In kurzen, klaren Sätzen beschreibt die Bibel die Sintflut und die Rettung Noahs, seiner Familie und der Tiere durch Gottes Gnade. Die meisten Menschen des 21. Jahrhunderts können damit nur noch wenig anfangen und halten die Geschichte für ein nettes Märchen. Auch viele Christen halten den Sintflutbericht und die ersten Kapitel der Genesis insgesamt für Mythen aus grauer Vorzeit.
Haben die biblischen Hauptpersonen wirklich gelebt? Selbst an der wirklichen Existenz von König David zweifeln heute bibelkritische Archäologen. Doch ein glaubwürdiger geschichtlicher Hintergrund der biblischen Berichte ist mindestens zurück bis Mose rekonstruierbar. Auch das biblisch überlieferte kulturelle und sprachliche Umfeld der Abraham-Geschichten stimmt mit der Wirklichkeit überein. So wurden Hinweise auf Abrahams Vater Terach gefunden und auch die Städte Harran, Sichem, Sodom und Gomorra haben in jener Zeit existiert. Die Anwesenheit Josefs in Ägypten kann im Rahmen einer »revidierten Chronologie« nachgewiesen werden. 3
Ruinen auf dem Ausgrabungshügel: Harran war in der Zeit Abrahams eine bedeutende Stadt.
Und Noah? Der Erbauer der Arche und Überlebende der Sintflut steht offenbar an einem Wendepunkt der Glaubwürdigkeit biblischer Überlieferung. Ist die Erzählung von Noahs Flut ein Fantasy-Märchen, eine uralte Sage, ein Mythos? Oder war Noah ein Mensch aus Fleisch und Blut, der tatsächlich mithilfe eines riesigen Schiffes eine weltweite Flut überlebte? Kann die Wahrheit irgendwo dazwischenliegen? Ein 2014 anlaufender Kinofilm zeigt die Hauptfigur »Noah« als Actionheld und Umweltaktivist. Eine Sagengestalt, auf die heutige Ideen projiziert werden. Ein Held, der sich um die Bewahrung der Schöpfung kümmert. Die Schuld der Menschen gegenüber dem Schöpfer bleibt dabei im Hintergrund. Der Film zeigt aber auch die Sintflut in ihrer fatalen und zerstörerischen Wucht. 4
Meine zunächst virtuelle Expedition auf der Suche nach Noah und seiner Arche führte zu den digitalen Archiven uralter Keilschrifttexte und zu unentdeckten Plätzen auf dem virtuellen Globus von Google Earth. Facebook, E-Mail und diverse Suchmaschinen förderten Faszinierendes zutage. Das Internet hat Recherchemöglichkeiten eröffnet, die es in dieser Art vor wenigen Jahren noch nicht gab. Doch auch in der heutigen Zeit blieb der Weg in Büchereien und zu Menschen, die mir handgeschriebene Notizen gezeigt haben, natürlich unverzichtbar. Eine Reise in die Südosttürkei und den Besuch des potenziellen Landeplatzes der Arche Noah hielt ich noch bis vor wenigen Monaten für undurchführbar, doch vom 25. September bis 2. Oktober 2013 konnte ich dort sein und mir einen Eindruck von der Gegend verschaffen. Die Landschaft, die mir von ungezählten Fotos und Satellitenaufnahmen bereits so vertraut war, sah ich nun mit eigenen Augen.
Und doch bleibt die Suche nach der Arche Noah vorerst offen und weiterhin spannend. Während am berühmten Ararat noch verbissen immer tiefer ins Gletschereis gebohrt wird, sind archäologische Grabungen am von mir vertretenen alternativen Landeplatz – nämlich auf dem Gipfel des Cudi Dagh – noch für absehbare Zeit Zukunftsmusik. Außerdem ist aufgrund der historischen Überlieferung und der geografischen Gegebenheiten mit einem unzweifelhaften Fund wohl überhaupt nicht mehr zu rechnen. Ich gehe davon aus, dass höchstens noch undefinierbare Reste im Boden zu finden sind. Auch wenn deren Überzeugungskraft gegenüber Skeptikern vermutlich nicht ausreichen wird, könnten sie für gläubige Christen durchaus handfeste Hinweise dafür liefern, dass sich dort vor vielen Jahrtausenden eine Geschichte abgespielt hat, die bis heute als Wirken Gottes in der Bibel festgehalten ist.
