Ich sagte: ›Nun mal langsam ... das ist zu viel der Ehre. Du bist Stationsleiter des Krankenhauses. Ich dagegen bin eine einfache Frauenärztin. Ich kann dich nicht als meinen Sohn betrachten, diese Ehre gebührt mir nicht. Wenn es etwas gibt, das du mir sagen willst, dann tu es bitte direkt!‹
Er hüstelte wieder. Und dann besaß er doch tatsächlich die Schamlosigkeit zu sagen: ›Ich habe – leitenden Kadern passiert gerade dieses kleine Malheur sehr häufig – nicht aufgepasst und Wang Xiaomei geschwängert.‹
›Herzlichen Glückwunsch!‹, sage ich nur, ›Wang Xiaomei trägt einen Drachensohn unter ihrem Herzen! Unser Krankenhaus bekommt einen Stammhalter!‹
›Verehrte Tante! Machen Sie bitte keine Witze! Ich bin so besorgt, dass ich seit Tagen keinen Bissen mehr runterbringe und kein Auge mehr zutue.‹
– Dieses Vieh! Gehört der etwa zu der Spezies, die keinen Bissen mehr runterbringen und kein Auge mehr zutun? –
›Sie verlangt von mir, dass ich mich scheiden lasse. Wenn ich nicht einwillige, will sie mich beim Kreisparteitag verklagen.‹
Ich sage nur: ›Warum das? Bei euch Kadern und Regierungsbeamten ist es doch üblich, eine Zweitfrau zu halten! Kauf ihr ein schönes Haus im Grünen, wo du sie versorgst und es ihr an nichts fehlt. Wo ist das Problem?‹
›Verehrte Tante, erlauben Sie sich keinen Spaß mit mir! Sich eine Zweitfrau und Drittfrau halten sind doch Dinge, die nur unter dem Tisch bezahlt werden. Wie soll ich unbemerkt so viel Geld zusammenbekommen, dass ich ihr eine Villa kaufen kann?‹
›Na, dann lass dich doch scheiden!‹
Dieser Esel machte ein langes Gesicht: ›Verehrte Tante, Sie können es sich vielleicht nicht vorstellen, aber mein alter Schwiegervater und seine Brüder, die Schweineschlächter, sind richtige Kriminelle. Wenn die das erfahren, machen sie mich kalt.‹
›Du bist doch aber Stationschef, ein hoher Kader. Also, wo ist das Problem?‹
›Verehrte Tante! Sie wissen doch genau, dass ich nur ein zweitrangiger Kader bin, der Leiter der Krankenstation eines winzigen Dorfes! In Ihren werten Augen bin ich doch ein Nichts, nicht mal einen Furz bin ich wert! Hören Sie auf, mich zu verhöhnen! Helfen Sie mir aus der Klemme und tun Sie was!‹
›Was sollte ich deiner Meinung nach tun?‹
›Wang Xiaomei vergöttert Sie. Sie hat mir so oft gesagt, wie sehr sie Sie bewundert. Wenn sie auf keinen hört, auf Sie wird sie hören.‹
›Was willst du von mir?‹
›Überreden Sie sie, dass sie das Kind aus ihrem Bauch herausnehmen lässt.‹
›Stationsleiter Huang, für derlei den Himmel beleidigende, sich an Himmel und Erde versündigende Geschäfte stehe ich nicht mehr zur Verfügung. Nie wieder! Ich habe in diesem meinem Leben bereits über zweitausend Kindsabtreibungen vorgenommen! So ein schmutziges Geschäft verrichte ich nicht mehr. Freu dich, dass du Vater wirst! Dieses Mädchen ist ein hübsches Kind! Der kleine Säugling, den sie gebären wird, ist bestimmt entzückend! Eine Tat, an der der Himmel seine Freude hat! Sag mir Bescheid, wenn es so weit ist, dann mache ich die Geburtshilfe!‹«
Gugu erzählte weiter: »Mit wehenden Ärmeln verließ ich sein Büro. Dem hatte ich’s gegeben! Zurück in meinem Büro trank ich ein Glas Heißwasser, und ich wurde traurig. Diese Missgeburt Sexgurke! So einer sollte gar keine Nachkommenschaft zeugen dürfen! Dass die hübsche Wang Xiaomei mit ihrem makellosen Körper das Kind einer solchen Kreatur gebären sollte, war wirklich schade.
Ich habe in meinem Leben so viele Kinder auf die Welt geholt! Am Ende habe ich die Erfahrung gemacht: Ob jemand gut oder böse wird, ist zur Hälfte vererbt und zur anderen Hälfte der Erziehung geschuldet. Ihr könnt mich jetzt als Verfechterin der Lehre von der Blutreinheit und der Eugenik verunglimpfen! Aber meine Erfahrung hat mich nun mal gelehrt, dass es so ist. Aus der Nachkommenschaft eines Huang würde, selbst wenn man den Säugling im Tempel aufzöge, nur ein Mönch, der das Gebot der Keuschheit nicht einhält und im Verborgenen zu Frauen geht.
