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Ist der Geschäftsführer mit der GmbH gesellschaftsrechtlich nicht verbundener Fremdgeschäftsführerbzw. hält nur eine Minderheitsbeteiligungan der GmbH, wird – jedenfalls bei einer gewerblich tätigen GmbH – regelmäßig angenommen werden müssen, dass er seine Dienste entgeltlich erbringt.21
c) Vergütung bei Drittanstellung
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Mit Blick auf den Grundsatz der Trennung von Organstellung und Anstellungsvertrag des Geschäftsführers ist es ohne Weiteres möglich, dass die Gesellschaft, bei der der Geschäftsführer sein Amt ausübt, nicht diejenige ist, mit der der Geschäftsführer den Anstellungsvertrag abgeschlossen hat.22 Diese Situation trifft man vorwiegend in Konzernverhältnissenan, in denen ein Arbeitnehmer oder Geschäftsführer der Obergesellschaft zugleich und auf Grundlage seines Vertrags mit der Muttergesellschaft als Organ einer Tochtergesellschaft tätig wird. Ferner werden bei der GmbH & Co. KGdie Anstellungsverträge der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH nicht mit dieser, sondern – aus Gründen der meist nur minimal kapitalisierten Komplementär-GmbH – mit der Kommanditgesellschaft abgeschlossen. Diese Fälle werden als sog. Drittanstellung bezeichnet. Die Zulässigkeit der Drittanstellungist einhellig anerkannt.23 In den Fällen der Drittanstellung wird und sollte die Körperschaft, die den Geschäftsführer bestellt, schon bei der Bestellung darauf verweisen, dass der Geschäftsführer für diese Tätigkeit keine gesonderte Vergütung erhält, sondern nur auf Grundlage des Anstellungsvertrags mit dem Dritten entlohnt wird. Der Geschäftsführer darf bei einem solchen konkreten Hinweis nicht davon ausgehen, neben dem mit der Obergesellschaft oder der Kommanditgesellschaft abgeschlossenen Anstellungsvertrag eine weitere Vergütung von der Tochtergesellschaft bzw. der Komplementär-GmbH zu erhalten.
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Es kann jedoch vorkommen, dass die involvierten Parteien eine solche Klarstellung bei der Bestellung zum Geschäftsführer versäumen. Auch in diesen Fällen ist zu ermitteln, ob der Geschäftsführer, der das Amt bei der Tochtergesellschaft übernimmt, neben seiner Vergütung als Geschäftsführer oder Arbeitnehmer der Muttergesellschaft zugleich auf der Grundlage des § 612 Abs. 1 BGB eine Vergütung von der Tochtergesellschaft bzw. der Komplementär-GmbH verlangen kann. Nach der Rechtsprechung bedarf es trotz der Stellung als Fremdgeschäftsführer in diesen Konstellationen für die Annahme einer unentgeltlichen Geschäftsführertätigkeitnicht stets einer gesonderten Vereinbarung. Insbesondere wenn der Geschäftsführer oder Mitarbeiter trotz seiner Bestellung zum Geschäftsführer eines verbundenen Unternehmens auch weiterhin für das ursprüngliche Unternehmen tätig ist, bildet die Geschäftsführertätigkeit