2
Nicht nur aus steuerlichen Gründen5 sind die Gesellschaft und ihre Geschäftsführer regelmäßig bemüht, günstige Anstellungsverträge abzuschließen. Kienbaum hat im Jahr 2014 Daten von 1.294 Geschäftsführern in 704 Unternehmen untersucht. Die Geschäftsführer verdienten in diesem Jahr im Schnitt 389.000 € brutto. Die Gesamtvergütunglag bei Vorsitzenden der Geschäftsführung mit im Schnitt 549.000 € an der Spitze. Die Allein-Geschäftsführer verdienten demgegenüber 287.000 € und Mitglieder von mehrköpfigen Geschäftsführungen 385.000 €.6 Diese im Vergleich zum durchschnittlichen Gehalt eines Arbeitnehmers beachtlichen Zahlen und die immer anspruchsvoller werdenden rechtlichen Fragestellungen in der Schnittmenge von Gesellschafts-, Vertrags-, Arbeits-, Sozialversicherungs- und Steuerrecht zeigen die Bedeutsamkeit der Themen rund um die Vergütung für Geschäftsführer in der GmbH.
2. Der Geschäftsführer als Organ der Gesellschaft
3
Die GmbH wird gesetzlich nach § 35 Abs. 1 GmbH gerichtlich und außergerichtlich von den Geschäftsführern vertreten. Der Geschäftsführer ist das einzige Organ, das die Gesellschaft im Außenverhältnis repräsentiert. Die Gesellschafterversammlung ist – von Ausnahmen abgesehen – nicht befugt, die GmbH zu vertreten.
4
Die Rechtsfragen, die sich um die Vergütung für GmbH-Geschäftsführer ranken, hängen in vielfacher Hinsicht davon ab, ob der Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter an der GmbH beteiligt ist. In diesem Zusammenhang ist zwischen Fremdgeschäftsführerund Gesellschafter-Geschäftsführerzu unterscheiden, bei Letzterem wiederum zwischen dem mit beherrschender und dem nicht mit beherrschender Mehrheitan der GmbH beteiligten Geschäftsführer. Diese Unterscheidung ist in Bezug auf die Vergütung der Geschäftsführer insbesondere aus gesellschafts-, steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Sicht von Bedeutung. Mit Blick auf die unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen und ihren unterschiedlichen Telos sind die jeweiligen Grundsätze nicht allgemein, sondern im Zusammenhang mit der konkreten Vorschrift zu entwickeln.
3. Grundlagen der Geschäftsführervergütung
5
Der Geschäftsführer wird grundsätzlich7 von der Gesellschafterversammlung bestellt und abberufen, § 46 Nr. 5 GmbHG. Die Bestellung und Abberufung bezieht sich nach der weit überwiegend vertretenen Trennungstheorieausschließlich auf die Organstellungdes Geschäftsführers, d.h. die Implementierung des Geschäftsführers als gesetzlichem Vertreter der Gesellschaft und die Verleihung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis.8 Aus dieser Bestellung ergeben sich insbesondere die Pflichten des Geschäftsführers gegenüber der GmbH als Organ. Das Anstellungsverhältniswird demgegenüber durch einen schuldrechtlichen Vertrag begründet. Es regelt im Innenverhältnis zwischen Geschäftsführer und GmbH die vertragliche Situation des Geschäftsführers. Das muss indes nicht zwingend die Gesellschaft sein, deren Organ der Geschäftsführer ist.9
6
Folge der Trennungstheorie ist mit Blick auf die hier im Fokus stehenden Vergütungsregelungen, dass der Bestellungsbeschluss der Gesellschafterversammlung im Hinblick auf die Organstellung des Geschäftsführers nicht unmittelbar einen Vergütungsanspruch für den Geschäftsführer nach sich zieht. Der Vergütungsanspruchkann sich vielmehr – je nach Konstellation – jenseits des Bestellungsbeschlusses nach § 46 Nr. 5 GmbHG auf folgende Rechtsgrundlagen stützen, wobei in diesem Zusammenhang auch die strikte Trennung zwischen Organstellung und dem schuldrechtlichen Anstellungsvertrag durchbrochen wird:
a) Geschäftsführeranstellungsvertrag
7
In aller Regel schließt die Gesellschaft mit dem Geschäftsführer einen Anstellungsvertrag, der zum einen regelt, dass der Geschäftsführer diese Funktion übernimmt, zum anderen aber auch, dass ihm für diese Tätigkeit eine entsprechende Vergütung zusteht.10 Naturgemäß will und wird der Geschäftsführer die ihm obliegenden Aufgaben, aber auch die mit dem Amt verbundene Haftung, insbesondere die Verantwortlichkeit nach § 43 Abs. 1 GmbHG, nicht übernehmen, ohne dafür eine Vergütung zu bekommen.11
8
Der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers ist in der Regel12 als Dienstvertrag zu qualifizieren und enthält auch eine Vergütungsabrede. Er wird meist unmittelbar im Zusammenhang mit dem Bestellungsbeschluss der Gesellschafterversammlung abgeschlossen. Der Anspruch des Geschäftsführers auf die vereinbarte Vergütung ergibt sich in diesen Fällen aus § 611 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem – meist schriftlich abgeschlossenen – Anstellungsvertrag. Auf die Frage, ob der Geschäftsführer in bestimmten Konstellationen als Arbeitnehmer zu qualifizieren ist, kommt es dabei für die Vergütung nicht an.