Huang Xiaomei tat mir sehr leid. Aber ihr unter dem Deckmäntelchen politisch intendierter Überzeugungsarbeit ins Gewissen reden? Dieses Päckchen würde ich der Missgeburt Sexgurke nicht abnehmen! Das sollte er mal schön alleine ausbaden! An einem unkeuschen Mönch mehr oder weniger würde die Welt auch nicht zugrunde gehen.
Aber letztendlich habe ich der Kleinen doch einen Abort gemacht. Sie selbst hat mich darum gebeten. Sie kniete vor mir, hielt meine Waden umklammert und heulte Rotz und Wasser! Meine Hose wurde davon ganz schmutzig. Jämmerlich weinend flehte sie: ›Gugu, ich bin auf ihn hereingefallen, er hat mich betrogen. Selbst wenn er mit einer von acht Mann getragenen Sänfte ankäme, um mich zu seiner Frau zu machen, würde ich dieses Vieh nicht heiraten. Gugu, mach es mir weg! Diese schlechte Frucht will ich nicht in meinem Leib haben!‹ Also habe ich es getan.«
Gugu hatte sich eine neue Zigarette angezündet und machte ein paar tiefe Lungenzüge, so dass weißer Qualm ihr Gesicht verhüllte.
»Was für eine zarte Rosenknospe sie einmal war! Er hat sie so zugerichtet, dass aus ihr eine verbrauchte, welke Blume geworden ist.«
Gugu wischte sich mit dem Ärmel die Tränen vom Gesicht. »Ich schwor mir, nie mehr im Leben einen derartigen Eingriff vorzunehmen. Ich hielt es nicht mehr aus. Selbst wenn die Frucht im Leib der Schwangeren ein Affe wäre, ich würde nie wieder einen Abort durchführen. Als ich das Geräusch der Saugglocke hörte, dieses Gurren, Gurgeln, war mir, als packte eine Riesenhand mein Herz, drückte zu, fester, noch fester, vor Schmerz verkrampfte ich mich, war schweißnass am ganzen Leib, Sternchen tanzten vor meinen Augen und ich hatte Rotsehen. Als es vorbei war, fiel ich ohnmächtig zu Boden ... Ich bin offenbar sehr alt geworden. Mir fällt auf, dass ich komplett den Faden verloren habe. Dabei wollte ich eigentlich berichten, warum ich Hao Große Hand geheiratet habe.«
Gugu erzählte weiter: »Der Tag, an dem mein Ausscheiden aus dem Dienst bekanntgegeben wurde, war nach dem Mondkalender der 15. des siebten Monats, der Tag Allerseelen, an dem der Höllenfürst Yama die Tore der Hölle geöffnet hat. Sexgurke wollte mich bewegen, weiter im Dienst zu bleiben. Ich sollte meine Position behalten dürfen, und er wollte mir jeden Monat achthundert Yuan geben. ›Pfui ...!‹ Ich spuckte ihm ins Gesicht. ›Du Missgeburt, deine alte Großtante sagt dir eins, sie hat genug wertvolle Lebenszeit an dein Krankenhaus verschwendet! In meinen Dienstjahren sind acht von zehn Yuan, die das Krankenhaus verdiente, doch durch mich hereingekommen. Aus ganz Weifang, aus allen vier Bezirken und acht Kreisen kommen die kranken Frauen und Kinder zu mir. Wenn ich Geld bräuchte, wär’s mir ein Leichtes, immer mal tausend oder achthundert Yuan nebenbei zu verdienen. Und da willst du Gurke mich für achthundert Yuan pro Monat kaufen? Dafür bekommst du nicht mal einen Wanderarbeiter! Ich habe mein Leben lang hart gearbeitet. Ich will nicht mehr. Nun gehe ich zurück aufs Land und werde mich ausruhen.‹
Das hat mir Sexgurke übelgenommen. In den zwei Jahren zuvor hatte der mich ganz schön drangsaliert. Mich drangsaliert? Ach, was rede ich! ›Gurke, lass es dir gesagt sein‹, erklärte ich ihm, ›deine alte Großtante hat in ihrem Leben schon alles erlebt! Sie hatte selbst als kleines Mädchen nicht mal vor den Japsen Angst. Da wird sie sich mit über siebzig doch nicht von jemandem wie dir, du Missgeburt, ins Bockshorn jagen lassen!‹
Richtig. So ist es abgelaufen. So und nicht anders.
Wenn ihr nun wissen wollt, warum ich Große Hand heiratete, muss ich bei den Fröschen beginnen. Am Abend nach meinem offiziellen Eintritt in den Ruhestand hatten ein paar meiner alten Kollegen im Restaurant einen Tisch bestellt. Ich war an jenem Abend betrunken.
Читать дальше