Am Tag seiner Ankunft fand Robert sich gemeinsam mit etwa 30 weiteren Neulingen in einem Hörsaal ein. Dort erteilte ihnen Colonel Frank Johnson, ein hünenhafter schwarzer Oberst in Luftwaffenuniform, die ersten Instruktionen.
«Gentlemen, ich freue mich, Sie hier begrüßen zu können. Während Ihres Aufenthalts sprechen Sie einander nur mit Vornamen an. Ab sofort unterliegt Ihre berufliche Tätigkeit striktester Geheimhaltung. Sie alle haben sich mit einem Eid zur Verschwiegenheit verpflichtet. Über Ihre Tätigkeit dürfen Sie mit niemandem sprechen — weder mit Freunden noch mit Ihrer Frau, ja nicht einmal mit Kollegen.
Sie sind für diesen Lehrgang ausgewählt worden, Gentlemen, weil Sie spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen. Zur Weiterentwicklung dieser Qualifikationen liegt viel harte Arbeit vor Ihnen — und nicht alle werden es schaffen. Zu Ihrer Ausbildung werden Dinge gehören, von deren Existenz Sie bis dahin nicht einmal etwas geahnt haben.
In bestimmten liberalen Kreisen ist es Mode geworden, die Tätigkeit unserer Geheimdienste in den Schmutz zu ziehen, aber ich kann Ihnen versichern, Gentlemen, daß dieses Land ohne die hingebungsvolle Arbeit von Leuten wie Ihnen schön in der Scheiße säße.
Jeder von Ihnen, der diesen Lehrgang besteht, wird später Führungsoffizier. Um es ganz deutlich zu sagen: Als Führungsoffizier sind Sie zugleich Spion und Agentenführer. Und Ihre Arbeit unterliegt strengster Geheimhaltung.
Hier bei uns bekommen Sie die beste Ausbildung der Welt: Abschirmung, Überwachung, Tätigkeit als Funker, Schußwaffengebrauch.
Außerdem werden Sie lernen, wie man Leute für sich gewinnt, ihre persönlichen Motive erforscht und sie in entspannter Atmosphäre aushorcht. Sie werden lernen, wie man einen Agenten ausfindig macht, wie man Tote Briefkästen anlegt und wie man unauffällig mit seinen Agenten in Verbindung bleibt. Manche von Ihnen werden in offizieller Funktion arbeiten — im diplomatischen Dienst oder bei militärischen Dienststellen im Ausland. Andere werden sich als Privatleute tarnen — als Geschäftsmann, Archäologe oder Künstler —, um so an Personen heranzukommen, von denen Sie Informationen brauchen. Und jetzt überlasse ich Sie Ihren Ausbildern. Viel Erfolg!«
Als Robert Bellamy sich nach dem Abschluß seiner Ausbildung im Pentagon zum Dienstantritt beim Marinenachrichtendienst meldete, wurde er von Admiral Whittaker herzlich begrüßt.
«Willkommen an Bord, Robert! Sie scheinen Colonel Johnson verdammt beeindruckt zu haben.«
Robert grinste.»Er ist selbst ziemlich beeindruckend.«
Bei einer Tasse Kaffee erkundigte sich der Admiral:»Na,
kann’s jetzt losgehen mit der praktischen Arbeit?«
«Ich kann’s kaum noch erwarten!«
«Gut. Wir haben da eine Situation in Tansania…«
Sein neuer Job im Office of Naval Intelligence war noch aufregender, als Robert es sich in seinen kühnsten Träumen ausgemalt hatte. Robert erhielt stets Aufträge, die als»äußerst sensibel «eingestuft waren. Er verhalf einem Überläufer zur Flucht, der Einzelheiten über Noriegas Drogengeschäfte in Panama berichtete, enttarnte einen Maulwurf, der im US-Generalkonsulat in Manila für Marcos spionierte, und half mit, in Marokko eine geheime Abhörstation zu installieren. Er war dienstlich in Afrika, Lateinamerika und Südostasien unterwegs.
Das einzige, was ihn an seinem Job störte, waren die langen Trennungen von Susan. Doch seine Arbeitsbelastung wuchs ständig, und er war immer seltener zu Hause.
Immer wenn Robert nach Hause zurückkehrte, fielen Susan und er einander in die Arme und liebten sich leidenschaftlich. Aber solche Gelegenheiten wurden immer seltener. Susan gewann den Eindruck, daß Robert unmittelbar nach jedem Auslandsauftrag sofort wieder einen neuen erhielt.