9
Der Anstellungsvertrag unterliegt indes nicht der Schriftform, sodass er insbesondere auch mündlich oder sogar stillschweigend abgeschlossen werden kann:13 Stellt der Geschäftsführer schon vor Beschlussfassung über seine Bestellung konkrete Bedingungen im Hinblick auf seinen Anstellungsvertrag, entsteht der Vergütungsanspruch in aller Regel schon mit der Mitteilung an den Geschäftsführer über seine Bestellung zum Organ der Gesellschaft, weil in der Bestellung regelmäßig auch die Annahme der anstellungsvertraglichen Forderungen des Geschäftsführers liegt. In gleicher Weise ist es im umgekehrten Fall, in dem die Gesellschaft dem Geschäftsführer ein konkretes Angebot für einen Anstellungsvertrag unterbreitet und ihn danach durch Beschluss mit seiner Zustimmung zum Organ der Gesellschaft bestellt.14
b) Vergütungserwartung des Geschäftsführers nach § 612 Abs. 1 BGB
10
Bei Gesellschaften im Gründungsstadiumoder in Fällen der Drittanstellung kommt es vor, dass ein Geschäftsführer – meist, aber nicht zwingend ein Gesellschafter – bestellt, mit diesem aber kein Anstellungsvertrag geschlossen wird.15 In diesem Zusammenhang stellt sich häufig die Frage, ob dem Geschäftsführer gleichwohl und trotz fehlender Vergütungsabrede ein Anspruch auf eine übliche Vergütungzusteht (§ 612 Abs. 1 BGB). Nachdem der Anstellungsvertrag nicht der Schriftform bedarf, ist freilich – wie im Rahmen des § 612 BGB16 üblich – zunächst durch Auslegung zu ermitteln, ob die Parteien nicht doch stillschweigend eine bestimmte Vergütung vereinbart oder ausgeschlossen haben.
11
Fehlt selbst eine solche stillschweigende Vergütungsabrede, stellt sich die Frage nach der Anwendbarkeit des § 612 Abs. 1 BGB. Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Auch hier ist zwischen Fremd- und Gesellschafter-Geschäftsführer zu unterscheiden. Insbesondere verbietet sich – wie in der Literatur zum Teil vertreten – eine schematische Betrachtung:17
12
Bei einem mit Mehrheit beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführereiner GmbH besteht regelmäßig keine generelle Erwartung, dass er nur gegen Entgelt für die Gesellschaft tätig wird, sodass es bei Fehlen eines Anstellungsvertrags zusätzlicher Umstände bedarf, die nach § 612 Abs. 1 BGB auf eine Vergütungspflicht schließen lassen.18 Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Dienstleistung in den Rahmen des von dem Geschäftsführer ausgeübten Hauptberufs fällt.19 In Fällen wie dem vorgenannten darf also nicht von einer unentgeltlichen Dienstleistung des (beherrschenden) Gesellschafter-Geschäftsführers für die GmbH ausgegangen werden, es sei denn, dies wäre eigens vereinbart. Im Zweifel muss man daher davon ausgehen, dass die Tätigkeit des Geschäftsführers in diesen Fällen über die Dividendenerwartung mit abgegolten sein wird.20
Читать дальше