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Es ist fraglich und seit Inkrafttreten des VorstAG umstritten, ob diese für die AG geltenden Regeln auch auf die paritätisch mitbestimmte GmbH übertragbar sind. Die Unklarheit rührt daher, dass zwar einerseits § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MitbestG (auch) auf das Verbot der Delegation der Entscheidung über die Vorstandsvergütung des § 107 Abs. 3 Satz 4 AktG verweist und dieses für die mitbestimmte GmbH für anwendbar erklärt. Andererseits hat der Gesetzgeber im Zuge der Neufassung der Vergütungsregelung des § 87 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AktG erklärt, dass die materiellen Vergütungsgrundsätze für den Vorstand der AG in § 87 AktG nicht für Geschäftsführer der paritätisch mitbestimmten GmbHgelten.45 Einige Stimmen in der Literatur wollen daraus folgern, dass aufgrund der Unanwendbarkeit der inhaltlichen Grundsätze der Geschäftsführervergütung in § 87 AktG auch das Delegationsverbot des § 107 Abs. 3 Satz 4 AktG leerlaufe. Die herrschende Meinung geht demgegenüber davon aus, dass das Delegationsverbot des § 107 Abs. 3 Satz 4 AktG auch in der paritätisch mitbestimmten GmbH gelte. Dem ist zuzustimmen. Sinn und Zweck des Delegationsverbots ist die Herstellung von Transparenz über die Vergütung der Unternehmensleiter, der auch in der paritätisch mitbestimmten GmbH seine Rechtfertigung findet.
3. Zuständigkeit in der drittelmitbestimmten GmbH nach dem DrittelbG
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Hat die GmbH mehr als 500 inländische Mitarbeiter, muss sie nach §§ 1 Abs. 1, 4 DrittelbG einen mit einem Drittel Arbeitnehmer besetzten Aufsichtsrat einrichten. Nachdem das DrittelbG keine Übertragung der Kompetenzfür Bestellung und Anstellungsvertrag auf den Aufsichtsrat regelt, bleibt es nach der Grundregel des § 46 Nr. 5 GmbHG bei der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung für die Vergütung des Geschäftsführers.46
4. Drittanstellung, insbesondere in der GmbH & Co. KG
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Bei der Drittanstellung, insbesondere in der GmbH & Co. KG, stellt sich die Frage, welches Organ für den Abschluss des Anstellungsvertrags mit dem Geschäftsführer und die Vereinbarung der Vergütung zuständig ist, nachdem bei der Drittanstellung Bestellungs- und Anstellungskörperschaft auseinanderfallen.47
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Nach der Rechtsprechung des BGH, der Obergerichte und der herrschenden Meinung in der Literatur wird die Anstellungskörperschaft in Fällen der Drittanstellung von ihrem gesetzlichen Vertreter vertreten. Dies bedeutet, dass in der GmbH & Co. KGder Geschäftsführer selbst für den Abschluss seines Anstellungsvertrags mit der GmbH & Co. KG zuständig ist:48 Die GmbH vertritt als persönlich haftende Gesellschafterin die KG (§§ 161 Abs. 2, 125 Abs. 1 HGB), die wiederum nach § 35 Abs. 1 GmbHG von ihrem Geschäftsführer vertreten wird. Ein Gesellschafterbeschlussauf Ebene der Kommanditgesellschaft ist nach der Rechtsprechung nicht erforderlich, weil es sich beim Abschluss des Anstellungsvertrags mit der KG nicht um ein Grundlagengeschäft, sondern um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt.49 Heftig umstritten ist hingegen, ob es eines zusätzlichen Gesellschafterbeschlusses auf Ebene der Komplementär-GmbH zum Abschluss des Anstellungsvertrags bedarf.50 Dies hat der BGH zuletzt ausdrücklich offengelassen.
29BGH 15.3.2016, II ZR 114/15, DB 2016, 1562; 9.11.1992, II ZR 234/91, BB 1992, 2453; 3.7.2000, II ZR 282/98, BB 2000, 1751; OLG Köln 21.2.1990, 13 U 195/89, GmbHR 1991, 156, 157; OLG Düsseldorf 10.10.2003, I – 17 U 35/03, NZG 2004, 478, 479; Baumbach/Hueck-Zöllner, § 46 Rn. 36; Scholz-Schmidt, § 46 Rn. 70; Ulmer/Habersack/Löbbe-Hüffer/Schürnbrand, § 46 Rn. 61; MüKoGmbHG-Liebscher, § 46 Rn. 124. 30OLG Düsseldorf 10.10.2003, I – 17 U 35/03, NZG 2004, 478, 479; Gehrlein/Witt/Volmer-Witt, Kap. 5 Rn. 45. 31Eingehend MüKoGmbHG-Drescher, § 47 Rn. 165; Scheufele, GmbHR 2009, 1254 ff. 32OLG Stuttgart 22.12.2010, 9 U 102/10, BeckRS 2011, 04083; KG 20.12.2012, 23 U 53/12, BeckRS 2014, 12837. 33BGH 19.9.2002, V ZB 37/02, NJW 2002, 3629, 3630; MüKoBGB-Schubert, § 177 Rn. 22; Palandt-Ellenberger, § 182 BGB Rn. 3. 