für das verbundene Unternehmen meist einen unselbstständigen Teil des fortbestehenden Dienst- oder Arbeitsvertrags mit dem entsendenden Unternehmen.24 Eine gesonderte Vergütung schuldet die Körperschaft, bei der der Geschäftsführer zusätzlich bestellt wird, damit in der Regel nicht. Auch eine gesamtschuldnerische oder subsidiäre Haftung der Tochtergesellschaft bzw. Komplementär-GmbH für die Vergütungsansprüche des Geschäftsführers scheidet damit aus; dem Geschäftsführer bleibt in diesen Fällen nur der Weg über eine Kündigung des Anstellungsvertrags wegen Nichterfüllung der Vergütungsansprüche mit der Anstellungsgesellschaft und die Niederlegung seines Amtes bei der GmbH.25
d) Vergütung bei nichtigem Anstellungsvertrag
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Neben dem Fehlen einer Vergütungsabrede kann es auch vorkommen, dass der Anstellungsvertrag insgesamt nicht wirksam abgeschlossen wurde oder aus anderen Gründen (unerkannt) unwirksam bzw. nichtig ist,26 der Geschäftsführer aber gleichwohl seine Dienste für die Gesellschaft erbringt. Ist der Vertrag insgesamt nicht wirksam geworden, stellt sich ebenfalls die Frage nach der Vergütung des Geschäftsführers. § 612 Abs. 1 BGB hilft in diesen Fällen insoweit nicht weiter, als dieser nicht anwendbar ist, wenn der Dienstvertrag insgesamt nichtig ist; § 612 Abs. 1 BGB erfasst nämlich nur die fehlende oder nichtige Vergütungsabredeselbst.27
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Der Bundesgerichtshof hat im Falle des nichtigen Anstellungsvertrags eines Organs – in concreto des Vorstands einer Aktiengesellschaft – früh die Rechtsprechung zu den faktischen Arbeitsverhältnissen auf den Vorstand der AG und später auch den Geschäftsführer der GmbH übertragen. Unter Berufung auf die gesellschaftsrechtlich anerkannte Figur des „ faktischen Geschäftsführers“ stellte der BGH auch für die GmbH fest, dass dem Geschäftsführer für die tatsächliche Dauer der Beschäftigung die versprochene und nicht bloß die angemessene Vergütung zusteht.28
1Statistisches Bundesamt, Jahr: 2014. Im Vergleich dazu wurde nur 1 % der Unternehmen in der Form einer Aktiengesellschaft errichtet. 2Statistisches Bundesamt, Jahr: 2014. 3Statistisches Bundesamt, Jahr: 2014. 4Soweit nachfolgend die Grundsätze für die GmbH dargestellt werden, gelten diese – sofern nicht auf Besonderheiten hingewiesen wird – unmittelbar auch für die Geschäftsführer der UG (haftungsbeschränkt). 5Das Geschäftsführergehalt ist als Betriebsausgabe abzugsfähig, vgl. nur Wimmer, DStR 1997, 247. 6http://www.kienbaum.com/desktopdefault.aspx/tabid-16/149_read-1251/. 7Baumbach/Hueck-Zöllner, § 46 Rn. 33, 96; OLG Stuttgart 28.12.1998, 20 W 14/98, GmbHR 1999, 538; OLG Düsseldorf 8.6.1989, 6 U 223/88, NJW 1990, 1122; Cramer, NZG 2011, 171 f. 8BGH 14.7.1980, II ZR 161/79, BB 1980, 1397; 28.10.2002, II ZR 146/02, NJW 2002, 351; ausführlich zum GmbH-Geschäftsführer Reiserer/Heß-Emmerich/Peters, S. 23 ff.; MüGesR III-Marsch-Barner/Diekmann, § 42 Rn. 19; Oppenländer/Trölitzsch-Baumann, § 13 Rn. 1 ff.; Seibt, NJW-Spezial 2004, 123. 