Eva Rottmann
Die mich jagen
Ein Stück für Kinder ab zwölf Jahren
FELIX BLOCH ERBEN
Verlag für Bühne, Film und Funk
Inhaltsverzeichnis
Title Page Eva Rottmann Die mich jagen Ein Stück für Kinder ab zwölf Jahren FELIX BLOCH ERBEN Verlag für Bühne, Film und Funk
Personenverzeichnis Personenverzeichnis CHARLOTTE JANNIK ADAM Das Stück ist als Auftragswerk für das Theater Baden-Baden entstanden und wurde am 6.5.2011 uraufgeführt.
Prolog Prolog CHARLOTTE Gestern war die Beerdigung. Ich hab mich erst auf den Friedhof getraut als alle weg waren. Es war ganz still. Stiller als sonst. DAS PASST habe ich gedacht und plötzlich hatte ich so eine Lust zu rennen einfach loszurennen ohne ein Ziel in den Horizont zu rennen egal wohin durch die Stadt durch den Wald über Wiesen zur nächsten Stadt und immer weiter rennen bis ich nicht mehr kann bis meine Beine brechen wie zwei morsche Äste und die Lunge in mir explodiert und mich in Einzelteile zerlegt und auf der Straße verteilt und dann dazuliegen und in den Himmel zu sehen aus dem der Regen auf mich runter rauscht. Angefangen hat alles so.
1 1 CHARLOTTE Hallo Stadt. Hier bin ich. Jetzt mach was mit mir. Mach mit mir was du willst. Hat mich ja auch keiner gefragt ob ich hier sein will. Also los. Mach was. Irgendwas. Samstagabend. Und ich steh hier und unterhalte mich mit den Hauswänden hinter denen die langweiligsten Leute des Universums sitzen und sich einen runterholen während im Fernsehen WER WIRD MILLIONÄR läuft. Danke Mutter. Irgendwas muss jetzt passieren. Jetzt. ADAM Hier gibt es Leute die wollen schlafen. CHARLOTTE Schlafen kann man wenn man tot ist. ADAM Ihr seid gestern hier eingezogen. CHARLOTTE Das haben Sie aber scharf beobachtet. ADAM Wo kommt ihr her. CHARLOTTE Neugierig sind Sie ja nicht gerade. ADAM Man wird doch wohl noch fragen dürfen. CHARLOTTE Man wird doch wohl nicht antworten dürfen. ADAM Ich würde hier als junge Frau nicht so nachts auf der Straße. Hier ist schon mal jemand überfallen worden. CHARLOTTE Und haben Sie da auch am Fenster gesessen und sich gefreut. Endlich mal was los hier geil. ADAM Und deine Mutter. CHARLOTTE Was. ADAM Ist ihr egal dass du hier die ganze Nachbarschaft zusammenbrüllst. CHARLOTTE Ja. ADAM Kannst du aufhören mit diesem Kaugummi. CHARLOTTE Nein. ADAM Geh jetzt weg da. CHARLOTTE Warum. ADAM Ich will dich nicht mehr sehen. CHARLOTTE Ich kann hier so lange bleiben wie ich will. ADAM Ksch. CHARLOTTE Machen Sie halt Ihr Fenster zu. ADAM Was ich mit meinem Fenster mache geht dich gar nichts an. CHARLOTTE Ist ja gut. ADAM Bauch rein Brust raus Ohren auf Durchzug und die Nase in den Wind. So hat Adam das immer gemacht. Man darf sich nicht beschweren. Darf man nicht.
2 2 JANNIK Sie steht auf dem Pausenplatz. Steht da und guckt zu wie die Leute an ihr vorbei in den Haupteingang strömen. Ich seh sie nur leicht angeschnitten im Profil. Von hinten links. Aber das reicht. Ich hab nicht gewusst dass man so stehen kann. Sie sieht aus als wär sie gekommen um die Schule einzunehmen. Roald Amundsen kurz bevor er seine Flagge in den Südpol rammt. Dass man so stehen kann. Bin ich der Einzige der das merkt. Ich kann gar nicht anders. Ich bleib stehen und seh ihr zu. Bis es läutet. Bis nur noch sie und ich auf dem Pausenplatz stehen. Ich komme zu spät. Ich bin noch nie zu spät gekommen. Aber ich weiß dass ich mich nicht von der Stelle bewege solange sie da steht. Ich kann sie riechen. Sie riecht gut. Sie riecht nach. CHARLOTTE Äh. JANNIK Waschmittel. Waschmittel und Zigaretten und. CHARLOTTE Hallo. JANNIK – CHARLOTTE Charlotte. Elf A. JANNIK Ja. CHARLOTTE Ja was. JANNIK - CHARLOTTE Aha. Na vielleicht fällt es dir ja später wieder ein. JANNIK Jannik. Ich heiße Jannik.
