Albert Daiber - Die Weltensegler. Drei Jahre auf dem Mars.

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Die Weltensegler. Drei Jahre auf dem Mars.: краткое содержание, описание и аннотация

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„Verehrte Damen und Herren, werte Freunde und Kollegen von nah und fern dieses kleinen Erdenballes! Die Geschichte unseres Planes ist Ihnen ja allen bekannt. Heute ist er verwirklicht insofern, als es uns gelungen ist, ein Luftschiff zu konstruieren, das nicht nur die Atmosphäre unserer Erde mit Leichtigkeit durchschneiden, sondern auch – und dies ist der springende Punkt – den Ätherraum selbständig durchfliegen soll. Alle hier in Frage kommenden, ungeheuer verwickelten wissenschaftlichen Bedingungen, die vorher erfüllt werden mußten, um unsere Reise nach dem Mars zu ermöglichen, will ich nicht weiter erwähnen. Dies würde mich auch viel zu weit führen. Aber für meine heilige Pflicht halte ich es, in dieser Stunde des Abschiedes laut und offen zu erklären, daß möglicherweise unsere Reise von manchen Faktoren ungünstig beeinflußt, durch diese „Unbekannten“, die wir hier auf unserm Planeten nicht in den Kreis unserer Berechnung zu ziehen vermochten, vielleicht auch zum Scheitern gebracht werden kann. Diese Erkenntnis schützt uns vor Selbstüberhebung, sie zeigt uns aber auch klar die Gefahren unserer Expedition. Nicht Leichtfertigkeit, sondern die vorwärts treibende Wissenschaft, der Durst nach Aufklärung ist es, der uns unser eigenes Leben nicht achten, sondern in den Dienst der allgemeinen Forschung stellen läßt.

Ob und wann wir uns je in diesem Leben wiedersehen werden, kann heute niemand von uns sagen. Kommen wir in einer Reihe von Jahren nicht mehr zurück, so weihen Sie unserm Andenken eine stille Träne. (Allgemeine Rührung.) Wir sind eben dann die Opfer unseres Berufes geworden. Aber ebensogut ist es möglich, daß wir Ihnen einmal später von den Wundern einer andern Welt berichten können. Leben Sie daher alle, alle wohl, und nehmen Sie zum Abschiede meinen und meiner Kollegen herzlichen Dank für Ihr Erscheinen hier, für Ihre Anteilnahme an unserm Unternehmen.“

Beifallsstürme brachen los, als Professor Stiller seine Rede beendigt hatte und nun gemessenen Schrittes von der Tribüne herabstieg. Wieder trat eine lautlose Stille ein, als die Gelehrten einer nach dem andern in die Gondel stiegen. Professor Stiller war der letzte, der die Strickleiter zur Gondel hinaufkletterte. Er winkte noch mit der Hand, dann schloß sich die kleine Tür. Das Klingeln einer elektrischen Glocke war das Signal zum Lösen der Taue. Der Weltensegler hob sich. Ruhig, gerade stieg er hinauf in den mehr und mehr heraufziehenden Winterabend. Kleiner und kleiner wurde der mächtige Ballon, größer und größer die Entfernung zwischen ihm und der Erde, dann verschwand er vor den Augen der Zurückgebliebenen, die sich schweigend unter dem machtvollen Eindruck des Geschehenen nach und nach zerstreuten.

Am Abend dieses bedeutungsvollen Tages gab der hohe Rat der Stadt Stuttgart zu Ehren der Herren Blieder und Schnabel, der Erbauer des Weltenseglers, in dem glänzend erleuchteten, prachtvoll geschmückten Cannstatter Kursaal ein prunkvolles Festmahl. In mancherlei Reden wurden die Herren als die im Augenblick berühmtesten Männer und hervorragendsten Leuchten ihrer Vaterstadt gefeiert. Tränen der Freude liefen den beiden Herren über die gut genährten Wangen, als sie so offen ihr Loblied aus dem Munde der hochwürdigen Stadtväter singen hörten. Allerdings behaupteten böse Zungen später, Blieder und Schnabel hätten nur deshalb geweint und nicht mit Worten zu danken vermocht, weil sie schon zu viel des guten Weines getrunken und den Zungenschlag bekommen hätten. Aber böse Zungen sind ja immer dabei, wenn es gilt, die Verdienste anderer zu schmälern.