34KG 20.12.2012, 23 U 53/12, BeckRS 2014, 12837 unter Verweis auf BGH 22.2.2005, XI ZR 41/04, NJW 2005, 1488, 1490; OLG München, 24.3.2016, 23 U 1884/15, GmbHR 2016, 875 ff.; anders möglicherweise BGH 29.6.2010, XI ZR 293/09, BeckRS 2010, 16739, der einen Genehmigungswillen für nicht erforderlich hält. 35KG 20.12.2012, 23 U 53/12, BeckRS 2014, 12837 unter Verweis auf OLG Celle 17.5.2006, 3 U 254/05, ZIP 2006, 2163, 2167; Palandt-Ellenberger, § 133 BGB Rn. 11 und § 177 BGB Rn. 6. 36BGH 21.1.1991, II ZR 144/90, NJW 1991, 1727; Köhler, NZG 2008, 161, 163; MüKoAktG-Spindler, § 84 Rn. 234, vgl. auch jüngst OLG München 24.3.2016, 23 U 1884/15, GmbHR 2016, 875 ff. 37Baumbach/Hueck-Zöllner, § 46 Rn. 33, 96; OLG Stuttgart 28.12.1998, 20 W 14/98, GmbHR 1999, 538; OLG Düsseldorf 8.6.1989, 6 U 223/88, NJW 1990, 1122; Cramer, NZG 2011, 171 f. 38MüGesR III-Marsch-Barner/Diekmann, § 42 Rn. 24; Cramer, NZG 2011, 171f. m.w.N. 39Cramer, NZG 2011, 173f. m.w.N. 40Zum Ganzen MüGesR III-Schiessl, § 32 Rn. 12 ff.; Baumbach/Hueck-Fastrich, § 13 Rn. 20 ff. 41Cramer, NZG 2011, 173f. m.w.N. 42Eingehend MüKoGmbHG-Jaeger, § 35 Rn. 157 m.w.N. 43BGH 14.11.1983, II ZR 33/83, BGHZ 89, 48, 57; ErfK-Oetker, § 31 MitbestG Rn. 10 m.w.N. 44ErfK-Oetker, § 31 MitbestG Rn. 9; Greven, BB 2009, 2154; Baeck/Götze/Arnold, NZG 2009, 1121, 1126; Gaul/Janz, GmbHR 2009, 959, 962; Lunk/Stolz, NZA 2010, 121, 127. 45BT-Drs. 16/13433, S. 10. 46BGH 3.7.2000, II ZR 282/98, BB 2000, 1751, 1752; MüKoGmbHG-Jaeger, § 35 Rn. 260; ErfK-Oetker, § 1 DrittelbG Rn. 17. 47Eingehend Reichert-Breitfeld, § 16 Rn. 74 ff. m.w.N. 48BGH 16.7.2007, II ZR 109/06, BB 2007, 1914; vorausgesetzt, der Geschäftsführer ist vom Verbot des Insichgeschäfts nach § 181 BGB befreit, vgl. BGH 1.12.1969, II ZR 224/67, BB 1970, 226; Reichert-Breitfeld, § 16 Rn. 78 m.w.N. 49BGH 1.12.1969, II ZR 224/67, BB 1970, 226; 19.4.2016, II ZR 123/15, BB 2016, 1811, 1812; Wertenbruch, NZG 2016, 1081, 1082 f. 50BGH 19.4.2016, II ZR 123/15, BB 2016, 1811, 1812; einen Gesellschafterbeschluss auf Ebene der Komplementär-GmbH halten für entbehrlich OLG Frankfurt a.M. 12.4.2006, 21 U 37/05, ZIP 2006, 1904, 1905; Ulmer/Habersack/Löbbe-Paefgen, § 35 Rn. 188; a.A. (Gesellschafterbeschluss erforderlich) Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 35 Rn. 20; Lutter/Hommelhoff-Kleindiek, Anh. § 6 Rn. 9.
III. Vergütung, Vergütungsformen und -höhe
1. Festgehalt
a) Modalitäten und Höhe des Festgehalts
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In aller Regel vereinbaren die Gesellschaft und der Geschäftsführer, dass dieser als Grundvergütung ein Festgehalt erhält. Als Ausfluss der Privatautonomiekönnen Gesellschaft und Geschäftsführer die Vergütung frei vereinbaren. Als Untergrenze ist im Falle eines groben Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung die Grenze der Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB) zu beachten. Sollte diese Konstellation tatsächlich einmal vorliegen und (nur) die Vergütungsabrede nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein,51 richtet sich die Höhe der Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB. Diesbezüglich ist zwar eine Festvergütung nebst entsprechenden Sachbezügen oder auch Gratifikationen für einen Geschäftsführer üblich, nicht jedoch die Zahlung einer Tantieme. Diese wäre stets gesondert und ausdrücklich zu vereinbaren.52
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Daneben gibt es keine besonderen gesetzlichen Vorgaben für die Höhe der Geschäftsführervergütung. Anders ist dies für den Vorstand der AG. Für diesen sieht § 87 Abs. 1 AktG vor, dass seine Vergütung in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und Leistungen des Vorstandsmitglieds sowie zur Lage der Gesellschaft stehen muss. Nach ganz herrschender Meinung ist § 87 Abs. 1 AktG indes nicht analog auf die GmbH anwendbar, und zwar nach umstrittener Meinung auch dann nicht, wenn diese nach dem MitbestG oder dem DrittelbG einen mit Arbeitnehmern besetzten Aufsichtsrat bilden muss.53 Freilich wird § 87 Abs. 1 AktG auch von den Anhängern der herrschenden, ablehnenden Ansicht in der paritätisch mitbestimmten GmbH als Ausprägung des Grundsatzes der verantwortungsvollen Unternehmensführung angesehen und empfohlen, sie als Richtschnurfür Höhe und Zusammensetzung der Geschäftsführervergütung zugrunde zu legen.54
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