. Ich möchte, daß du das nie vergißt.«
Was sollte er dazu sagen?
«Robert, was ist mit dir?«
Oh, mir fehlt nichts. Außer daß ich seit der Trennung von dir ein gottverdammter Eunuch bin.
«Robert?«
Er konnte es nicht über sich bringen, sie mit seinem Problem zu belasten.»Keine Angst, mir geht’s gut. Aber tust du mir ‘nen Gefallen, Baby?«
«Wenn ich kann.«
«Macht… macht eure Hochzeitsreise bitte nicht in Städte, in denen wir damals gewesen sind.«
Dann legte Robert auf und ging los, um sich wieder zu betrinken.
Das war vor nunmehr einem Jahr gewesen. Er hatte sich damit abfinden müssen, daß Susan jetzt einem anderen gehörte. Das Leben ging weiter. Er hatte einen Auftrag zu erfüllen. Es wurde Zeit für ein Gespräch mit dem Fotografen Leslie Mothershed, der die Bilder von dem UFO und die Namen der Zeugen hatte, die Robert im Rahmen dieses Auftrags — seines letzten — aufspüren sollte.
Leslie Mothershed befand sich in einem Zustand überschäumender Euphorie. Sobald er mit den kostbaren Filmen, die er wie seinen Augapfel hütete, nach London zurückgekehrt war, hastete er in die ehemalige Speisekammer, in der er das Fotolabor eingerichtet hatte, und überzeugte sich davon, daß er alles hatte, was er brauchte: Entwicklungstank, Thermometer, Negativklammern, vier große Schalen, Kurzzeitmesser, Entwickler und Fixierbad.
Читать дальше