3 3 ADAM Adam sitzt am Fenster. Die Sonne geht auf. Die Leute kommen aus ihren Häusern und sehen sehr wichtig aus. Sie gehen nach links oder nach rechts. Es würde ihnen nicht einfallen aus dem Haus zu gehen ohne zu wissen wo sie hin wollen. Sie sitzen auch nicht am Fenster. Adam ist ihnen wohl unangenehm. Manchmal gucken sie hoch zu ihm und verziehen das Gesicht. WAS GIBTS DENN DA ZU GUCKEN. EIN ALTER MANN SITZT AM FENSTER UND LANGWEILT SICH. WEITERGEHEN. GIBT NICHTS ZU GUCKEN. WEITERGEHEN. HIER JETZT. EINFACH WEITERGEHEN. HIER GIBTS NICHTS.
4 4 ADAM Du schon wieder. CHARLOTTE Ich rauch nur schnell eine. ADAM Deine Mutter ruft dich. CHARLOTTE Heute war mein erster Schultag hier. ADAM Und. CHARLOTTE Nichts. ADAM Hast du es überlebt. CHARLOTTE Sieht so aus. ADAM Deine Mutter ruft dich. CHARLOTTE Weiß ich. ADAM Warum antwortest du ihr nicht. CHARLOTTE Haben Sie kein eigenes Leben. ADAM Nein. CHARLOTTE Dann denken Sie sich eines aus. ADAM Du sitzt unter meinem Fenster. CHARLOTTE Ich komm schon Mama.
5 5 JANNIK Ich kann nicht schlafen. Draußen hat der Fuchs die Mülltonnen umgeworfen. Willst du mit mir tauschen Fuchs. Ich bin ihr nachgelaufen. Nach der Schule. Bis zu ihr nach Hause. Sie hat sich nicht einmal umgedreht. Im Bus hat sie aus dem Fenster gesehen als wüsste sie von nichts. Aber ihre Nackenhaare haben sich aufgestellt und ich hab meine Hand ausgestreckt und fast hätte ich sie berührt. Ich hab gesehen wie sie atmet wie sich ihr Körper hebt und senkt und ich hab sie gerochen. Sie riecht so gut. Und sie ist so schön. Mir ist so heiß. Die ganze Zeit ist mir so heiß.
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Epilog
Über die Autorin
Über das Stück
Impressum
CHARLOTTE
JANNIK
ADAM
Das Stück ist als Auftragswerk für das Theater Baden-Baden entstanden und wurde am 6.5.2011 uraufgeführt.
CHARLOTTEGestern war die Beerdigung. Ich hab mich erst auf den Friedhof getraut als alle weg waren. Es war ganz still. Stiller als sonst. DAS PASST habe ich gedacht und plötzlich hatte ich so eine Lust zu rennen einfach loszurennen ohne ein Ziel in den Horizont zu rennen egal wohin durch die Stadt durch den Wald über Wiesen zur nächsten Stadt und immer weiter rennen bis ich nicht mehr kann bis meine Beine brechen wie zwei morsche Äste und die Lunge in mir explodiert und mich in Einzelteile zerlegt und auf der Straße verteilt und dann dazuliegen und in den Himmel zu sehen aus dem der Regen auf mich runter rauscht. Angefangen hat alles so.
CHARLOTTEHallo Stadt. Hier bin ich. Jetzt mach was mit mir. Mach mit mir was du willst. Hat mich ja auch keiner gefragt ob ich hier sein will. Also los. Mach was. Irgendwas. Samstagabend. Und ich steh hier und unterhalte mich mit den Hauswänden hinter denen die langweiligsten Leute des Universums sitzen und sich einen runterholen während im Fernsehen WER WIRD MILLIONÄR läuft. Danke Mutter. Irgendwas muss jetzt passieren. Jetzt.
ADAMHier gibt es Leute die wollen schlafen.
CHARLOTTESchlafen kann man wenn man tot ist.
ADAMIhr seid gestern hier eingezogen.
CHARLOTTEDas haben Sie aber scharf beobachtet.
ADAMWo kommt ihr her.
CHARLOTTENeugierig sind Sie ja nicht gerade.
ADAMMan wird doch wohl noch fragen dürfen.
CHARLOTTEMan wird doch wohl nicht antworten dürfen.
ADAMIch würde hier als junge Frau nicht so nachts auf der Straße. Hier ist schon mal jemand überfallen worden.
CHARLOTTEUnd haben Sie da auch am Fenster gesessen und sich gefreut. Endlich mal was los hier geil.
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