Mein Buch möchte den aktuellen Forschungsstand zu einem Thema zeigen, das die sogenannten ernsthaften Gelehrten kaum noch im Licht der Bibel betrachten. Dieses Thema hat dennoch immer wieder Abenteurer zu merkwürdig unwissenschaftlichen Expeditionen in die kühlen Höhen des Ararat-Berges geführt und interessiert eine große Zahl junger und alter Christen, Juden, Muslime und Atheisten, weil es von einer Aura der Faszination umgeben ist. Einer Faszination, die dem Schicksal der frühen Menschheit im Schnittpunkt von Mythos und Geschichte seit jeher in Forschung, Predigt, Kunst und neuerdings auch im Kino Aufmerksamkeit verschafft.
Folgen Sie mir auf eine spannende Forschungsreise mit überraschenden Erkenntnissen und aufregenden Schlussfolgerungen!
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3. »Bible Earth« und der Beginn einer merkwürdigen Expedition
Wie von selbst bin ich inzwischen zum Experten in Sachen Arche Noah geworden – dies ist nicht sonderlich schwierig auf einem Gebiet, das kaum noch jemand ernst nimmt. RTL erwähnte mich auf einer Internetseite als »berühmtesten deutschen Arche-Forscher« 5. SAT 1 rief an, um für eine Sendung um Rat zu fragen. Und doch bewegen die Sintflut und die Arche Noah insgesamt nur noch wenige Gemüter. Vielleicht ändert sich das nun im Frühjahr 2014, wenn der Spielfilm »Noah« in die Kinos kommt. Russell Crowe spielt die Hauptrolle, Emma Watson und Anthony Hopkins sind mit dabei und Regie führt Darren Aronofsky. Die zu erwartende Aufmerksamkeit der Medien könnte Fragen aufwerfen, weit über die christliche Gemeinschaft hinaus: Gab es die Sintflut wirklich? War Noah nur ein Mythos? Auf welchem Berg landete die Arche?
In den letzten Jahren habe ich einige Erkenntnisse gewonnen, die über alles hinausgehen, was bisher im Einzelnen über die Arche Noah veröffentlicht wurde. Es ist daher an der Zeit, diese Informationen als Bestandsaufnahme zur Verfügung zu stellen und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Denn auf manche brennenden Fragen gibt es sehr wohl Antworten – oder manchmal zumindest Deutungsvorschläge. Und manche dieser Vorschläge werfen neue Fragen auf, deren Lösungen imstande wären, Selbstverständlichkeiten unseres Welt- und Geschichtsbilds über den Haufen zu werfen.
Wie schon angedeutet, folge ich nicht der Mehrheitsmeinung, der Ararat in Ostanatolien sei der Noah-Berg. Vielmehr gehe ich von einem alternativen Noah-Berg aus – 300 Kilometer vom Ararat entfernt im Südosten der Türkei. Die Erforschung dieses Berges hat aufgrund der über Jahrzehnte äußerst angespannten politischen Lage vor Ort gerade erst begonnen. Ich bin überzeugt davon, dass sich die Suche lohnen würde – und vielleicht werde ich sogar selber an künftigen Grabungen beteiligt sein. Zumindest gehöre ich zu den Pionieren der Berg-Cudi-Forschung, und das wissenschaftliche Symposium an der Universität Sirnak könnte wichtige Impulse gegeben haben, damit in naher Zukunft weitere Schritte eingeleitet werden.
Wenn die Arche (entgegen meiner Erwartung) nach vielen vergeblichen Versuchen doch noch auf dem berühmten Großen Ararat im Gletschereis entdeckt wird, dann sind einige – aber nicht alle – Kapitel dieses Buches hinfällig. Aber wenn sie tatsächlich unzweifelhaft gefunden wird und damit der Beweis erbracht würde, dass diese alten Geschichten tatsächlich passiert sind, dann ist mehr erreicht, als ich momentan zu träumen wage. Es gibt viele Puzzlestücke, die für die Glaubwürdigkeit der Bibel sprechen. Den meisten Menschen gelingt es problemlos, diese Puzzlestücke gegen die Bibel zu interpretieren oder sie zu ignorieren. Bei einem wahrhaftigen Schiffsrumpf im Gletschereis dürften die Trümpfe aber eindeutig bei den Anhängern der Bibel liegen. Der Bibelforscher Randall Price hat kürzlich von seinen jüngsten Anstrengungen berichtet, auf die ich in Kapitel 8 zurückkomme. Ich glaube kaum, dass er etwas finden wird. Die Argumente, die gegen den sogenannten »Ararat« sprechen, sind – wie ich in diesem Buch darlegen werde – einfach zu schwerwiegend. Man kann nichts finden, wenn man am falschen Ort sucht.
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