Albert Daiber - Die Weltensegler. Drei Jahre auf dem Mars.

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Die Weltensegler. Drei Jahre auf dem Mars.: краткое содержание, описание и аннотация

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Mit der Zunahme der Besucher stieg die allgemeine Erregung, als der Tag des Aufstieges des Weltenseglers langsam näher rückte. Nach Hunderttausenden wurden die Fremden geschätzt, die nach Groß-Stuttgart geströmt waren, um das in seiner Art einzige Schauspiel zu sehen, ein Schauspiel, von dem noch in den fernsten Zeiten als von einer wunderbaren Begebenheit gesprochen werden mußte. Nur persönlich dabei zu sein, den Augenblick des Aufstieges in seiner ganzen Wucht der Eigenart auf sich einwirken zu lassen, von diesem einzigen Wunsche waren alle Besucher beseelt. Sie zahlten gewaltige Preise für ihre Unterkunft. Wer mit dem Geld nicht verschwenderisch um sich werfen konnte, fand weit und breit in und um Stuttgart herum keine Unterkunft. Nicht nur waren die Gasthäuser bis unter das Dach hinauf besetzt, nein, auch die Häuser von Privaten waren gefüllt. Noch niemals hatte Stuttgart mit seiner Umgebung einen so ungeheuren Fremdenstrom erlebt, wie in diesen Tagen.

Auf dem Wasen selbst war das Leben und Treiben der Menschenmenge nachgerade lebensgefährlich geworden. Man stieß und drängte sich förmlich. Überall war ein fürchterliches Pressen und Schieben, dazwischen ein Lachen und Schimpfen und Wettern in allen Sprachen der Völker. Jeder und jede wollte so nahe als möglich an den Weltensegler gelangen, an dieses Wunder der Technik, dieses stolze Erzeugnis wissenschaftlicher Berechnung. Alle wollten das Werk möglichst genau sehen und betrachten, womöglich auch befühlen und einen Blick in die merkwürdig eingerichtete Gondel werfen; sollte diese doch für viele Wochen der Aufenthaltsort der berühmten sieben Gelehrten sein, die ohne Rücksicht auf ihr Leben die einem Märchen gleiche Reise nach einer andern Welt unternahmen, einer Welt, die in schwindelerregend weiter Ferne von der Erde sich befand.

Die Meinungen über das Gelingen oder Mißlingen der Expedition waren beim Publikum noch immer geteilt. Darüber aber waren sich alle einig, daß das Unternehmen an Kühnheit und Großartigkeit alles in den Schatten stellte, was die Welt bisher gesehen, und daß die Männer der Expedition an Mut und Entschlossenheit nicht ihresgleichen fanden.

So war der 7. Dezember herangekommen, der ewig denkwürdige Tag, an dem nachmittags punkt vier Uhr der Aufstieg des Weltenseglers stattfinden sollte. Kurz nach Tagesanbruch war Professor Stiller auf der Baustelle erschienen. Die Herren Blieder und Schnabel befanden sich bereits auf dem Platze und erwarteten den Professor. Ebenso waren sämtliche am Weltensegler beschäftigte Arbeiter angetreten. Der Ballon wie die Gondel wurden einer scharfen, eingehenden Besichtigung unterworfen. Die von Professor Stiller gerügten Ausstände waren beseitigt. Einige kleinere Anstände, die der Professor da und dort noch entdeckte, verbesserten die Arbeiter sehr rasch. Nachdem auch das Kleinste geordnet war, stieg Professor Stiller in die Gondel. Ihm folgten die Herren Blieder und Schnabel sowie einige der ersten Arbeiter.

Die Taue, mit denen das Riesenluftschiff am Boden befestigt war, wurden vorsichtig gelöst. Langsam, in stolzer Sicherheit erhob sich der Weltensegler gen Himmel. Unterdessen hatte sich trotz der frühen Morgenstunde eine Menge von Neugierigen auf dem Wasen eingefunden, die mit Staunen und lauter Bewunderung den Bewegungen des Luftschiffes folgten. Hoch oben in der Luft, kaum noch erkennbar, bald rückwärts, bald vorwärts flog der Weltensegler, willig der Steuerung gehorchend wie das flinkste Schiff im Wasser. In raschem Fluge und weitem Bogen zog das Luftschiff über Stuttgart hin, kehrte wieder über den Ort des Aufstieges zurück und ließ sich langsam und majestätisch genau auf dem Punkt nieder, von dem es ausgegangen war.

Ein tausendstimmiges Bravo der Zuschauer, wie ein Donner klingend, belohnte die gelungene Probefahrt. Nun konnte es tatsächlich keinem Zweifel mehr unterliegen, daß ein so wunderbar schnell fliegendes und leicht lenkbares Luftschiff wie der Weltensegler den höchsten aeronautischen Anforderungen genügen, daß die Reise wirklich zu einem befriedigenden Ziele, zu einem günstigen Ergebnis führen mußte.