Beim Festmahle erreichte die allgemeine Rührung ihren Höhepunkt, als den Herren Blieder und Schnabel auf ihre etwas großen Köpfe je ein mächtiger Lorbeerkranz gepreßt wurde. Am Schlusse des Mahles verkündete der Herr Oberbürgermeister der Haupt- und Residenzstadt, daß Herr Architekt Adolf Blieder und Herr Professor Julius Schnabel auf Grund ihrer Leistungen bei dem kühnen Bau des Weltenseglers aus dem Stande der gewöhnlichen Bürger der Stadt herausgehoben und in die kleine Gemeinde der Ehrenbürger versetzt seien. Die Überreichung der Ehrendiplome unter den rauschenden Klängen des Stuttgarter Stadtmarsches schloß die erhebende Feier erst um die mitternächtliche Stunde.

Drittes Kapitel

Zwischen Himmel und Erde

Keine nennenswerte Luftströmung störte den fast senkrechten Aufstieg des Weltenseglers. Noch befand sich das Luftschiff im Bereich der Erdatmosphäre. Allerdings machte sich die erreichte Höhe durch den verminderten Luftdruck und das Sinken der Temperatur auch im Innern der Gondel fühlbar. Professor Stiller, als Leiter des Ganzen, schlug daher vor, zunächst einen bescheidenen Abendimbiß einzunehmen, wohl den letzten in der Nähe der Mutter Erde, von der die Expedition nach dem Stand des Barometers schon siebentausend Meter entfernt war. Der Vorschlag fand allseitige Billigung. Die Herren ließen sich die ausgezeichneten Stuttgarter Fleisch- und Backwaren vortrefflich schmecken, und dem an den sonnigen Halden des Neckartales bei Cannstatt gewachsenen Zuckerle, so hieß der mitgenommene gute Rotwein, wurde wacker zugesprochen, soweit eben die Herren Gelehrten keine Abstinenzler waren.

Nach dem Mahle wurde die Aufmerksamkeit wieder den Instrumenten zugewandt. Diese zeigten an, daß die Grenze der Erdatmosphäre erreicht sei, mithin der Eintritt in den unermeßlichen Ätherraum bevorstehe. Die mit Xylol gefüllten Thermometer zeigten außerhalb der Gondel bereits 42 Grad unter Null an, und die Barometer registrierten eine Höhe von 19950 Meter. In der Gondel wurden die elektrischen Glühkörper in Tätigkeit gesetzt, nachdem schon vorher der Zerstäubungsapparat für die feste Luft in Funktion getreten war. Eine erträgliche Temperatur und eine angenehme, gut atembare Luft herrschte in der Gondel. Der Dienst in dem Raum wurde in der Weise geordnet, daß jeder der Gelehrten während vierundzwanzig Stunden abwechselnd drei Stunden zweiundvierzig Minuten die Instrumente zu überwachen hatte. Auf diese Art war für den einzelnen der Dienst nicht anstrengend. Nur Professor Stiller hatte sich vorbehalten, im Falle der Notwendigkeit die Dienstleistung für gewisse Zeit allein zu übernehmen.

Ruhig und gut ging die erste Nacht in der Gondel hoch oben im Ätherraume vorüber. Unterdessen war der Ballon äußerst schnell gestiegen. Morgens um 7 Uhr, am 8. Dezember, war die Höhe von 90723 Meter erreicht. Die Thermometer an den Glimmerfenstern der Gondel zeigten die fürchterliche Kälte von 120 Grad. Tiefe Dunkelheit umgab den Weltensegler. Kein einziger Sonnenstrahl fiel in diese pechschwarze Nacht des Tages. Rascher und rascher stieg das Luftschiff, seinen Kurs genau der Steuerung gemäß nach Osten haltend. Gegen Mittag wurde durch den Geschwindigkeitsmesser die gewaltige Entfernung von 220000 Meter von der Erde angezeigt. Sollte das Steigen in diesem schnellen, progressiv sich steigernden Tempo fortgehen, so mußte der Weltensegler im Laufe weniger Tage in die Nähe des Mondes gelangen, der bis dahin, um 90 Grad nach Osten vorgerückt, gerade sein erstes Viertel bilden würde.

Mit der Annäherung an den Mond erhielt der Weltensegler dann wieder das Licht der Sonne, konnten die Gondelbewohner sich wieder an den leuchtenden Strahlen der Urquelle aller Kraft erfreuen. Obgleich noch keine vierundzwanzig Stunden unterwegs, empfanden die Herren die Dunkelheit des sie umgebenden Weltraumes wie eine allzulange Nacht. Sie begannen sich darüber zu äußern.

„Wir sind eben Kinder des Lichtes, der Sonne und empfinden sofort deren Mangel,“ sprach Professor Dubelmeier.

„Das ist wohl wahr,“ bestätigte Friedolin Frommherz, „alles Licht, auch das unserer Seelen, kommt von oben.“

„Umgesetztes Sonnenlicht, mein Lieber,“ ergänzte Professor Hämmerle.

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