Noch schlimmer wurde alles dadurch, daß Robert nicht mit ihr über seine Arbeit sprechen durfte. Susan wußte nicht, wo er unterwegs war und was er tat. Sie wußte nur, daß seine Arbeit gefährlich war, und befürchtete, er werde eines Tages nicht mehr wiederkommen. Mit der Zeit kam sie sich immer mehr wie eine Fremde vor, die von einem wichtigen Teil seines Lebens völlig ausgeschlossen war. Ihres gemeinsamen Lebens. So kann es nicht weitergehen! dachte Susan.
Als Robert von einem vierwöchigen Einsatz in Mittelamerika zurückkam, sagte Susan:»Robert, ich habe eine Stellung im Washington Memorial Hospital angenommen.«
Er starrte sie verblüfft an.»Was hast du getan?«
«Ich arbeite wieder als Krankenschwester. Ich kann nicht untätig hier rumsitzen, darauf warten, daß du zu mir heimkommst, mich fragen, wo du bist, was du gerade tust und ob du überhaupt noch lebst.«
«Susan, ich…«
«Das ist schon in Ordnung, Liebling. So tue ich wenigstens etwas Nützliches, solange du unterwegs bist. Das macht die Warterei erträglicher.«
Darauf wußte Robert keine Antwort.
Susan, die Spaß an der Arbeit im Washington Memorial Hospital hatte, bemühte sich stets, Urlaub zu bekommen, wenn Robert daheim war, um mit ihm Zusammensein zu können, aber ihr Job nahm sie mehr und mehr in Anspruch.
Wenn sie Robert von ihren Patienten erzählte, erinnerte er sich daran, wie sie ihn umsorgt und gesundgepflegt hatte. Er war glücklich, daß sie etwas Wichtiges tat, das sie ausfüllte, aber trotzdem blieb es eine Tatsache, daß sie sich immer seltener sahen. Zwischen ihnen war eine emotionale Kluft entstanden. Sie glichen zwei Fremden, die sich verzweifelt bemühen, Konversation zu machen.
Mehrere Male wandte Robert sich an Admiral Whittaker und bat ihn um einen Inlandsauftrag. Er hatte auch keine Bedenken, dem Alten von seinen Eheproblemen zu erzählen. Der Admiral, der seine Gefühle nur selten offen zeigte, hörte ihm stets mit undurchdringlichem Gesicht zu, nickte dann und versprach, Roberts Anliegen zu berücksichtigen. Aber da er Robert, wie er sagte, als einen seiner fähigsten Leute betrachtete und es offensichtlich ständig schwierige Aufträge gab, die er nur Topagenten anvertrauen wollte, mußte Robert am Ende doch immer wieder fort.
Als Robert nach einem sechswöchigen Einsatz in der Türkei nach Washington zurückkam, lud er Susan zum Abendessen ins Sanssouci ein.
«Wir haben einen neuen Privatpatienten«, erzählte sie.»Er ist mit seinem Flugzeug abgestürzt, und die Ärzte hatten ihn bereits aufgegeben. Aber ich sorge dafür, daß er durchkommt!«Ihre Augen leuchteten.
So hat sie bei mir auch reagiert, dachte Robert. Er fragte sich, ob Susan sich über den neuen Patienten gebeugt und geflüstert hatte:»Werd’ wieder gesund! Ich wart’ auf dich!«
Alle Schwestern? fragte er sich.
Am Samstag danach mußte Robert nach Portugal fliegen. Als er drei Wochen später heimkam, begrüßte Susan ihn aufgeregt.
«Monte hat heute seine ersten Schritte gemacht!«sagte sie und küßte ihn flüchtig.
«Monte?«
«Monte Banks. So heißt er. Er erholt sich erstaunlich gut. Die Ärzte hatten kaum noch Hoffnung, aber wir haben nicht aufgegeben.«
Wir?
«Er ist wirklich reizend. Wir bekommen dauernd Geschenke von ihm, weißt du, er ist nämlich sehr reich. Er ist mit seinem Privatflugzeug verunglückt und.«
«Was für Geschenke?«
«Ach, eigentlich nur Kleinigkeiten. Blumen, Pralinen, Bücher oder Schallplatten. Er wollte jeder von uns eine sehr teure Uhr schenken, aber das haben wir natürlich ablehnen müssen.«
«Natürlich.«
«Er hat eine Jacht, Polopferde und.«
Von diesem Tag an begann Robert, ihn» Moneybags «zu nennen.
Susan erzählte jedesmal von ihm, wenn sie aus dem Krankenhaus nach Hause kam.
«Er ist wirklich süß, Robert. Und er hat so nette Einfalle. Stell dir vor, heute hat er für alle Schwestern unserer Station das Mittagessen aus dem Jockey Club kommen lassen.«
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