Mit Befriedigung verließ Professor Stiller die Gondel. Die Sache war besser ausgefallen, als er vor wenigen Tagen selbst noch geglaubt hatte. Sein so lange genährter und auch berechtigter Unmut gegen die Herren Blieder und Schnabel wich freundlicheren Gefühlen, als er sich von ihnen verabschiedete. Gern übersah er deshalb auch, daß die Erbauer des Weltenseglers eigentlich nur die Handlanger bei der Ausführung des Erzeugnisses seiner eigenen Geistesarbeit gewesen waren, und gönnte ihnen den leicht und billig verdienten Ruhm. Neidlos überließ er seine alten Schulgenossen dem herbeiströmenden Publikum, das diese mit Glückwünschen zu dem genialen Bau und der gelungenen Probefahrt des Weltenseglers überschüttete.

Es ging auf ein halb vier Uhr nachmittags. Ein Meer von Menschen wogte auf dem Wasen. Von Minute zu Minute stieg die Erwartung, denn bald sollten die kühnen Weltensegler, die sieben berühmten Gelehrten, Deutschlands und Schwabens Stolz und Zier, auf dem Wasen eintreffen, um in dem Luftschiff mit dem so treffenden Namen die ungeheuerliche Reise anzutreten. Punkt ein halb vier Uhr begannen die Glocken aller Türme von Groß-Stuttgart zu läuten. Es war ein harmonisches, feierliches Konzert, würdig des bevorstehenden ernsten und zugleich so großartigen Augenblicks. Aus dem Tale des Nesenbachs heraus wie aus dem des Neckars verkündete der laute, eherne Mund der Glocken das Hohelied von Mut, von Kühnheit und dem Menschengeist, der sich über den einengenden Erdenkreis hinaus erhob und sich einen Verkehr mit jenen fernen, geheimnisvollen Welten anzubahnen anschickte, der seit Beginn der menschlichen Kultur bis zur heutigen Stunde das hoffnungslose Sehnen und Wünschen der Edelsten und Besten gewesen war. Jetzt endlich, nach Jahrtausenden, sollte dieses Sehnen Erfüllung finden, der Verwirklichung entgegengehen. Kein Wunder, daß die gesamte Welt mit atemloser Spannung nach der Hauptstadt des Schwabenlandes blickte, wo eine solche Großtat vollbracht werden sollte.

Nach allen Richtungen der Windrose flogen von dem Cannstatter Wasen die Telegramme der Berichterstatter. Ein großes Depeschenbureau war für diesen Zweck in unmittelbarer Nähe des Weltenseglers errichtet worden. Auf dem Wasen selbst war die Erregung der Massen nachgerade aufs höchste gestiegen. Die feierlichen Akkorde der Glocken hatten bei der Menschenmenge ein erhebendes, sonntägliches Gefühl erweckt, und als fünf Minuten vor vier Uhr die Glocken plötzlich mit einem Schlage verstummten, da herrschte auf dem weiten Platze die ernste, erwartungsvolle Stille der Kirche.

Die Sonne stand schon tief im Westen. Ihre rotgoldenen Strahlen spielten wie Abschied nehmend an dem Weltensegler und ließen das gewaltige, kaum sich bewegende Luftschiff wie mit einem Heiligenschein umgeben erscheinen. Da ertönten von der Neckarbrücke her Hurrarufe. Sie pflanzten sich fort und wurden zu einem betäubenden Willkommen. Aus Hunderttausenden von Kehlen stieg brausender Begrüßungsruf, als die Menge der sieben Gelehrten ansichtig wurde, deren Namen von Mund zu Mund gingen, und deren Bildnisse in ungezählten Exemplaren gekauft worden waren. Die Herren vertraten folgende Fächer:

Prof. Dr. Siegfried Stiller, Astronomie, Physik und Chemie,

Prof. Dr. Paracelsus Piller, Medizin und allgemeine Naturwissenschaft,

Prof. Dr. David Dubelmeier, Jurisprudenz,

Prof. Dr. Bombastus Brummhuber, Philosophie,

Prof. Dr. Hieronymus Hämmerle, Philologie,

Prof. Dr. Theobald Thudium, Nationalökonomie,

Prof. Dr. Friedolin Frommherz, Ethik und Theologie.

In einem Autoelektrik sitzend, fuhren die Herren langsam durch die sich vor ihnen öffnende Menschenmauer der Baustelle des Weltenseglers zu. Ernst und voll Würde grüßten die kühnen Reisenden die ihnen zujubelnde Menge. Am Weltensegler angelangt, verließen sie den Wagen, und Professor Stiller bestieg die in aller Eile und in letzter Stunde noch aufgerichtete Rednertribüne, um von da aus einige Worte des Abschiedes an die nächste Umgebung zu richten.

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