9Jula, S. 163, 170; Oppenländer/Trölitzsch-Baumann, § 13 Rn. 1 sowie zur Drittanstellung vgl. unter II. 4. 10Oppenländer/Trölitzsch-Baumann, § 13 Rn. 3 f. 11So schon RG 18.10.1910, II 660/09, RGZ 74, 276, 279 f.; Oppenländer/Trölitzsch-Baumann, § 13 Rn. 3 f. 12In Ausnahmefällen kann der GmbH-Geschäftsführer Arbeitnehmer sein, vgl. den Überblick bei Kempermann, ArbRAktuell 2016, 201 f. und Reinfelder, RdA 2016, 87 ff. 13BGH 20.12.1993, II ZR 217/92, BB 1994, 305, 306; 27.1.1997, II ZR 213/95, DStR 1997, 459; Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 35 Rn. 168; MüKoGmbHG-Jaeger, § 35 Rn. 261; Gehrlein/Witt/Volmer-Witt, Kap. 5 Rn. 47; MüGesR III-Marsch-Barner/Diekmann, § 43 Rn. 16. 14Oppenländer/Trölitzsch-Baumann, § 13 Rn. 3 f. 15MüKoGmbHG-Jaeger, § 35 Rn. 39; Reichert-Breitfeld, § 16 Rn. 74; Deilmann/Dornbusch, NZG 2016, 201 ff. 16BeckOKArbR-Joussen, § 612 BGB Rn. 16. 17LG Essen 20.6.2000, 41 O 71/00, NJW-RR 2001, 412; a.A. Lutter/Hommelhoff-Kleindiek, Anh. § 6 Rn. 2. 18OLG Frankfurt a.M. 10.6.1992, 9 U 73/91, DStR 1993, 659; LG Essen 20.6.2000, 41 O 71/00, NJW-RR 2001, 412; Schaub-Vogelsang, § 67 Rn. 17; Ulmer/Habersack/Löbbe-Paefgen, § 35 Rn. 181. 19So auch Palandt-Weidenkaff, § 612 BGB Rn. 4. 20Ulmer/Habersack/Löbbe-Paeffgen, § 35 Rn. 181; a.A., weil das Gehalt des Geschäftsführers auch beim Gesellschafter-Geschäftsführer abzugsfähige Betriebsausgabe ist Lutter/Hommelhoff-Kleindiek, Anh. § 6 Rn. 31. 21OLG Frankfurt a.M. 10.6.1992, 9 U 73/91, DStR 1993, 659; LG Essen 20.6.2000, 41 O 71/00, NJW-RR 2001, 412; KG 20.12.2012, 23 U 53/12, BeckRS 2014, 12837; OLG Celle 8.7.1998, 9 U 145/97, NZG 1999, 78, 79; Ulmer/Habersack/Löbbe-Paefgen, § 35 Rn. 347; Gehrlein/Witt/Volmer-Witt, Kap. 5 Rn. 50. 22Ausführlich Deilmann/Dornbusch, NZG 2016, 201 ff.; MüKoGmbHG-Jaeger, § 35 Rn. 39; Reichert-Breitfeld, § 16 Rn. 74 ff. und Boemke, RdA 2018, 1, 5, jew. m.w.N. 23Jula, S. 163, 170; Oppenländer/Trölitzsch-Baumann, § 13 Rn. 1. 24Schneider, GmbHR 1993, 14 m.w.N.; OLG Frankfurt a.M. 10.6.1992, 9 U 73/91, DStR 1993, 659; LG Essen 20.6.2000, 41 O 71/00, NJW-RR 2001, 412; Ulmer/Habersack/Löbbe-Paefgen, § 35 Rn. 188; zum Gesellschafter-Geschäftsführer BGH 22.3.2004, II ZR 50/02, BB 2004, 906 f. 25Oppenländer/Trölitzsch-Baumann, § 13 Rn. 3 f. 26Ein Beispiel war die Entscheidung des KG 20.12.2012, 23 U 53/12, BeckRS 2014, 12837. 27BAG 26.5.1993, 4 AZR 461/92, BB 1993, 1664; BAG 16.6.1993, 4 AZR 317/92, BB 1993, 2532; ErfK-Preis, § 612 BGB Rn. 2, 5; MüKoBGB-Müller-Glöge, § 612 BGB Rn. 7. 28BGH 6.4.1964, II ZR 75/62, NJW 1964, 1367; 16.1.1995, II ZR 290/93, BB 1995, 536; Meier, NZA 2011, 267, 269.
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